Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft Koblenz wurde das ZAC NRW in Köln nicht wegen dem Kauf illegaler Win 10 Keys aktiv. Ein lokales Phänomen?
Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft Koblenz sind die Kollegen in Köln beziehungsweise das ZAC NRW nach Auskunft des Pressesprechers nicht wegen dem Kauf illegaler Windows 10 Keys aktiv geworden.
ZAC NRW gab keine Fälle an örtliche zuständige Staatsanwälte ab
Dr. Christoph Hebbecker, der Pressesprecher der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW), gab heute bekannt, seine Stelle sei in der Vergangenheit nicht wegen dem Kauf von Windows 10 Lizenzen aktiv geworden. Laut Medienangaben hat die Staatsanwaltschaft Koblenz über 10.000 Fälle an die zuständigen Staatsanwaltschaften zur weiteren Bearbeitung abgegeben. Diese schreiben nun die Personen an, die nachweislich via eBay die Windows 10 Keys erworben haben.
Der Betroffene, der sich bei uns vor Wochen in der öffentlichen Telegram Gruppe gemeldet hatte, bekam seine Vorladung von einer Staatsanwaltschaft im Bergischen Land (NRW) zugestellt. Ein eBay-Händler mit dem Pseudonym Kuddel80 hatte ihm den Key verkauft. Sein Realname ist dem Käufer nicht bekannt. Der Händler ist bei eBay auch nicht mehr auffindbar.
Der Betroffene bezahlte per PayPal. Der Händler nutzte eine E-Mail-Adresse von Protonmail. Man darf aber getrost davon ausgehen, dass man den Tatverdächtigen über den Zahlungsdienstleister PayPal und nicht via Protomail ausgemacht hat. PayPal besitzt im Bedarfsfall alle Daten und gilt als auskunftsfreudig. Der außerhalb der EU ansässige E-Mail-Anbieter verfügt nicht unbedingt über den Namen oder Anschrift seiner Kunden.
Windows 10 Keys: läuft die Verfolgung Tatverdächtiger primär lokal ab?
Auf unsere heutige Presseanfrage teilt uns Herr Dr. Hebbecker Folgendes mit:
Nach Rücksprache mit den zuständigen Kollegen kann ich mitteilen, dass aktuell eine Häufung derartiger Verfahren hier nicht feststellbar ist und dieser Phänomenbereich auch nicht zur Einleitung eines entsprechenden Verfahrens bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC NRW) geführt hat. Vielmehr werden derartige Verfahren wegen des Verdachts der Urheberrechtsverletzung bei den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften, so auch bei der für Computerkriminalität im Allgemeinen zuständigen Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Köln, geführt. Zur konkreten Anzahl der dort geführten Verfahren liegen mir leider keine Informationen vor.
eBay oder Lizengo ursächlich für Vorladungen?
Der ebenfalls in Köln beheimatete Rechtsanwalt Christian Solmecke hingegen vermutet, dass es sich bei den Angeschriebenen in den letzten Wochen vermehrt um ehemalige Lizengo-Kunden handeln könnte.
Im November 2020 stellte Lizengo einen Insolvenzantrag. Seit Februar 2021 ist die Webseite des Kölner Online-Händlers nicht mehr erreichbar. Zumindest das Timing klingt stimmig. Allerdings gibt es keine Beweise dafür, dass die angeschriebenen Tatverdächtigen tatsächlich bei diesem Anbieter zugeschlagen haben. Auch lag der Preis ihrer Keys weit über fünf Euro. Lizengo bot die Lizenzen zudem primär beim Lebensmitteleinzelhändler Edeka zum Kauf an.
Zuständig für Lizengo ist aber die Staatsanwaltschaft Köln. Eben diese hatte auch die Razzia der privaten und betrieblich genutzten Räumlichkeiten im August 2020 veranlasst. Das ZAC NRW wäre in die Aktion sicherlich involviert gewesen. Was an verschickten Vorladungen noch nicht rausgegangen ist, kann natürlich noch passieren. Wir werden das Szenario weiter beobachten. Wer eine Vorladung erhalten hat, möge sich bitte bei uns melden. Wir werden alle Anfragen stets streng vertraulich behandeln.
Vorladung wegen dem Kauf dubioser Windows Keys erhalten?
Eine Vorladung ist im Prinzip nichts weiter als eine Mitteilung über einen ungefragt anberaumten Termin der örtlichen Polizei. Entgegen der landläufigen Meinung ist der Angeschriebene eben nicht dazu verpflichtet, persönlich zu erscheinen. Diese Briefe sollte man vielmehr als „Einladungen für Beschuldigte“ bezeichnen. Das wäre deutlich passender. Aber wer würde dann noch kommen?!?
Schweigen ist Gold
Ob die Vorladung nun vom ZAC NRW oder von wem auch immer stammt, ist egal. Im Idealfall sagt man den Termin schriftlich ohne Angabe von Gründen ab. Die Akteneinsicht kann leider nur ein Anwalt beantragen. Bis zur Überstellung der Dokumente steht man völlig im Dunklen, was die Polizei überhaupt konkret von einem will. Diesen Vorteil nutzen Polizeibeamte gerne bei Gesprächen. Bedrohlich ist auch die Tatsache, dass sie juristisch zumeist weitaus besser geschult sind, als die Bürger, die sie vorgeladen haben. Von jeglicher Kommunikation mit der Polizei sollte man grundsätzlich absehen. Das kann für die Betroffenen nur nach hinten losgehen.
Dazu kommt: Das Schweigen dürfen uns die Behörden grundsätzlich nicht negativ auslegen. Bei Gesprächen angebotene Deals zur Strafmilderung sind für die Polizisten zudem gar nicht bindend. Derartige Verhandlungen können und dürfen nur Staatsanwälte führen, weil auch nur sie darüber entscheiden ob ein Verfahren eingestellt wird. Auch bzw. gerade als Unschuldiger sollte man sicherheitshalber schweigen.
Wie soll ich mich verhalten?
Wer Akteneinsicht haben will oder sich vertreten lassen möchte, sollte am besten einen Fachanwalt für IT- und Medienrecht einschalten. Klar kostet das Geld. Aber dann kann einen niemand mehr über den Tisch ziehen. Völlig überzogene Geldstrafen muss man dann auch nicht mehr befürchten. In solchen Fällen sollte man lieber für ein ausgeglichenes Verhältnis sorgen. Als Rechtslaie ist man bei der Polizei aufgrund von deren Ausbildung stets im Nachteil.
Wer betroffen ist und einen Namen genannt bekommen möche, der möge sich bitte bei uns melden. Wir geben unsere Erfahrungen mit Fachanwälten bei Bedarf gerne weiter. Eine Rechtsberatung dürfen wir freilich nicht durchführen, das dürfen nur Anwälte. Und dies stets gegen Bezahlung.
Tarnkappe.info