Mehrere Durchsuchte der E-Book-Razzia haben Post von der Staatsanwaltschaft München I bekommen. Darin wird ihnen mitgeteilt, dass sie abgehört wurden.
Mehrere Durchsuchte der E-Book-Razzia im Dezember 2014 haben gestern Post von der Staatsanwaltschaft München I erhalten. Ihnen wird mitgeteilt, dass aufgrund einer richterlichen Anordnung ihre Internetaktivitäten und ihre Gespräche per Festnetz & Handy abgehört wurden. Allerdings sind den Beamten im Schreiben mehrere Schnitzer unterlaufen.
Die deutschlandweite Razzia am 09.12.2014 diente primär der Aufdeckung der Identität des ehemaligen TorBoox-Sprechers Spiegelbest. Bis heute ist man diesem E-Book-Piraten aufgrund seiner Vorsichtsmaßnahmen wohl nicht auf die Spur gekommen. Die Ermittlungen dauern bis jetzt an. Die Verfahren gegen die Durchsuchten hat man zumindest bis dato nicht eingestellt.
Nachwehen der E-Book-Razzia
Die Überwachung der Internetaktivitäten auf spiegelbest.me und ebookspender.me betrifft laut dem gestrigen Schreiben primär den dort ausgetauschten Nachrichten. Den Verdacht der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke wollte man im Zuge der Überwachung erhärten. Allerdings ging das Forum zeitgleich mit der Durchsuchung am 09.12.2014 offline. Von daher ist nicht nachvollziehbar, wieso die Überwachung der Telekommunikation bis zum 03. März des Folgejahres fortgesetzt wurde. Nachdem man die Stecker gezogen hat, konnte man dort schlichtweg keine Nachrichten mehr empfangen oder verschicken. Oder ging es den Ermittlern nicht nur um das Forum, sondern um alle Online-Aktivitäten der Verdächtigen?
Warum aber begann die Überwachung erst so spät? Drei Monate Vorlaufzeit ist nicht sonderlich lang. Und warum nahm die Maßnahme am Tag der E-Book-Razzia nicht ihr Ende? Jeder Durchsuchte ahnte doch automatisch, dass er schon länger abgehört wurde. Das zumindest habe ich damals in meinen Telefonaten den Journalisten André Meister von Netzpolitik.org und Marcel Rosenbach vom Spiegel mitgeteilt. Wer die Polizei im Haus hatte, wird für konspirative Gespräche eine Prepaid-SIM-Karte oder eine öffentliche Telefonzelle abseits des Wohnortes nutzen. Daheim werden derartige Gespräche nicht geführt. Für so dumm kann die Polizei eigentlich niemanden halten, oder?
Zwei Jahre für eine derartige Mitteilung? Transparenz sieht anders aus.
Merkwürdig auch, dass sich die Staatsanwaltschaft München I knapp zwei Jahre Zeit mit ihrer Mitteilung gelassen hat. Das passt allerdings zu dem Vorgehen der Ermittler, die meinem Rechtsanwalt bisher jegliche Akteneinsicht verwehren. Wahrscheinlich weil daraus ersichtlich wäre, dass man kaum Anhaltspunkte für die Durchsuchung hatte und bis heute hat. Den bekanntesten E-Book-Piraten auf Tarnkappe.info bloggen zu lassen, war sicher sehr gefährlich. Verboten war es indes nicht. Und da meine Adresse aufgrund des gültigen Impressums öffentlich ist, werde ich den Teufel tun, mich an irgendwelchen illegalen Aktivitäten zu beteiligen. Natürlich hatten wir mit einer polizeilichen Aktion nach der Strafanzeige im Sommer 2014 gerechnet weil Verleger aus Münster glaubten, in Bergisch Gladbach wäre die Zentrale von LUL.to, weshalb es zur Strafanzeige kam. Doch mit einer Durchsuchung oder einer vergleichbaren Aktion wie der E-Book-Razzia hatten wir ehrlich gesagt erst später gerechnet.
Panne bei den abgehörten Telefonnummern: Larissa wurde meine Telefonnummer mitgeteilt und umgekehrt
Gestern unterlief der Staatsanwaltschaft München I ein echt peinliches Missgeschick. Die Staatsanwältin teilte mir im Schreiben aus Versehen eine der abgehörten Festnetz-Nummern von Larissa aus Plauen mit. Larissa hat man gleichzeitig mitgeteilt, dass meine private Handynummer ihr Anschluss war und ebenfalls überwacht wurde. Man hätte lediglich eine der unbekannten Nummern anrufen müssen und hätte herausfinden können, wen die Maßnahme der Polizei noch alles betroffen hat. Das kann beim besten Willen nicht rechtens sein.
Interessant ist auch, dass gestern nicht alle Durchsuchten ein derartiges Schreiben aus München erhalten haben. Vielleicht hat man den Lauschangriff nur auf die Verdächtigen beschränkt, wo man glaubte, darüber am besten an Spiegelbest herankommen zu können. Zumindest in meinem Fall war dies aussichtslos. Spiegelbest hat sich sogar ohne Übertragung des Bildes geweigert, per Skype oder G+ zu telefonieren. Er befürchtete, jemand könne auf Basis des Telefonats später seine Stimme erkennen, um ihn zu identifizieren. Man hatte ihn eingeladen, sich per Video-Telefonie an einer öffentlichen Diskussion zu beteiligen. Die Veranstalter wollten ihn per Skype dazu schalten.
Spiegelbests ausgeprägte Paranoia hat ihn offenbar bis heute vor dem Zugriff der Behörden bewahrt. Man darf gespannt sein, wie lange die Beamten nach der E-Book-Razzia noch vor sich hin recherchieren wollen. Ehrlich gesagt hatte ich gestern, als ich den Brief erhielt, nach zwei Jahren Ermittlungen ohne Ergebnis, mit einer Einstellung meines Verfahrens gerechnet. So kann man sich täuschen.
Tarnkappe.info