Webtoon hofft, durch unzählige DMCA-Zwangsvorladungen an Cloudflare, die Betreiber von rund 170 Piratenseiten zu entlarven.
Noch im Juni feierte Webtoon Entertainment seinen Börsengang. Zuvor gehörte man zum südkoreanischen Konzern Naver. Webtoon existiert bereits seit 20 Jahren und bietet gegen Bezahlung den Zugang zu vergleichsweise kurzen Web-Comics an.
Aktionäre sprangen nach fehlendem Wachstum ab
Statt des von den Anlegern erwarteten Wachstums fielen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr mehr oder weniger gleich aus. Dies enttäuschte viele Investoren. In der Folge fiel der Aktienkurs um mehr als 40 %, wodurch eine Milliarde US-Dollar an Marktkapitalisierung regelrecht „verdampfte“.
Die Problematik mit der Piraterie hat das Unternehmen jedoch im offiziellen Ergebnisbericht nicht ein einziges Mal erwähnt. Natürlich hätte man die illegale Konkurrenz als Begründung für die gleich bleibenden Umsätze angeben können. Webtoon-Finanzvorstand David Lee führte lediglich in einer Telefonkonferenz aus, dass Piraterie ein Problem für alle nutzergenerierten Inhaltsdienste sei. Der Wind hat sich mittlerweile gedreht. Für die Zukunft erwartet man eine Umsatzsteigerung von 11 %.
Webtoon hat die Piraten weiterhin im Visier
Gegenüber der US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) gab das Unternehmen bekannt, man betrachte Online-Piraterie als eine ernsthafte Herausforderung für die Zukunft. „Da die Vervielfältigung und Verbreitung von Inhalten über das Internet zunimmt, wird das Risiko von Piraterie, Graumarktverkäufen, illegalem Herunterladen, Filesharing oder anderen Verstößen, Unterschlagungen und anderen Verletzungen unseres geistigen Eigentums wahrscheinlich weiter steigen“, so Webtoon Entertainment.
„Wir ergreifen verschiedene Maßnahmen, um die unbefugte Nutzung unserer Inhalte zu verhindern und zu überwachen, einschließlich der Entwicklung eigener Technologien zur Erkennung von Piraterie und anderer technologischer Maßnahmen„, heißt es in dem SEC-Bericht weiter.
Nicht alle Websites und Online-Dienste sind jedoch für Abmahnungen empfänglich. Webtoon muss gelegentlich seine Bemühungen verstärken und direkter mit Unterlassungsverfügungen vorgehen, die von rechtlichen Drohungen begleitet sind. Ziel der DMCA-Schreiben ist derzeit vor allem der Content Delivery Network-Anbieter Cloudflare mit Sitz in den USA. In den Schreiben führen die Anwälte von Webtoon fast 200 einzelne Ziele auf. Nach der Zusammenlegung mehrerer Subdomains kommt man auf etwa 170 eindeutige Domainnamen. Darunter solche, die mit beliebten Websites wie Bato.to, Mangareader.to und Mangas.in verbunden sind, die alle Millionen von monatlichen Besuchen verzeichnen.
Mit den Schreiben will man die Identität der Piraten-Seiten in Erfahrung bringen. Nach Prüfung der vielen Anträge unterzeichnete ein Gerichtsbediensteter die Vorladungen. Cloudflare hat nun bis zum 1. Oktober Zeit, darauf zu reagieren. Nach früheren Fällen zu urteilen, wird der in den USA ansässige CDN-Anbieter die Anfrage nach Nutzerdaten wahrscheinlich nicht anfechten. Das hat man in der Vergangenheit auch nicht getan.
Effektiv, aber nicht perfekt
Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Informationen, die Cloudflare zur Verfügung stehen, Webtoon bei der Durchsetzung seiner Rechte helfen werden. Die Betreiber von Piratenseiten sind dafür bekannt, dass sie falsche Identitäten verwenden. Einige sind sich bewusst, dass ihre persönlichen Daten durch DMCA-Vorladungen aufgedeckt werden können.
Andere nutzen dafür zum Beispiel Strohmänner ohne festen Wohnsitz, die sie für die Angabe ihrer Daten bar bezahlen. Nach den bisherigen Erfahrungen von Webtoon können sich diese rechtlichen Bemühungen durchaus auszahlen. Letztes Jahr hat das Unternehmen 360 Raubkopierer-Domainnamen durch eine ähnliche Vorladung ins Visier genommen, was zur Schließung mehrerer Websites führte. Da waren auch große Anbieter darunter.
Eigenen Berichten von Webtoon zufolge gingen 150 „Websites“ offline, nachdem sie durch die Cloudflare-Vorladung ins Visier genommen worden waren. „Nach drei Monaten harter Arbeit von Naver Webtoon haben etwa 150 illegale Websites aus dem Ausland ihren Betrieb eingestellt. Dies ist das Ergebnis der Aktion von Naver Webtoon, eine ‚Vorladung‘ durch ein US-Gericht auszustellen, die erste in der Webtoon-Industrie“, schrieb das Unternehmen im November.
Zu diesen Schließungen gehörten viele bekannte Piratenseiten, darunter Aquamanga.com, die in der Spitze mehr als 60 Millionen monatliche Besuche verzeichnete. Die Anzahl der Seitenzugriffe war ungleich höher. Die Zeit wird zeigen, ob die jüngsten Vorladungen ähnlich effektiv sein werden. Doch solange sie damit ihre Ziele verfolgen können, wird Webtoon diese Anti-Piraterie-Bemühungen wahrscheinlich fortsetzen.
Es bleiben für Webtoon nur noch wenige Optionen
Außerdem hat man gar nicht viele andere Möglichkeiten. Denkbar wären lediglich DMCA-Anfragen an den Domain-Registrar oder Webhoster des Online-Piraten. Doch die Daten werden wahrscheinlich zumeist ähnlich falsch sein, wie die Angaben, die die Piraten gegenüber Cloudflare gemacht haben.
Eine vollständige Liste aller betroffenen Domains, abzüglich einiger Duplikate, haben unsere Kollegen von TorrentFreak in einem eigenen Beitrag aufgeführt.
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