Microsofts neuer Servicevertrag besagt, dass man alle Inhalte der Nutzer überprüfen darf. Es wird zu Löschungen und Kontensperrungen kommen.
Ab Ende diesen Monats gelten neue Geschäftsbedingungen für Microsoft-Kunden. Wenn sie sich bei der Nutzung mehrerer Produkte (Betriebssystem, Software & Cloud-Dienste) nicht an deren vage formulierten Verhaltenskodex halten, kann das Microsoft-Konto gesperrt werden. Man verliert dann den Zugriff auf alle bezahlten oder kostenlosen Dienste und alle dort gespeicherten Daten. Auch wird Microsoft mit den Behörden kooperieren. Die Regressansprüche aufgrund der Sperrungen hat man übrigens nicht minder vage formuliert.
Microsoft will automatisch alle Inhalte überprüfen
Microsoft schreibt auf ihrer Website zur Durchsetzung: „Wir verwenden Hashes von bekannten illegalen und schädlichen Inhalten. Wir verwenden auch unsere eigene Technologie und Klassifikatoren, um schädliche Inhalte zu finden, die über unsere Dienste verbreitet werden.“
Das heißt, dass alle Inhalte auf unserer Festplatte und in der Cloud 24/7 automatisch auf bestimmte Keywords hin untersucht werden. Sofern bestimmte Begriffe auftauchen, werden die Mitarbeiter von Microsoft aktiv. „Wir haben menschliche Prüfer, die Regelverstöße überprüfen und bestätigen, welche Maßnahmen ergriffen werden. Diese Leute können auf bestimmte Arten von Schäden spezialisiert sein oder sie arbeiten an einem bestimmten Dienst.“ Zudem fordert man die Nutzer dazu auf, Dritte bei Verstößen zu denunzieren.
Machtmissbrauch
Wenn man Regelverstöße feststellt, will man künftig „verhältnismäßige Maßnahmen“ ergreifen, was auch immer das im Einzelfall bedeuten mag. Verstöße gegen den Servicevertrag können zur Sperrung, Löschung oder die Nichtanzeige von Inhalten gehören. Außerdem behält man sich das Recht vor, Maßnahmen gegen das Konto des Nutzers zu ergreifen, um ihn daran zu hindern, erneut gegen ihre Regeln zu verstoßen.
Microsoft wird darüber bestimmen, was den Nutzern erlaubt ist
Zu den verbotenen Handlungen bzw. Inhalten gehört das Verbreiten von Phishing-Mails, Missbrauch von Kindern, jegliche illegale Handlungen, Hassrede, Jailbreaken, Übertragung von anstößigen Inhalten oder Schadsoftware, Stalking, Urheberrechtsverletzungen, der Verstoß der Privatsphäre bei Dritten und vieles mehr. Einen Verstoß stellen aber auch Bilder aus dem Bereich Aktfotografie und Aktmalerei dar. Schon das Generieren von anstößiger Sprache ist ein Regelbruch. Dafür muss man die anstößigen Aussagen noch nicht einmal öffentlich verbreiten. Zudem will man uns nun detailgetreu vorschreiben, in welcher Form man KI-Dienste nutzen darf. Doch was bitte haben die KI-Konzerne getan, um ihre Bots zu trainieren, die jetzt immer häufiger verklagt werden?
Auch ist von einer umfangreichen Kooperation zwischen Strafverfolgungsbehörden und Microsoft auszugehen. So könnte der Softwarehersteller quasi auf Zuruf Konten von Personen sperren, die bei bestimmten Behörden auffällig geworden sind.
Einladung zur Denunziation
Ferner schreibt man, man nutze Berichte von Nutzern, Behörden und vertrauenswürdigen Hinweisgebern, die sie auf mögliche Richtlinienverstöße aufmerksam machen. Das öffnet natürlich auch Tür und Tor für den Missbrauch dieser Aufforderung, um unliebsamen Zeitgenossen mal so richtig Ärger zu bereiten. Selbstständige oder HomeOffice-Nutzer können von jetzt auf gleich ihre Existenzgrundlage verlieren, wenn sie plötzlich keinen Zugriff mehr auf ihre Daten haben.
Meinung
Für manche mag der Hinweis auf die neuen Nutzungsbedingungen nur eine weitere E-Mail im Postfach gewesen sein, die man ignoriert. Das übliche Spiel halt. Doch de facto nimmt sich Microsoft damit das Recht heraus, uns von vorne bis hinten zu durchleuchten.
Ein Betriebssystem-Anbieter, Software-Hersteller und Cloud-Dienstleister sollte aber nicht das Recht haben, Zugriff auf unsere Daten zu haben. Das sind eure Daten, nicht ihre! Ob man damit in Zukunft tatsächlich strafbare Handlungen vermeiden kann, bleibt auch noch abzuwarten. Dazu kommt: Der Redmonder Konzern war nie Teil der international tätigen Strafverfolgungsbehörden, doch genau dazu macht man sich nun. Kritisch zu sehen ist auch das Angebot an jegliche Denunzianten, sich an sie wegen dem Fehlverhalten Dritter zu wenden. Von der Ankündigung, mit der Polizei und anderen Behörden zu kooperieren, einmal ganz abgesehen.
Angekündigte Totalüberwachung der perfekte Moment, um zu wechseln!
Wer bisher noch nicht genügend Argumente hatte, auf eine Linux-Distribution, freie Software zum Arbeiten und auf einen anderen Cloud-Anbieter zu wechseln, dem liefert einem diese Microsoft nun frei Haus! Natürlich ist der Wechsel zeitaufwändig und manchmal auch nervig. Nein, es gibt nicht für alle Microsoft-Produkte eine Open Source-Alternative, das ist auch klar. Viele kommerzielle Programme oder Erweiterungen sind nie für Linux erschienen. Auch bei Treibern für exotische Hardware oder beim Gaming mit dem PC sieht es eher mau aus.
Doch diese Einmischung in unser aller Leben, das sollte niemandem erlaubt sein! Ich lasse mir keinen Verhaltenskodex vorschreiben! Das sollten wir nicht zulassen und mit den Füßen abstimmen. Das ist sowieso das Einzige, was wir jetzt tun können.