Die Anti-Piraterie-Firma Warezio will die ICANN verklagen, weil man nichts gegen Online-Piraten unternimmt, die eine .to-Domain besitzen.
Warezio droht der gemeinnützigen Internet-Verwaltungsorganisation ICANN mit einer Klage wegen unlauteren Wettbewerbs. Man wirft der Organisation vor, man würde keine Maßnahmen gegen Domain-Registrierungsstellen ergreifen, die mutmaßlich Piraterie begünstigen oder sogar ermöglichen. Das tschechische Unternehmen hat es insbesondere auf die in Tonga beheimatete Registrierungsstelle Tonic (.to) abgesehen.
Man bemängelt vor allem deren mangelnde Transparenz und Rechenschaftspflicht. Die rechtliche Drohung verdeutlicht die Problematik der ICANN in Verbindung mit den country code Top-Level Domain-Betreibern (nccTLD), weil diese den Anweisungen der Organisation bislang nicht Folge leisten müssen.
Tonic als sicherer Hafen für Online-Piraten
Seit 1997 ist das Tonga Network Information Center (Tonic) für die Top-Level-Domain .to verantwortlich. Die Domain .de steht für Deutschland, die länderspezifische Erweiterung .to ist hingegen mit dem Königreich Tonga verbunden. Doch wie wir schon mehrfach berichtet haben, wenden sich Rechteinhaber zunehmend an die Tonic-Registrierungsstelle in der kalifornischen Stadt Burlingame, USA. Zwar verwaltet Tonic insgesamt nur rund 60.000 Domains. Doch aufgrund ihres ausgeprägten Datenschutzes, besser gesagt wegen ihrer Verschwiegenheit, hat diese Domainstelle eine gewisse Anziehungskraft auf Betreiber von Piraterieseiten, wie die Kollegen von Torrentfreak berichten.
Warezio sieht Tonic als Zufluchtsort für Piraterie
Heute steht die .to-Registrierungsstelle erneut im Mittelpunkt einer Beschwerde. Das tschechische Anti-Piraterie-Unternehmen Warezio, das im Auftrag vieler lokaler Rechteinhaber tätig ist, fordert in ihrem Schreiben die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) auf, Maßnahmen zu ergreifen. Ansonsten würden sie das tun. Man sei vermehrt bei der Verfolgung von Online-Piraten auf .to-Domains gestoßen.
Die von Tonic absichtlich gewährleistete Anonymität der Domain-Inhaber sei der Grund für die Häufung der vielen Webseiten, die dort Zuflucht suchen. Man vermisst dort eine öffentlich einsehbare Whois-Datenbank der Domain-Inhaber. Zudem gebe es keine formellen Geschäftsbedingungen für Domaininhaber, die anderswo zu deutlich mehr Auskünften bezüglich ihrer Identität verpflichtet werden. Tonic veröffentlicht keine Kontaktinformationen und unterstützt fremde Parteien auch nicht bei Auseinandersetzungen, kritisiert Warezio in der schriftlichen Klageandrohung. Auch die Vorgaben der DSGO würde Tonic nicht erfüllen.
Warezio droht ICANN mit rechtlichen Schritten
Obwohl Beschwerden über Tonic nichts Neues sind, wendet sich Warezio direkt an die ICANN und weist darauf hin, dass sie die Organisation gemäß dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb der Tschechischen Republik rechtlich haftbar machen kann. Indem man gegen die Vorgehensweise von Tonic nicht vorging, wäre dies eine Bevorzugung der Domainverwaltung. Diese Untätigkeit fördere kommerzielle Interessen von Tonic, die deswegen weiterhin ihre Geschäfte mit den Piraten machen können.
„Sollte die ICANN trotz ordnungsgemäßer Unterrichtung über diese Tatsachen weiterhin untätig bleiben, würde sie sich potenziellen rechtlichen Schritten wegen unlauteren Wettbewerbs vor den zuständigen tschechischen Gerichten aussetzen“, schreibt Jakub Hájek von Warezio. „Im Rahmen solcher Verfahren könnten Unterlassungsansprüche, Korrekturmaßnahmen und Entschädigungen für die anhaltende Marktverzerrung und den Schaden, den tschechische Rechteinhaber und legitime Unternehmen erlitten haben, geltend gemacht werden.” Das Schreiben hat TorrentFreak ungekürzt veröffentlicht.
Drohung und Aufruf zum Handeln
Warezio fordert die ICANN auf, von Domain-Registrierungsstellen die Bereitstellung von Whois-Daten und zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und Rechenschaftspflicht zu verlangen. Dies gilt auch für Tonic, aber auch ganz allgemein für andere Registrierungsstellen, die ähnliche Mängel aufweisen. Eine Antwort erwartet man innerhalb von nur sieben Tagen. Sollte die ICANN nicht reagieren, behalte man sich das Recht vor, die Vorwürfe des unlauteren Wettbewerbs juristisch zu verfolgen.
Die begrenzte Autorität der ICANN über ccTLDs
Die ICANN hat noch nicht auf das Schreiben reagiert. Doch die Forderung nach neuen Standards beim Thema Transparenz werden kaum durchsetzbar sein. Denn laut ICANN verfügt man nicht über die Befugnis, Maßnahmen gegen Betreiber von ccTLD-Domains wie .to zu ergreifen. Die Registrierungsstellen unterliegen nämlich im Gegensatz zu Domains wie .com oder .org oder .net nach der Rechtslage des jeweiligen Landes. Entscheidend sind also die Gesetze in Tonga. Dies gilt auch für die Umsetzung von Richtlinien bezüglich von Whois-Anfragen und Domainnamen-Streitigkeiten.
Allerdings ist unverständlich, warum sich Warezio an die ICANN als übergeordnete Verwaltungsorganisation wendet. Sie hätten auch direkt der Tochtergesellschaft von Tonic in den USA schreiben können. Zumindest ist diese juristische Fragestellung bisher noch nicht behandelt worden. Es bleibt spannend zu beobachten, ob Warezio wie angekündigt, tschechisches Recht bei einer in Los Angeles beheimateten gemeinnützigen Organisation durchsetzen kann. Auch muss geprüft werden, ob eine Firma, die vom Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs selbst gar nicht betroffen ist, deswegen eine Klage einreichen kann. Warezio verwaltet ja bekanntlich selbst gar keine Domains. Von daher steht man auch nicht im Wettbewerb mit Tonic.
Doch mit Tonic alleine hadert das Unternehmen nicht. Im Schreiben führt man das „Who is Who“ der Piraten im Internet auf. So müsse man auch Schritte einleiten, um der Domainverwaltung von Domains wie krakenfiles.com, rapidgator.net, 1fichier.com, thepiratebay.org, rutracker.org, libgen.ru, sci-hub.ru, fitgirl-repacks.site und viele andere mehr Einhalt zu gebieten.
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