Thema Usenet und die Bots der Rechteinhaber. Im zweiten Teil der Serie werden die DMCA Bots gründlich geprüft. Wie fehleranfällig sind sie!?
Im zweiten Teil unserer Serie zum Thema Usenet werden die automatischen Bots der Rechteinhaber in Tests auf Herz und Nieren geprüft. Wie intelligent können sie das Material ihrer Auftraggeber erkennen? Wie viele Löschanfragen sind korrekt, wie hoch ist die Fehlerrate? Kann man die Bots mit Spaßeinträgen hinter das Licht führen?
Dies ist der zweite Teil unserer Serie zum Thema Usenet und DMCA-Löschungen, der erste Teil ist hier verfügbar.
Praxistest: Löschroboter für das Usenet
Wie sich im ersten Teil klar herausstellt, sind Löschanfragen inzwischen vollautomatisiert und werden in solchen Massen eingereicht, dass kaum ein Usenet-Provider auf automatisierte, ungeprüfte Zensursysteme verzichten kann, wenn er nicht in massive rechtliche Schwierigkeiten kommen möchte.
Doch wie sieht das in der Praxis aus? Sind die Löschroboter wirklich so zielgenau, wie sie es vorgeben? Und was passiert eigentlich mit dem Poster, wenn der Rechteinhaber einen seiner Uploads moniert? Dies testete das Portal The Load Guru.com in seinem Beitrag „DMCA Takedowns“, mit erstaunlichen (oder auch weniger erstaunlichen Ergebnissen).
Im ersten Schritt recherchierten die Autoren in der Usenet Community von Reddit um herauszufinden, welche Dateien häufig und radikal von DMCA-Requests betroffen sind. Dabei macht bereits ein Detail stutzig: Diverse „Anti-Piraterie“-Firmen brüsken sich damit, Uploads bereits innerhalb von wenigen Minuten nach Veröffentlichung vom Netz zu nehmen. Wie kann das mit dem Anspruch übereinstimmen, gewissenhaft den Inhalt eines Posts zu prüfen, bevor er zur Löschung an den Provider weitergeleitet wird? Gar nicht, könnte man meinen… aber dazu später.
TV-Shows: innerhalb von Minuten gelöscht?
Schnell ließ sich aus den Antworten verschiedener User der reddit-Gruppe Usenet ableiten, dass TV-Serien wohl einer der sichersten und schnellsten Wege sind, wenn man möglichst schnell seinen Content im Usenet gepetzt (abused) bekommen möchte. Also wurde die populäre Serie „Games of Thrones“ ausgewählt, um den Test zu starten.
Dieser war wie folgt aufgebaut: Um das Verhalten der Löschroboter zu prüfen, wurden Testuploads gestartet, die sowohl in der Beschreibung als auch im Inhalt „echten“ Schwarzkopien verdächtig ähnlich sahen. Würde ein Post gelöscht, der ganz direkt und rotzfrech „Game.of.Thrones.S05E10“ heißt, wäre das wohl nachvollziehbar – hier scheint es ja geradezu ins Auge zu stechen, dass der Post nicht ganz mit Einverständnis der Rechteinhaber veröffentlicht wurde.
Was nun aber, wenn der Inhalt ein völlig anderer ist, z.B. ein Linux-Image und somit gar keine Videodatei? Oder wenn der Titel eines Posts ganz offensichtlich macht, dass keine echte Datei enthalten ist? Würden die Posts dann trotzdem aus dem Usenet entfernt werden?
Leider nicht ganz vollständig: die Ergebnisse
Sehr viele Variationen sind hier denkbar. Leider nahm sich das Portal nicht die Zeit, wirklich alle Variationen durchzuprobieren, und beließ es im Usenet bei einigen, wenigen Tests. Aber bereits diese waren sehr interessant.
Im ersten Test haben wir drei augenscheinliche „Episoden“ einer Serie hochgeladen. Und dies unter Namen, die wir stark an bereits gelöschte Posts angelehnt haben. Diese beinhalteten entweder ein Image der Linux-Distribution Ubuntu (teilweise so umbenannt, dass diese echten Video-Dateien ähneln) oder ein Film, ebenfalls teilweise umbenannt. Gemein war allen Posts, dass sie in keinem Fall urheberrechtlich geschütztes Material enthielten. Schon in diesem ersten Versuch wurden einige der Beiträge innerhalb weniger Tage gelöscht.
Eine Frage des Titels? der zweite Versuch
Im zweiten Schritt ging man einen Schritt weiter. Mit einem VPS-Server zum schnellen Hochladen bewaffnet ging es an die nächste Stufe: Der Test, ob die Bots verstärkt auf spezielle Titel und Beschreibungen reagieren. Könnte es sein, dass ein wichtiges Auswahlkriterium eine ganz besondere Beschriftung des Inhalts darstellte?
Also haben wir diesmal fünf Titel ausgesucht, die allesamt so schon einmal von DMCA-Bots abgeschossen worden waren. Wieder mit einer verdächtig umbenannten, jedoch harmlosen Videodatei gepackt, wurde den Beiträgen diesmal nur ein kurzes Leben zuteil. Ganze zwei (in Zahlen: 2) Tage dauerte es, da hatten sie bereits das Zeitliche gesegnet.
Erstaunlich schnell. Aber sicher war auch hier zumindest eine kursorische Prüfung durch die Rechteinhaber vorgenommen worden, oder? Was wäre, wenn der Posttitel im Usenet ganz offensichtlich auf kompletten Humbug hinwies… z.B. so:
– THIS IS A FAKE Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
– DONT DOWNLOAD THIS Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
– COMPLETELY BOGUS Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
– VERY MUCH LIKE Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
– REMINDS YOU OF Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
– ABSOLUTELY NOT Game.Of.Thrones.S05E01.FRENCH.720p.HDTV.x264-Scaph
Fazit: Bots sind nur semi-intelligent
Ergebnis: Nach zwei Tagen hatte auch die letzte dieser sechs Dateien das Zeitliche gesegnet. Dabei hätte ein einziger, kurzer Blick genügt, um zu bemerken, was da einfach so ohne mit der Wimper zu zucken weggepetzt wurde: Schlicht und ergreifend Spaßposts.
Dies wirft mit Sicherheit kein gutes Licht auf die Sicherheit des Usenets, sowohl als Diskussionsplattform als auch als Downloadarchiv. Längst hat es Einzug erhalten, dass Rechteinhaber ohne jeglichen Beweis einfach so Beiträge zum Abschuss freigeben und damit praktisch direkt zensieren können, ohne dass der Veröffentlicher etwas gegen diese Löschung tun kann.
Genau das beweist nämlich der dritte und beinahe spannendste Teil des Experiments: die Reaktion des Usenet-Providers Newshosting, den die Autoren zum Testen verwendet haben. Diesen veröffentlichen wir hier morgen bei uns..
Tarnkappe.info