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EncroChat-Daten: BGH verneint Beweisverwertungsverbot

Bezüglich der EncroChat-Daten räumt der 5. Strafsenat des BGHs die gerichtliche Verwertbarkeit der aus EncroChat gewonnenen Erkenntnisse ein.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschloss unter Bezugnahme auf eine Entscheidung von Anfang März, dass deutsche Strafbehörden Daten, die Ermittler aus der Überwachung der Kommunikation mittels EncroChat gewonnen hatten, verwerten dürfen. Allerdings muss die Vorraussetzung erfüllt sein, dass die Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten dienen.

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Mit dem Beschluss hat der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. Juli 2021 verworfen. In besagtem Fall hat das Landgericht den Angeklagten wegen zehn Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Er erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Zudem ordnete es die Einziehung von Taterlösen über mehr als 70.000 Euro an.

In einigen Fällen dienten als zentrale Beweismittel die EncroChat-Nachrichten des Angeklagten zur Organisation des Drogenhandels als Grundlage für die Verurteilung. In einer Revision hatte der Angeklagte u.a. aufgeführt, dass man diese „von französischen Behörden 2020 erlangten und der deutschen Justiz übermittelten Daten nicht als Beweismittel hätten verwerteten dürfen“. Der Verurteilte begründete seine Ausführungen damit, dass man französische Ermittlungsmaßnahmen auch nach französischem Recht hätte bewerteten müssen.

EncroChat-Hack: BGH spricht sich für Daten-Verwertbarkeit aus

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Diesbezüglich stellte der BGH fest, für den Beschluss käme es „damit auch nicht entscheidend darauf an, ob eine wie hier in Frankreich allein nach französischem Recht durchgeführte Maßnahme auch in Deutschland hätte angeordnet werden können. […] Die unterschiedlichen Anordnungsvoraussetzungen in Frankreich und Deutschland können auf der Ebene der Beweisverwertung kompensiert werden.“

Bisher war fraglich, ob die Nichtüberprüfbarkeit der Datenerhebung durch französische Behörden aus EncroChat zu einem Verstoß gegen Grundrechte führt. Demgemäß kommt der BGH zu dem Schluss, dass die Frage rechtmäßigen Verhaltens französischer Behörden keiner eigenen Prüfungsverpflichtung Deutschlands unterliege.

Hack ließ Zweifel an Rechtmäßigkeit der Daten-Verwertung aufkommen

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Nach Auffassung des Senats ergaben sich bei der Beweiserhebung weder Verstöße aus nationalem Recht, noch aus den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die ein Beweisverwertungsverbot begründen könnten.

Bei den Ermittlungen sei es zudem nicht um eine anlasslose Massenüberwachung einer Vielzahl auch unverdächtiger Handy-Nutzer gegangen. Der BGH erklärt dazu:

„Vielmehr stellte sich EncroChat für die französischen Behörden als ein von vorneherein auf die Unterstützung krimineller Aktivitäten ausgerichtetes und im Verborgenen agierendes Netzwerk dar. Aufgrund der ersten Erkenntnisse einer nahezu ausschließlich kriminellen Nutzung solcher Telefone war ein Nutzer hiernach schon allein aufgrund des mit erheblichen Kosten einhergehenden Erwerbs eines auf normalem Vertriebsweg nicht erhältlichen EncroChat-Handys krimineller Aktivitäten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität wie Drogen- und Waffenhandel oder Geldwäsche verdächtig.“

Zieht BGH-Beschluss Verfassungsbeschwerde nach sich?

Wie Rechtsanwalt Thomas Heimbürger auf Anwalt.de hervorhebt, so könne immerhin auf den BGH-Beschluss eine Verfassungsbeschwerde folgen:

„Es liegt nahe, dass nun auch Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werden wird. Das Bundesverfassungsgericht wird zu prüfen haben, ob die vom 5. Strafsenat angelegten Maßstäbe hinsichtlich einer Grundrechtsverletzung des damaligen Angeklagten tatsächlich Stand halten. Wann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegen wird, ist aktuell nicht absehbar. Bis dahin werden sich die Instanzgerichte auf diese Entscheidung berufen.

Abzuwarten ist, ob die weiteren Senate des BGH auch hinsichtlich der Datengewinnung, die aus anderen Krypto-Handy-Anbieter stammen, bzw. aus anderen Verschlüsselungsverfahren, ebenfalls nicht zur Feststellung eines Beweisverwertungsverbotes kommen werden.“

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.