Polizei, Polizeiwache Haan, NRW
Polizei, Polizeiwache Haan, NRW
Bildquelle: Lars Sobiraj

Telefonüberwachung in NRW soll fünf Jahre verlängert werden

Nach einem Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung soll die Telefonüberwachung für weitere fünf Jahre legal sein.

Eigentlich läuft die Rechtsgrundlage für die sogenannte Telefonüberwachung in Nordrhein-Westfalen wegen der damit verbundenen Grundrechtseingriffe zum Jahresende aus. Nun wurde ein Gesetzentwurf bekannt, wonach die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) für weitere fünf Jahre möglich sein soll.

Schwerste Straftaten wie Terroranschläge, Mordversuche und Kindesentführungen will man in Nordrhein-Westfalen auch künftig anhand der Telefonüberwachung von Verdächtigen bekämpfen. Der Landtag in Düsseldorf muss aber noch über den Gesetzentwurf abstimmen.

Telefonüberwachung für GdP ein wichtiges Instrument

„Die TKÜ ist ein wichtiges Instrument zur Verhinderung und Verfolgung schwerster Straftaten“, betont der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, in einer ersten Stellungnahme. In den vergangenen vier Jahren sei die Telefonüberwachung in nur 427 Fällen eingesetzt worden.

Telefonüberwachung
Telefonüberwachung. Foto Lepasik, thx!

Auch der Anschluss des Redaktionsleiters und Gründers von Tarnkappe.info, Lars Sobiraj, hat man im Jahr 2014 abgehört. In dem später eingestellten Verfahren ging es um die Verfolgung angeblich gemeinschaftlich begangener Urheberrechtsverletzungen. Die Überwachung sollte Aufschluss darüber geben, wer sich hinter dem Pseudonym Spiegelbest verbarg. Die Identität des namhaften E-Book-Piraten und ehemaligen Torboox-Sprechers konnte die Polizei bis heute nicht aufklären.

GdP NRW fordert mehr TKÜ-Maßnahmen

Die GdP NRW sieht in der geringen Zahl der Überwachungen naturgemäß einen sehr sorgsamen Umgang mit diesem Instrument. Die Gewerkschaft der Polizei NRW bemängelt, dass der Gesetzgeber die bürokratischen Hürden für TKÜ-Maßnahmen weiter reduzieren muss. Zudem seien solche Maßnahmen sehr „personalintensiv„.

Störend wirken aber Vorwürfe aus dem Jahr 2019. Damals wurde bekannt, dass die Polizei in Nordrhein-Westfalen Daten aus abgehörten Telefonaten und mitgeschnittenen E-Mails oft erst mit erheblicher Verzögerung vernichtete. Dies verstieß gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Wann darf die Polizei eine Telefonüberwachung durchführen?

Diese ordnet der zuständigen Richter bei Verdacht auf eine schwere Straftat an. Was im Detail darunter fällt, kann man dieser Liste entnehmen. Urheberrechtsverletzungen, wie geschehen im Fall von Tarnkappe.info, gehören natürlich nicht dazu. Die Staatsanwaltschaft darf im Gegensatz zum Richter eine Telefonüberwachung nur dann anordnen, wenn nachweisbar gerade „Gefahr in Verzug“ ist.

Bekomme ich davon etwas mit?

Nein, im Regelfall nicht. Zu Störgeräuschen wie einem Klicken oder Hall in der Leitung kommt es normalerweise nicht. Die Überwachung geschieht in der Regel ohne Nebenwirkungen.

Wie läuft die Telefonüberwachung ab?

Die Strafermittlungsbehörden erhalten von den Internet- beziehungsweise Mobilfunkanbietern sämtliche Rufnummern, Sim-Karten Nummern und die Standorte der Telefonate des Tatverdächtigen. Anschließend zeichnet man alles auf. Auch den Inhalt der Kurznachrichten (SMS), die man empfangen oder verschickt hat. Mithilfe eines IMSI-Catchers kann die Polizei nicht nur mobile Gespräche abhören. Man kann damit auch den Standort des Smartphones ermitteln und mit den Daten Bewegungsprofile erstellen.

Mit welchen Mitteln die Polizei letztlich arbeitet, spielt keine Rolle. Im Anschluss an die Ermittlungen muss man den Tatverdächtigen bezüglich der Telekommunikationsüberwachung seiner Geräte schriftlich aufklären.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.