Als erstes Bundesland gründet der Freistaat Bayern ein Landesamt für IT-Sicherheit für eine neue Ebene der IT-Sicherheit in Nürnberg.
Eine eigene Cybersicherheitsstrategie verfolgt offenbar der Freistaat Bayern mit der Gründung eines Landesamts für IT-Sicherheit in Nürnberg. Die Abwehr von Internetkriminalität und Cyberterrorismus, der Schutz von Behördennetzen und die Beratung von Bürgern und Kommunen sind die künftigen Hauptziele. Mit dem Aufbau des Landesamts wird ab sofort in Nürnberg begonnen. Bis 2025 sollen dort bis zu 200 IT-Sicherheitsspezialisten arbeiten, nach Informationen des Bayerischen Rundfunks.
Landesamt für IT-Sicherheit in Nürnberg geplant
Die Zahl von Hackerangriffen nehme täglich zu, teilte Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder am Mittwoch (09.11.2016) in München mit: Jeden Tag gebe es allein 40.000 Angriffe auf das bayerische Behördennetz, erklärte Söder weiter. Gleichzeitig werden die Angriffe professioneller, ausgereifter und trickreicher. Weltweit werden jede Sekunde zwei neue Virenprogramme ins Netz eingeschleust und pro Minute in Deutschland die Identitäten von zwei Internet-Nutzern gestohlen. In Deutschland sind bereits mehr als vier Millionen Bürger Internet-Angriffen zum Opfer gefallen. Experten schätzen den durch die Internetkriminalität verursachten Schaden für die deutsche Wirtschaft auf ca. 45 Milliarden Euro jährlich.
„Bayern gründet als erstes Bundesland ein eigenes Landesamt für IT-Sicherheit. Bis 2025 sollen in Nürnberg bis zu 200 IT Sicherheitsspezialisten Bayerns IT noch sicherer machen. Insbesondere auch unseren Bayern-Server und das bayerische Behördennetz“, kündigte Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder an. „Damit kann vorausschauend und effizient auf die immer neuen Cyberangriffe und Kriminalität im Internet reagiert werden. Gleichzeitig wird das neue Landesamt Bürger und Kommunen aktiv beraten und unterstützen“, so Söder weiter.
Abwehr von Internetkriminalität und Cyberterrorismus
Mit dem Landesamt wolle man eine neue Ebene der IT-Sicherheit erreichen – für Bürger, Staat und Kommunen. Neben der Beratung und Information zum sicheren Umgang mit IT wird die Abwehr von Cyberangriffen, die Analyse kompromittierter IT-Systeme und die Weiterentwicklung der Sicherheitskonzepte der Verwaltungsnetze zu den Aufgabenschwerpunkten gehören. Das neue Landesamt für IT-Sicherheit wird neben den klassischen Aufgaben der Hacker- und Cyberabwehr auch Sicherheitsaufgaben für andere Institutionen, wie die staatlichen Rechenzentren übernehmen. Beispiel hierfür ist die Verschlüsselung von digitalen Informationen. „Durch enge Kooperation mit der Wissenschaft und der bayerischen IT-Sicherheitsindustrie wird sichergestellt, dass ein schlagkräftiges und hochmodernes Hacker-Abwehrzentrum in Bayern entsteht“, sagte Söder.
Schutz von Behördennetzen
Söder kündigte ferner eine „IT-Feuerwehr“ an, um Kommunen, die Ziel von Hackerangriffen werden, zur Seite zu stehen: „Bürger und Wirtschaft müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten bei der Verwaltung gut und sicher aufgehoben sind.“ Das LSI wird auch Kommunen hilfreiche Informationen zur Absicherung ihrer IT-Systeme bereitstellen. Bereits heute können Kommunen das sichere BayernNetz nutzen. Sie erhalten auch Unterstützung vom Freistaat bei der Umsetzung von organisatorischen und technischen Maßnahmen, die das IT-Sicherheits-Niveau erhöhen. Das LSI soll künftig die Kommunen nicht nur beraten, sondern ganz konkrete IT-Sicherheitsdienstleistungen erbringen, z.B. praktische Hilfe vor Ort, wenn es einen Viren- oder Trojanervorfall gegeben hat. Das Landesamt wird eine „IT-Feuerwehr“.
Beratung von Bürgern und Kommunen
Zudem solle es eine Beratungsstelle für Bürger und eine „Bürgerhotline“ geben. Es wird regelmäßige Informationen zur aktuellen Gefahrenlage über die gängigen Informationskanäle, wie Twitter und Facebook, geben und wie man sich dagegen schützen kann. Eine „Bürgerhotline“ soll individuelle Unterstützung leisten. Ferner werden Schulungsangebote vor Ort angeboten über die BayernLabs, die „wir gleichmäßig über ganz Bayern verteilt aufbauen“, so Söder.
Das Landesamt siedelt man in Söders Heimatstadt Nürnberg an. Damit solle zum einen die Region strukturpolitisch gestärkt werden, zum anderen befinde sich dort eines der zwei großen bayerischen Rechenzentren, sagte der Minister. Noch in diesem Monat soll ein Aufbaustab, eine Gruppe von 30 Mitarbeitern, mit Geschäftsstelle im Heimatministerium in Nürnberg eingerichtet werden. Die Suche nach passenderen Räumlichkeiten lief bereits an. Ferner können dann Jahr für Jahr zwischen 25 und 30 IT-Spezialisten aufgestockt werden. Zwar sei der Markt für solche Fachkräfte begrenzt, meinte Markus Söder, doch bis 2025 sei die Sollstärke von rund 200 Mitarbeitern erreichbar.
Im kommenden Jahr wird das neue Landesamt dann offiziell starten. Man will es bis zum Jahr 2025 schrittweise weiter aufbauen. Das Landesamt für IT-Sicherheit wäre nach dem Heimatministerium und dem geplanten Gesundheitsministerium die dritte bayerische Behörde in Nürnberg. Die haushaltstechnischen Grundlagen für die Einrichtung des neuen Landesamts waren nach Angaben Söders bereits auf der Kabinettsklausur im Sommer am Tegernsee beschlossen worden.
Mit den insgeamt angeforderten 200 Spezialisten in der Endausbauphase hätte das neue LSI ein Drittel so viel Experten wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI. Aber immerhin zehnmal so viel wie das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, das 2017 vier neue Stellen erhalten wird.
Fazit
Söder hofft nun, die neue Behörde könnte einen zusätzlichen Schub für Nürnberg bringen. Die Region leide nach wie vor unter hoher Arbeitslosigkeit und brauche Unterstützung beim Strukturwandel.
Kritik gab es aus den Reihen der Union. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Peter Meyer beanstandete, die neue Behörde unterscheide sich nicht klar genug von andere Ämtern, die sich ebenfalls um IT-Sicherheit kümmerten. Er habe den Eindruck, dass das neue Landesamt für IT-Sicherheit (LSI) nur ein klangvollerer Name für die IT-Abteilung der Staatsregierung sei und vor allem dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Konkurrenz machen solle. Er nannte das Konzept „unausgegoren“.
Auch die Grünen warnten im Bayerischen Landtag die CSU davor, sich im Kampf gegen Cyberkriminalität zu verzetteln. Die Nürnberger Grünen-Abgeordnete Verena Osgyan verlangte, dass der Staat nicht drei Ämter nebeneinander für die gleiche Aufgabe schaffen solle. „Da wird überall auf kleiner Flamme gekocht“, sagte sie, „statt einmal richtiges Feuer zu schüren, um beim wichtigen Thema Cybercrime Dampf zu machen.“ Bislang gibt es das Kompetenzzentrum Cybercrime beim Landeskriminalamt und das Cyber-Allianz-Zentrum des Landesamts für Verfassungsschutz. Mit dem Landesamt für IT-Sicherheit schaffe die Staatsregierung die mittlerweile dritte Behörde in diesem Bereich, monierte die grüne Netzexpertin.
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