Patrick Breyer, Datenschutzexperte und Jurist, geht im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ausweispflicht von Prepaid SIM-Karten vor.
Ab dem 01.07.2017 dürfen Mobilfunk-SIM-Karten in Deutschland nicht mehr verkauft und aktiviert werden, bevor die Identität des Käufers durch ein gültiges Ausweisdokument überprüft wurde. Das sieht die Änderung des § 111, Absatz 1, Sätze 3-7 des Telekommunikationsgesetzes vom 27.06.2017 (BGBl. I S. 1963) vor. Gegen dieses Vorgehen hat der Datenschutzexperte der Piratenpartei, Patrick Breyer, nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, mit der Begründung, das wäre „nicht verhältnismäßig“ und käme einer Verletzung seiner Grundrechte gleich.
Breyer klagt gegen Ausweisplficht von Prepaid-Handys
Prepaid-SIM-Karten sind vor allem wegen der Möglichkeit, bei voller Kostenkontrolle mobil zu telefonieren, beliebt. Laut einer Statista-Umfrage war in Deutschland 2016 noch jeder dritte Mobilfunkanschluss eine Prepaid-Karte. Allerdings kam dieser SIM-Karten-Typ aber auch aufgrund seiner hohen Anonymität vermehrt bei der Verübung von Straftaten zum Einsatz.
Die Ausweispflicht kam als Folge der europaweiten islamistischen Anschläge als Teil eines großen Anti-Terror-Pakets, das im Eiltempo durch Bundestag und Bundesrat gewunken wurde. Aufgrund dessen wurden die Vorgaben zur Identifizierung von Prepaid-Karten-Nutzern nun verschärft. War es also bisher noch möglich, anonyme Daten, wie die einer anderen Person, bei der Registrierung von Prepaid-Handykarten anzugeben, um die eigene Identität zu verschleiern, so gilt ab 01.07.2017 ein Identifizierungszwang für SIM-Karten.
Dieses Vorgehen hält der Datenschutzexperte und digitale Aktivist der Piratenpartei Patrick Breyer für „nicht verhältnismäßig“. Auf 49 Seiten begründet Breyer seinen Schritt damit, dass er seine Rechte auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2, 1 GG) sowie auf freie Meinungsäußerung und freien Informationszugang (Art. 5 GG) verletzt sehe.
Freie Kommunikation ist nur anonym möglich
Mit den Worten: “Hinweisgeber und Presseinformanten sind ebenso auf anonyme Kommunikationskanäle angewiesen wie politische Aktivisten” und “Wirklich freie Kommunikation und Beratung sind nur im Schutz der Anonymität möglich. Wir sollten die Kommunikationsfreiheit nicht für eine so leicht zu umgehende Schein-Sicherheit aufgeben.”, verteitigt Breyer die Werte, die uns durch solche Maßnahmen allmählich abhanden kommen. Breyer befürchtet, wenn Menschen aus Furcht vor Nachteilen auf Kommunikation mit anderen verzichteten, schade dies nicht nur ihnen, sondern der demokratischen Gesellschaft insgesamt. Die schädlichen Nebenwirkungen eines allgemeinen Identifizierungs- und Ausweiszwangs für Mobiltelefonnutzer stehe in keinem Verhältnis zu dem erhofften Zusatznutzen.
Weiterhin würde der Ausweiszwang gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot verstoßen, denn die Wirksamkeit der Einführungsflicht wäre nicht nachgewiesen: Straftäter könnten sie dadurch umgehen, indem sie SIM-Karten untereinander tauschten. Demgegenüber überwiege das „gesellschaftliche Interesse an Anonymität“. Deren Verbot würde einen „Dammbruch für den Schutz der Privatsphäre“ bedeuten. Die Fernkommunikation sei generell besonders schutzbedürftig.
Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
Um diese Rechte zu wahren, legte daher Breyer eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Laut Pressemitteilung der Piratenpartei bestätigte das Gericht den Eingang dieser Verfassungsbeschwerde vom 31. Juli unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1713/17. Auch der Europäische Menschenrechtsgerichtshof befasst sich auf Antrag Breyers zurzeit mit dem deutschen Identifizierungszwang für SIM-Karten (Az. 50001/12).
Breyer sieht sich durch die Gesetzesänderung auch selbst unmittelbar betroffen und damit beschwerdebefugt i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG. Als Nutzer eines anonymen Mobiltelefons verliere er durch die weiter anfallenden Verkehrsdaten immer mehr an Anonymität. In absehbarer Zeit werde er auch eine neue Karte erwerben müssen.
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