Computer und Componenten liegen in einem Container und sind bereit, die Umwelt zu verschmutzen.
Computer und Componenten liegen in einem Container und sind bereit, die Umwelt zu verschmutzen.
Bildquelle: John Cameron, Lizenz

Arbeitet Microsoft nachhaltig? Wie Windows 11 die Umwelt zerstört

Mit dem Lebensende von Windows 10 werden Abertausende ältere PCs über Nacht zu Elektroschrott. Arbeitet Microsoft nachhaltig?

Man schmeißt keine Autobatterien ins Meer und man wirft seinen alten Rechner nicht in den Straßengraben. Wenn es nach Microsoft geht, ist der 15 Jahre alte Rechner nicht mehr zu gebrauchen. Klar, er könnte noch ohne Probleme als Dateiserver fungieren, euren Minecraft-Server hosten, oder mit Tools wie Immich sogar eure Handys aufräumen. Microsoft sagt aber: Dieses Jahr ist Schluss damit. Windows 10 wird Mitte Oktober ein letztes Mal mit Sicherheitsupdates versorgt und ist danach für Heimserver, die am Internet hängen, unbrauchbar. Arbeitet Microsoft tatsächlich nachhaltig, wie man es selbst behauptet?

4 Gigabyte RAM, UEFI & Secureboot Support, mindestens 64 Gigabyte SSD und natürlich eine Internetverbindung. Das klingt erst mal nicht nach viel für einen modernen Rechner. Da ist aber auch schon das Problem: Nicht jeder braucht ultramoderne Hardware. Nichtmal Dieter im Controlling mit seiner 400 MB Excel-Tapete benötigt einen neuwertigen PC, er braucht nur massig RAM.

Wenig Leistung, aber es reicht

Keine der vier Bedingungen konnte mein erster Rechner vorweisen. Der ausgemusterte Büro-PC, den meine Eltern für 50€ auf eBay geschossen haben, war mit 2 GB RAM, 40 GB HDD mit Schleifgeräuschen und einem Motherboard in proprietärer L-Form, auch damals schon kein Leistungs-Behemoth. Es war eher einer der Rechner, den man abends nicht herunterfuhr, damit man am Morgen den mehrminütigen Bootvorgang überspringen konnte.

Warum erzähle ich euch aber von der Gurke? Weil Microsoft sie getötet hätte, wäre ich dem Unternehmen beim vorletzten Umzug nicht aus Versehen zuvorgekommen. Bis 2019 hing der Rechner direkt am Internet und hat für meine Kommilitonen und mich unseren Minecraft-Server gehostet. Und nicht nur bei mir im Schrank lag ein Rechner der Geschmacksrichtung „Asbach Uralt“.

Alte Hardware weiterzuverwenden, kostet kein Geld

Bis heute stehen in vielen Unternehmen, besonders auch an schweren Maschinen, Rechner, die vom Leistungsprofil nur unwesentlich besser sind als mein erster Computer. Ab spätestens November sind sie Elektroschrott und landen in der Umwelt. Nicht im Straßengraben, versteht sich. Das wäre schlechte PR, aber in Afrika.

Nun verstehe ich durchaus, dass der Bedarf an Minecraft Servern im durchschnittlichen DAX-Unternehmen wohl auf lange Sicht gedeckt ist. Anlagensteuerungen brauchen aber selten die Leistung eines 4K Gaming-PCs und eher die eines Raspberry Pis. Sie sind aber dank Todes-proprietärer Software auf Windows angewiesen. Eine großartige Möglichkeit, um dem ausgedienten Bürorechner aus der Verwaltung neues Leben einzuhauchen. Das ist nicht nur gut fürs Budget, man kann auch ein paar Ersatzteile horten und so ein weiteres Jahrzehnt Lebenszeit für den Rechner ermöglichen.

Arbeitet Microsoft nachhaltig? Das Ausmaß der Umweltkatastrophe

Vier-Panel Meme zum Thema Recycling alter PCs. Anakin Skywalker (der spätere Darth Vader) und Prinzessin Leah sitzen auf einer Wiese Anakin sagt "I'm going to get rid of millions of old computers", worauf Leah optimistisch sage "You will recycle them, right?" gefolgt von einem close-up auf das Gesicht von Anakin und Leah stellt ihre Frage erneut, diesmal jedoch verunsichert.

Laut einer Schätzung sind mehr als 30 Millionen Rechner nicht mit Windows 11 kompatibel. Das sind 30 Millionen PCs, die ersetzt werden müssen. Selbst wenn jeder dieser Ersatzrechner nur 350 € kosten würde, wären das Kosten von über einer Milliarde Euro; Geld, das auch sinnvoller eingesetzt werden könnte.

In unserer unendlichen Güte lassen wir unsere alten Computer dem Globalen Süden zugutekommen, was zu Ballungszentren wie Agbogbloshie führt und sicherstellt, dass auch Kinder ihren Teil zum Unterhalt der Familie beitragen können. Die kleinen Finger sind ohnehin viel besser darin, die Drähte abzuwickeln.

Jeder Computer zählt für die Umwelt

Im Kampf gegen diese Menge an Rechnern, werden wir nicht viel machen können, wir können aber zumindest unseren Angehörigen, für die der Computer wenig mehr ist, als der Bootloader für den Browser, das Geld für eine Neuanschaffung sparen. Einfach schnell Linux Mint oder ein leichtes Ubuntu draufbügeln und Omas 4 cm dickes Fujitsu Siemens Lifebook kann auch noch die nächsten 10 Jahre seinen Dienst im Erstellen von Fotokalendern leisten. Das wäre nachhaltig und gut für die Umwelt.

Microsoft nachhaltig - Leitfaden für Führungskräfte
Jetzt mal ganz ehrlich, liebe Führungsetage von MS: Meint ihr das ernst?

Oder man nutzt eine Initiative wie Labdoo, um sein bestes Stück zumindest zu verschenken, damit sich jemand die Mühe macht, für karitative Zwecke Linux darauf zu installieren. Von solchen gemeinnützigen Bemühungen gibt es übrigens noch mehr.

Microsoft, Gebäude in Prag

Besser Microsoft nachhaltig entsorgen?

Wie rücksichtslos und umweltschädlich sich die Strategie von Microsoft auswirken würde, hat schon vorletztes Jahr ein Marktforschungsinstitut prognostiziert. In dem Licht betrachtet wirkt Microsofts eigener Leitfaden Nachhaltigkeit für Führungskräfte wie ein Witz! Den Leitfaden hätte das MS-Management wohl besser selbst beherzigen oder zumindest erstmal lesen sollen, bevor man unzählige funktionierende Geräte grundlos und aus reiner Profitgier für nutzlos erklärt!!!

Über

Moritz ist von ganzem Herzen Open-Source Programmierer. Neben regelmäßigen Commits für diverse Open-Source-Projekte verfasst er gelegentlich auch Texte für die Tarnkappe. Er findet es echt seltsam über sich in der dritten Person zu schreiben und merkt an, dass seine DMs für alles außer Marketing-Nachrichten offen stehen. Erreichbar ist er auf Matrix (@moritz:poldrack.dev), IRC (mpldr auf libera.chat) und Email (~mpldr/public-inbox@lists.sr.ht).