Fabrik in China
Fabrik in China
Bildquelle: TruckRun, Lizenz

China: Höchste jemals gemessene Wochenarbeitszeit

48,9 Stunden haben letzten Monat die Mitarbeiter durchschnittlich pro Woche gearbeitet. Auch das Wachstum in China ist rückläufig.

Während die deutschen Mitarbeiter von der allumfassenden Durchsetzung der 35-Stunden-Woche träumen, schreibt China Negativrekorde. Nach Angaben des Nationalen Statistikamtes von China erreichte im November dieses Jahres die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten in Unternehmen im ganzen Land 48,9 Stunden.

Unternehmen geben Druck an Mitarbeiter weiter

Seit Beginn der Statistik ist dies der absolute Rekord. Seit April 2023 betrug die wöchentliche Arbeitszeit konstant 48,8 Stunden. Ob die Arbeiter dadurch wohlhabender geworden sind, darf aber ernsthaft bezweifelt werden. Immerhin fielen im November dieses Jahres die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 0,5 %.

Immobilienbranche von China steckt in der Krise

Die Immobilienbranche ist eine weitere Säule der Wirtschaft in China. Doch manche große Immobilienkonzerne sind vom Konkurs bedroht. Die Immobilienbranche hat in zwei aufeinander folgenden Jahren einen Abwärtstrend gezeigt. In den ersten elf Monaten dieses Jahres ging der Absatz von Geschäftshäusern um 8 % zurück, und auch die Immobilienpreise in Großstädten waren rückläufig. Doch eine Immobilie zu kaufen, davon können die schlecht bezahlten Arbeiterinnen und Arbeiter sowieso nur träumen.

China, Fabrik
Arbeiten bis zum Umfallen. Foto: China Labor Watch, thx!

Immerhin fielen die Fabrikpreise für Industrieprodukte gegenüber dem Vorjahr um 3,0 Prozent. Auch die Preise für Konsumgüter und Produktionsmittel sind gesunken. Mit Sicherheit ist dies in China kein Ausdruck von Wohlstand, sondern ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche.

Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Epidemie, die bis letztes Jahr grassierte, schwankten die Wirtschaftsdaten in jedem Monat sehr stark. Von daher ist jeder Vergleich schwierig. Doch jetzt geht der Trend der Wochenarbeitszeit wieder nach oben.

Inlandsnachfrage nach Produkten sank ebenfalls

Trotzdem sank in China die durchschnittliche Wachstumsrate in den Jahren 2022 und 2023. Alle Daten sind diesen Herbst zurückgegangen. Die zweijährige durchschnittliche Inlandsnachfrage nach Produkten ging von 5 % im August auf 2,1 % im November zurück.

China erwartet weiter Wachstum

Die Weltbank geht davon aus, dass das Gesamtwachstum Chinas im Jahr 2024 bei 4,5 % liegen wird. Dies bedeutet einen Rückgang gegenüber den letzten Jahren. Zu dieser verlangsamten Wachstumsrate tragen der Rückgang der weltweiten Nachfrage, Wachstumsbeschränkungen, die hohe Verschuldung und eine geringere Produktivität als in der Vergangenheit bei. Als Anzeichen für eine bevorstehende wirtschaftliche Schwäche könnten die Arbeitszeiten infolgedessen noch weiter ansteigen.

Kommentar

Während des wirtschaftlichen Abschwungs geben die Unternehmen den Druck direkt an die Mitarbeiter weiter. Doch wer soll das körperlich oder psychisch auf Dauer aushalten?

Wer sich also zu Weihnachten ein Luxusgut gönnt oder verschenkt, was in China hergestellt wurde, sollte sich auch die unmenschlichen Zustände in den dortigen Fabriken vor Augen halten. Und sollte dort jemand versuchen, die Öffentlichkeit über die Zustände aufzuklären, der wird gnadenlos juristisch verfolgt. Das führt soweit, dass der Whistleblower nie wieder einen qualifizierten Arbeitsplatz finden wird.

Wer ein paar plastische Beispiele braucht, sollte sich die Website von China Labor Watch einmal in Ruhe anschauen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.