Das Usenet war früher eine Diskussionsplattform, die später von kommerziellen Warez-Anbietern entdeckt wurde. Darauf folgte eine besonders perfide Zensur.
Das Usenet war lange als eine der ehemals größten Diskussionsplattformen meist nur einer Reihe von technisch Interessierten bekannt. Als 2004 der Anbieter UseNeXt auf den Markt kam, ist jedoch eine zweite Verwendungsmöglichkeit der breiten Masse zugänglich: so genannte Binaries, sprich: Warez. Darauf folgte eine besonders perfide Form der Zensur, mit der das Usenet von Schwarzkopien befreit werden sollte.
Usenet nur für Downloads?
Heute, im Jahr 2016, nutzen viele User die Newsgroups. Allerdings von den meisten nur als Downloadplattform. Denn was lange Zeit nur eine kleine Gruppe von Insidern wusste, ist längst am Tageslicht und wird tagtäglich finanziell ausgeschlachtet. Das Usenet eignet sich auch wunderbar für das Herunterladen von Filmen, Spielen, Software und allem anderen, was das Leecher-Herz so begehrt.
Und es ist klar, warum die Plattform einen solchen Aufschwung erlebt hat. Anders als große Webwarez-Plattformen und P2P-Tauschbörsen sind alle Downloads 100% anonym, erreichen innerhalb von Sekunden maximale Geschwindigkeit, moderne Clients sind einfach zu bedienen, und es gibt vor allem ein gigantisches Angebot, das selbst so manche Torrent-Seite alt aussehen lässt. 25 Petabyte (=25.000 Terabyte) sollen es angeblich sein, die im Binärbereich des Usenet verfügbar sind, was ca. 5,5 Millionen gebrannter DVDs entspricht.
Einziger Nachteil: Teilweise gibt es einige Fake-Dateien und Viren, die es zu vermeiden gilt. Allerdings gibt es da noch ein anderes Problem. Gelöschte Dateien, ähnlich wie bei Filehostern, die man „gepetzt“ hat.
Copyright-Holder in Aufruhr
Natürlich stecken dahinter inzwischen nicht mehr einzelne Rechteinhaber, die einen Upload entdecken und sich gelegentlich einmal per E-Mail an den jeweiligen Usenet-Provider wenden um sich zu beschweren, sondern eine Gruppe von „Antipiraterie“-Unternehmen, die, wie bei Filehostern oder BitTorrent, systematisch Jagd auf Downloader machen. Kann man den Downloadern nicht direkt ans Leder, so muss zumindest der geschützte Content aus dem Netz verschwinden.
Im Usenet geschieht dies durch automatisierte Programme, sogenannte Bots, die systematisch nach Inhalten suchen und diese zur Löschung an den Provider weiterleiten. Nun würde man denken, dass Zensur und Löschung von Artikeln in einem so sehr auf freie Diskussion und unzensierten Datenzugang ausgelegten Netzwerk eine heikle Sache ist, bei der jede einzelne Anfrage erst einmal gründlich geprüft und begutachtet wird, bevor der Löschung stattgegeben wird. Leider ist dies nicht der Fall.
Automatisierte Löschungen: Wenn der Usenet-Provider nicht mehr prüft
Stattdessen haben die Anbieter, durch massiven juristischen Druck und überwältigt von gigantischen Mengen an DMCA-Anfragen, wie die nach amerikanischem Recht benannten Beschwerden bezeichnet werden, längst den Kampf aufgegeben und sind dazu übergegangen, Abuse-Meldungen einfach automatisiert zu bearbeiten. Eine Anfrage des Portals The Load Guru.com bei diversen Providern förderte Erschreckendes zutage:
Während sich viele große Unternehmen nicht in die Karten schauen lassen wollten, bestätigten andere die bittere Wahrheit, wenn auch meist mit der Bitte, anonym zu bleiben.
„Heutzutage sehen die Löschaufforderungen so aus, wie Spam-Mails von automatischen Bots.“
Unsere Anfrage: Wie gehen Sie mit DMCA-Löschanfragen um? Folgt die Löschung aufgrund einer manuellen Prüfung? Oder gibt es automatische Systeme, um die Anfragen abzuarbeiten?
Antwort: Wegen der Lücken in der DMCA-Gesetzgebung und der Masse an Anfragen gibt es keine Möglichkeit, diese manuell zu bearbeiten. Das ist bei jedem Usenet-Provider der Fall. Ich nehme an, sogar YouTube & Co. gehen genauso damit um, womit ich aber vom Thema abschweife.
Frage: Wie wird bei dem Vorgehen geprüft, ob die Löschaufforderung gerechtfertigt ist?
Antwort: Bei der DMCA-Gesetzgebung bestraft man die Usenet-Provider bei ungerechtfertigten Anfragen nicht. Man geht schlichtweg davon aus, dass alle Anfragen gültig sind.
Frage: Wenn sich herausstellt, dass eine Löschanfrage gerechtfertigt ist, in welchen Schritten gehen Sie vor?
Antwort: Wir entfernen das Material.
Frage: Schätzen Sie bitte, wie viele Löschanfragen Sie erhalten.
Antwort: Tausende jede Woche, das gilt übrigens für alle Usenet-Anbieter.
Frage: Gab es Beschwerden, weil man Dateien ungerechtfertigt entfernt hat? Wenn ja, wie oft passiert das? Wie gehen Sie dann weiter vor?
Antwort: Davon habe ich noch nichts mitbekommen, es könne aber natürlich geschehen. Man könnte dann argumentieren, das automatische System der Rechteinhaber funktioniert zu 100%.
„Früher gab es manchmal sogar manuelle Anfragen. Es gibt keinen Weg, die Bots zu überprüfen.“
Im Klartext: Automatisierte, in Massen generierte Takedown-Requests, beinahe ohne Kontrolle. Automatisierte Zensur? Ein Portal macht den Test – mehr dazu im nächsten Artikel.
P.S.: Der Artikel erschien zunächst in englischer Sprache auf TheLoadGuru.com. Die Fortsetzung ist bei Tarnkappe.info hier verfügbar.