Laut der UNESCO gehen in Nigeria und in anderen afrikanischen Staaten durch die grassierende Piraterie bis zu 75% der Filmeinnahmen verloren.
Für die Filmproduzenten in Nigeria war der Januar ein guter Monat mit rekordverdächtigen Einspielergebnissen neuer Werke. Der neueste Film der nigerianischen Schauspielerin und Produzentin Funke Akindele, „A Tribe called Judah„, schrieb Geschichte. Die Komödie spielte innerhalb von 21 Tagen umgerechnet 1,6 Millionen US-Dollar ein.
Toyin Abraham, eine weitere nigerianische Filmemacherin, stellte ebenfalls einen persönlichen Rekord auf, als ihr neuestes Drama, „Malaika„, in einem Monat 315.000 US-Dollar an den Kinokassen umsetzte. Der Erfolg dieser Filme gefährden jedoch einige Schwarzkopierer, die die Filme hauptsächlich illegal in den sozialen Medien verbreiten.
„Ich fragte meinen Manager: Träume ich das etwa?“
Toyin Abraham erzählte auf einer Pressekonferenz, dass sie in Tränen ausbrach, als sie ihren Film „Malaika“ im Internet entdeckte. Zahlreiche Mitbürger aus Nigeria haben in verschiedenen sozialen Netzwerken illegale Streaming- und Download-Links verteilt. Abraham fragte ihren Manager, ob das die Realität sein kann. Er antwortete ihr, dass sie nicht träumen würde.
Nicht nur die Kreativwirtschaft von Nigeria betroffen
Die UNESCO schätzte schon im Jahr 2021, dass 50 % bis über 75 % der Filmeinnahmen afrikanischer Produzenten durch Piraterie verloren gehen. Abraham sagt, sie habe gesehen, wie ihr Lebenswerk förmlich „den Bach hinunter ging„. Sie kontaktierte einige Täter. Sie flehte die Schwarzkopierer online an, ihr Treiben einzustellen. Doch ihre Bemühungen blieben ohne Erfolg.
Unter dem Hashtag #latestnollywoodmovies2023 haben Unbekannte bei YouTube zahlreiche afrikanische Kinofilme ungekürzt in hoher Qualität hochgeladen. Google scheint das egal zu sein.
Popularität ist Fluch und Segen zugleich
Nach Angaben der Cinemas Exhibitors Association of Nigeria (CEAN) ging der Ticketverkauf von Funke Akindele’s „A Tribe Called Judah“ zwischen dem 12. Januar 2024 und dem 18. Januar 2024 um satte 55% zurück. Der Rückgang fällt exakt mit dem Zeitraum zusammen, in dem die Nachricht von dem rekordverdächtigen Erfolg Schlagzeilen machte. Durch die Medienberichte wurde der Film ungewollt auch bei vielen Online-Piraten bekannt. Schon bald überschwemmten illegale Links zum Film die sozialen Medien.
Enge Vertraute der Filmemacherin versuchten die Fans ohne Erfolg dazu zu animieren, sich für den Film ein Ticket zu kaufen. Zahlreiche Personen gaben zur Antwort, sie hätten eigentlich nur darauf gewartet, dass die Links verbreitet würden, damit sie für den Konsum nichts bezahlen müssen.
Der Kampf gegen die Hydra findet nicht nur in Nigeria statt
Um die Einnahmen des Films zu retten, riefen Abraham und ihr Team verzweifelt Techniker und Social-Media-Plattformen an, die in aller Eile begannen, die Links zu entfernen. Doch es war sinnlos. Zwar konnte man einige Links löschen, doch der Streifen ist weiterhin problemlos illegal verfügbar. Die Polizei von Nigeria wurde zwischenzeitlich ebenfalls aktiv. In der Stadt Lagos verhaftete man fünf Verdächtige. Man wirft ihnen vor, das Werk illegal im Internet verbreitet zu haben.
Toyin Abraham ist an ihnen nicht interessiert. Ihr geht es um die Person, die frühzeitig eine hochwertige Kopie ihres Werkes in die Hände bekommen konnte, um sie in Nigeria in Umlauf zu bringen. Sie möchte die Quelle des Leaks kennen. Abraham hat sich geschworen, den Kampf gegen die Piraterie persönlich aufzunehmen und betonte gegenüber TRT Afrika: „Es geht nicht nur um mich, sondern um die gesamte afrikanische Kreativindustrie„.
Afrikanische Piraterie hat viele Ursachen
Laut der UNESCO „haben kommerzielle Kinobetreiber lange um ein tragfähiges Geschäftsmodell gekämpft, da es in vielen Ländern keine Kinokultur gibt, die Piraterie lähmend wirkt, das Angebot an qualitativ hochwertigen lokalen Filmen unzureichend oder unzuverlässig ist und das lokale Publikum nur über ein begrenztes Einkommen verfügt.
Die illegale Ausbeutung von geistigem Eigentum hat Auswirkungen auf die gesamte Branche, von ausländischen Verleihern bis hin zu einheimischen Filmschaffenden. Während die illegale Vervielfältigung und der Verkauf von Filmen und Fernsehserien auf DVDs oder neuerdings auch auf digitalen Dateien ein Hauptaspekt der Piraterie ist, kann sie auch die Form der unlizenzierten Fernseh- oder Internetausstrahlung von Inhalten annehmen, sowie die Piraterie des Sendesignals selbst„, so die Studie der UNESCO.