Netflix: Mit dem eigenen Piratenschiff im Kampf gegen andere Piraten.
Netflix: Mit dem eigenen Piratenschiff im Kampf gegen andere Piraten.
Bildquelle: Firecooler

Wird Piraterie Netflix helfen, den Streaming-Krieg zu gewinnen?

Vom Piratenkönig zum Streaming-Monarch? Die Netflix-Strategie, die den Markt verändert hat: Einblicke in die komplexen Herausforderungen.

In den USA und vielen anderen Ländern besitzt Netflix eine dominierende Position im Streaming-Markt. Interessanterweise könnte ausgerechnet die Piraterie eine unbeabsichtigte „Geheimwaffe“ für Netflix werden.

Netflix will Piraterie als Geheimewaffe nutzen

Unter der Leitung von CEO Reed Hastings und Content-Akquisitionschefin Kelly Merryman hat Netflix eine führende Rolle im Umgang mit Pirateriedaten übernommen. Die Beliebtheit von Serien wie „The Last of Us„, produziert von HBO, auf Piraterieseiten sieht Netflix als wichtigen Indikator für potenzielle Hit-Serien. Man will auf diese Weise analysieren, was die Serie auch für zahlende Kunden so attraktiv macht.

Indem Netflix Inhalte auswählt, die bereits auf Piratenseiten beliebt sind, will man die Attraktivität des eigenen Angebots steigern. Es geht darum, die Bedürfnisse der Zuschauer effektiver zu befriedigen. Reed Hastings und Kelly Merryman wollen den Markt verstehen. Sie wollen innovative Wege gehen, um den Zuschauern genau das zu anzubieten, was sie suchen. Anstatt sich auf traditionelle Marktforschungsmethoden zu verlassen, orientiert sich Netflix direkt an den Vorlieben und Interessen der Online-Piraten.

Netflix
Sail ho, dear pirates! Bild ist KI-generiert.

Wettbewerbsvorteil durch Verständnis von Piraterie

Netflix sieht die Piraterie offenkundig als Bedrohung und Chance zugleich. Man hofft, damit ein Angebot zu schaffen, das so attraktiv ist, dass die Nutzer lieber dafür zahlen, statt sich illegal die Inhalte zu beschaffen.

Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt, dass der Prozentsatz der US-Verbraucher ohne Zugang zu einem Disney+ (46 %) oder HBO Max-Abonnement (54 %) doppelt so hoch ist wie bei Netflix (20 %). Dies deutet darauf hin, dass das Potenzial für Piraterie bei diesen Plattformen deutlich höher ist. Viele Menschen, die sich illegal Serien und Filme ansehen, sind tatsächlich bereit zu zahlen, wenn das Angebot ihren Vorstellungen entspricht.

Auch Piraten zahlen für Abonnements

In den USA, einem Land mit den meisten Piraten, die jährlich Milliarden von Besuchen auf Piratenseiten generieren, zeigt sich eine interessante Dynamik. Denn viele dieser Piraten sind nicht nur auf der Suche nach kostenlosem Content, sie besitzen auch legitime Abonnements. Da das Abonnieren mehrerer Dienste kostspielig ist, wird Piraterie oft als weitere Option betrachtet.

Dass in Ländern wie den Niederlanden der BitTorrent-Traffic nach der Einführung von Netflix zurückgegangen ist, unterstreicht die Wirksamkeit dieser Strategie.

Laut den neuesten Zahlen bleibt Netflix mit 77,3 Millionen zahlenden Streaming-Abonnenten in den USA und Kanada führend. Man übertrifft dort alle Konkurrenten. Dieser Erfolg hat manche Beobachter bereits dazu veranlasst, Netflix als klaren Sieger des Streaming-Marktes zu bezeichnen, schreibt TorrentFreak.

Netflix und die Hydra der Online-Piraterie

Zuschauer wenden sich zunehmend von den legalen Diensten ab

Die zunehmende Fragmentierung der Streaming-Dienste hat zu einer unerwarteten Wende geführt. Viele Nutzer kehren zur Piraterie zurück, nachdem sie ihre Abonnements gekündigt haben. Der Grund dafür liegt in der fortschreitenden Reduzierung des Angebots durch die verschiedenen Dienste.

Diese Entwicklung ist insofern ironisch, da Streaming-Dienste ursprünglich als einfache und legale Alternative zur Piraterie gedacht waren. Doch die wachsende Zahl von Diensten mit jeweils exklusiven Angeboten hat zu einer regelrechten Zersplitterung des Streaming-Marktes geführt, die viele abschreckt.

Anstelle einer zentralen Plattform, die einen umfassenden Zugang zu einer breiten Palette von Inhalten bietet, sehen sich die Verbraucher nun mit einem Labyrinth von Abonnements und Diensten konfrontiert, von denen jeder nur einen Bruchteil dessen bietet, was sie suchen.

Der Kampf von Netflix gegen die Piraterie

Als aktives Mitglied der Motion Picture Association (MPA) und der Alliance for Creativity and Entertainment (ACE) engagiert sich Netflix intensiv in der weltweiten Bekämpfung der Piraterie. Dieser Einsatz ist strategisch sinnvoll, da Piraterie das Abonnentenvolumen beeinflusst. Das Unternehmen versteht, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Urheberrechte und der Erfüllung der Kundenbedürfnisse entscheidend ist.

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Meine persönliche Erfahrung als ehemaliger Betreiber des Streaming-Host Dienstes RapidVideo hat mir tiefe Einblicke in die Herausforderungen der komplexen Streaming-Branche gegeben. Diese Erfahrung war besonders prägend, als ich mich mit den Konsequenzen meiner Tätigkeit auseinandersetzen musste. In einer entscheidenden Auseinandersetzung mit Netflix kam es zu einer Einigung, die mich dazu verpflichtete, nie wieder einen illegalen Streaming-Hoster zu eröffnen.

Dies war für mich ein Wendepunkt, der mich dazu brachte, die Perspektive des Unternehmens zu verstehen und die Bedeutung von legalen Streaming-Diensten im Kampf gegen die Piraterie zu erkennen. Ich sehe das Thema geistiges Eigentum heute mit anderen Augen.

Resümee

Netflix geht einen neuen Weg. Bleibt abzuwarten, wie erfolgreich dieser auf Dauer sein wird. Derzeit scheint die Unterhaltungsbranche noch keinen endgültigen Weg gefunden zu haben, um Piraterie komplett zu eliminieren. Wie Daily Beast kürzlich betonte, führt das willkürliche Entfernen beliebter Inhalte von legalen Diensten nicht dazu, dass die Nutzer langfristig bei der Stange bleiben.

Neben den üblichen Anti-Piraterie-Bemühungen mit den damit einhergehenden juristischen Auseinandersetzungen gibt es noch andere Wege. Man könnte den Streaming-Markt deutlich lukrativer gestalten, wenn es nicht so viele Anbieter geben würde. Niemand hat ernsthaft Lust, monatlich 50 Euro oder mehr für alle relevanten Streaming-Anbieter zu bezahlen. Doch das wird wohl nicht geschehen.

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