Die einst als datensparsam geltende Suchmaschine StartPage.com wird kritisiert. Wir arrangierten ein Interview mit dem Unternehmenssprecher.
Die einst als datensparsam geltende Suchmaschine StartPage.com wird seit letzten Oktober heftig kritisiert. Man verkaufte die Mehrheit der Anteile ausgerechnet an die Tochter eines US-amerikanischen Werbe- und Marketingunternehmens. Für viele Beobachter erscheint diese Kombination völlig absurd. Sie können nicht verstehen, warum ausgerechnet ein Datenbroker Anteile an den Suchmaschinen Info.com, Webcrawler.com und der Startpage besitzen will.
Deadline für Fragen an StartPage.com läuft bis zum 1. Juni!
In der Community genoß Startpage.com und dessen niederländische Betreibergesellschaft, die Surfboard Holding B.V., stets einen guten Ruf. Die Geschichte dieser betont datensparsamen Suchmaschine fing schon im Jahr 1998 an, als Ixquick das Licht der Welt erblickte. Wir schreiben jetzt das Jahr 2020. Auf das Web bezogen, sind 22 Jahre wahrlich eine Ewigkeit.
Im Herbst letzten Jahres wurde dann mit einem Paukenschlag bekannt, dass man der Privacy One Group Ltd. eine erhebliche Beteiligung am eigenen Unternehmen bzw. der Suchmaschine Startpage.com ermöglich hat. Und eben diese Ltd. steht im engen Zusammenhang mit der System1 LLC. Der Mutterkonzern hat seinen Sitz in den USA, wo Datenschutz bis heute ein Fremdwort ist. Außerdem verdient man bei der System1 LLC u.a. sein Geld mit der Auswertung von Daten. Das heißt konkret: Ein Datenbroker unterhält eine Tochtergesellschaft und diese erwirbt die Anteilsmehrheit an einer Suchmaschine, die jegliche Sammlung und Auswertung von nutzerbasierten Daten verurteilt. Klingt irgendwie extrem widersprüchlich, oder?
Das wäre in etwa so, als würde sich ein Pharmaunternehmen, das Pflaster gegen Nikotinsucht verkauft, bei einem Tabakhersteller einkaufen. Oder wenn Richard Stallman bei Apple anfangen würde. Der lauteste Verfechter für freie Software würde dann für sein größtes Feindbild arbeiten. Die beiden Vergleiche hinken auf die eine oder andere Weise. Und dennoch ist jetzt klar, worin der Widerspruch besteht…
Im Vordergrund eines jeden Datenschutz-Anbieters steht das Vertrauen seiner Anwender
Die wichtigste Währung von Datenschutz-Portalen ist das Vertrauen ihrer Nutzer. Zwar beteuert man, dass die Gründer von Startpage die Kontrolle über ihr Unternehmen behalten würden. Und doch riecht der Stallgeruch in dieser exotischen Mischung nun sehr merkwürdig. Ich persönlich möchte von Jörg Bauer, der seit 12 Jahren bei Startpage arbeitet, wissen, wie man das miteinander vereinbaren will. Da stehen völlig gegensätzliche Interessen im Raum. Obwohl der Mutterkonzern von der Auswertung von Daten lebt, will er keinen Zugriff auf die Suchverläufe haben? Mike Kuketz schrieb, für ihn sei Startpage seit der Übernahme regelrecht „wertlos“ geworden. Marketingtechnisch ungünstig war zumindest der Umstand, dass man anfangs nicht bekannt gab, wie hoch die Beteiligung ist. Später erst erfolgte die Meldung, es habe eine Übernahme gegeben, die Mehrheit gehöre den Gründern nun nicht mehr.
Letzte Woche rief mich Pressesprecher Jörg Bauer an, weil er sich mehr als fünf Monate nach der Veröffentlichung über den Inhalt von Sunnys Artikels beschweren wollte. Für eine Datenkrake würde er nie tätig werden, beteuerte er mir gegenüber. Unsere Darstellung sei in manchen Punkten irreführend oder schlichtweg nicht korrekt. Da sich niemand einen telefonisch vorgetragenen Katalog an Kritikpunkten merken kann, bat ich um eine Übermittlung per E-Mail. Doch bevor er das tun konnte, entwickelten wir die Idee für ein Community-Interview. Es macht doch viel mehr Sinn, selbst offene Fragen zu stellen, statt einen uralten Beitrag mit Ergänzungen zu überfrachten. Herr Bauer findet die Idee gut und hat der Aktion sofort zugestimmt.
Ring frei!
Jeder kann sich nun nach Herzenslust beteiligen. Es gibt viele Dinge, die man ansprechen kann. Bei allzu ausweichenden Antworten von Startpage.com würden wir dann nochmals mit Rückfragen nachhaken. Bei Bedarf auch mehrfach. Doch das wird hoffentlich nicht nötig sein.
Bitte berücksichtigen: Stellt Eure Fragen durchweg konstruktiv! Mit Anfeindungen o.ä. kommen wir nicht weiter. So oder so läuft die Deadline am 1.6.2020 ab. Danach können wir leider keine weiteren Fragen annehmen. Wir werden die Fragen wie üblich dem Inhalt nach sortieren, bearbeiten, mit eigenen Ideen ergänzen, um sie dann zu übermitteln. Wir hoffen bei diesem spannenden Thema auf eine rege Beteiligung.
Tarnkappe.info