Wer Personen in U-Haft einen Brief schreibt, muss mit einer Vorladung bei der zuständigen Polizeidienststelle oder beim Amtsgericht rechnen.
Wer Personen in der U-Haft einen Brief schreibt, muss mit einer Vorladung bei der nächst gelegenen Polizeidienststelle rechnen, sofern der Fall noch nicht abgeschlossen wurde. Oder aber als Zeuge zum Gericht geladen zu werden.
Man stelle sich vor, man lernt jemanden über das Internet kennen. Der Person, die man wahrscheinlich nicht so bald persönlich trifft, wird dann irgendwann eine Tat vorgeworfen. So weit, so gut.
In meinem Fall handelt es sich um einen Kontakt mit viel Fachwissen und einem guten Draht zur manchen etwas dunkleren Bereichen des Webs. Wir haben im Oktober und November letzten Jahres gemeinsam an der Story mit den Gutscheinen der Deutschen Bahn gearbeitet. Ich konnte mich auf ihn stets als hilfsbereite wie zuverlässige Quelle verlassen. Ähnlich wie der Hacker, der mir die Story gegeben hat, ging es ihm darum, Dritten und der DB vor weiteren Schäden zu bewahren. Nie waren monetäre Interessen im Gespräch. Soll heißen, er hat das immer für lau gemacht. Später landete er in U-Haft.
Seine Hilfsbereitschaft war auch der Grund, warum ich ihm mehrere Briefe geschickt habe, als er Monate später in der Karlsruher JVA in U-Haft saß. Wir wussten beide, dass man unsere Korrespondenz mitlesen würde. Im Juristendeutsch nennt sich dieses Vorgehen Briefkontrolle. Diese wird nur richterlich angeordnet, sofern beispielsweise Verdunklungsgefahr besteht. Die Briefkontrolle hatte für uns zur Folge, dass jedes Schreiben etwa 14 Tage benötigt hat, bis es endlich beim Empfänger angekommen ist. Die Mühlen der Justiz mahlen halt langsam…
Keine Lust auf eine Vorladung? Finger weg von Briefen an einen Verdächtigen in U-Haft !
Mir war aber nicht klar, dass ich wegen meiner Briefe auch vorgeladen werden könnte. Im April diesen Jahres haben mich zwei Mitarbeiter der Polizei in Bergisch Gladbach vorgeladen, um in seinem Fall als Zeuge auszusagen. Beide Beamte wussten nichts davon, dass es noch jemanden gab, der an diesem Fall gearbeitet hat. Ich habe also dem ersten Polizisten schriftlich meine Aussage zuzukommen lassen. Der zweite Beamte erhielt lediglich per E-Mail das PDF-Dokument mit dem Brief in eingescannter Form. Oder haben die Beamten gedacht: doppelt vorgeladen hält besser? Wer weiß…
Mein Anwalt hatte mich schon gewarnt, dass abhängig von der Einschätzung des Staatsanwaltes und Faktenlage (die wohl noch immer sehr dünn ist) noch mehr auf mich zukommen könnte. Letzte Woche kam dann tatsächlich die Vorladung zur Gerichtsverhandlung in Karlsruhe. *seufz* Wenn ich meiner Vernehmung ohne triftigen Grund fernbleiben würde, könnte mich das eine Strafe von bis zu 1.000 Euro Strafe kosten, heißt es in dem unfreundlich formulierten Brief.
Ehrlich gesagt: Ich weiß nichts von den Vorwürfen, die dem Tatverdächtigen vor Gericht gemacht werden. Zwischenzeitlich wurde er aus der U-Haft entlassen. Was ich weiß, steht alles in dem Brief, dem mit Sicherheit auch dem zuständigen Staatsanwalt vorliegt. Auch die Polizei hatte mich schon vorgewarnt, dass ich möglicherweise noch Post von dort bekommen könnte. Den Ermittlern liegen zudem ausnahmslos alle Chat-Protokolle bei Telegram vor, weil das vom Verdächtigen verwendete Smartphone nicht verschlüsselt war. Die Lebensgefährtin hätte alle Zeit der Welt gehabt, seine Geräte verschwinden zu lassen. Die Durchsuchung in der gemeinsam genutzten Wohnung fand erst rund 14 Tage nach seiner Verhaftung statt. Die Tatsache, dass man alles an Ort und Stelle ließ, spricht also klar für ein Fehlen jeglicher krimineller Energie.
Wir lernen daraus:
– Wer keine Aussage vor Gericht und / oder bei der Polizei machen will, sollte sich mit Briefen an Gefangene zurückhalten, die in U-Haft sitzen. Oder zumindest bis zum Urteil. Wenn die Polizei bei der Aufklärung der Straftat im Dunklen tappt, was hier wohl der Fall ist, droht ansonsten eine Vorladung. Die Ermittler greifen auf alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen zurück. Meine Adresse gehörte wohl eindeutig dazu.
– Wie ich hörte, ist es keine Ausnahme, dass die linke Hand nicht weiß, was der Kollege in Uniform im gleichen Gebäude tut. Das muss man nach dem Motto verbuchen: nicht wundern, nur staunen, was die Damen und Herren mit unseren Steuergeldern anstellen!!
– Wichtig: Vorladungen der Polizei sind nichts weiter als Einladungen! Das heißt, man muss dem nicht nachkommen. Wenn aber der Staatsanwalt oder ein Richter vorlädt, muss man persönlich erscheinen. Der Fairness halber sollte man aber den Polizeibeamten eine schriftliche Aussage schicken. Oder aber den Anfragenden schriftlich mitteilen, dass man keine Aussage machen will. Warum, ist Eure private Angelegenheit, das muss man nicht weiter begründen.
Jetzt heißt es also diese Woche auf Staatskosten nach Karlsruhe fahren, um dem Richter das zu sagen, was ich der Polizei sowieso schon auf dem Schriftweg mitgeteilt habe. Meine Fahrtkosten und den Verdienstausfall übernimmt der Steuerzahler, also wir alle. Über den mangelnden Sinn einer solchen Aktion ließe sich trefflich streiten. Das aber würde nichts am Zwang ändern, dort hinfahren zu müssen.
Beitragsbild Gjata Ervin, thx! (pixabay licence)
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