Internet Archive
Internet Archive
Bildquelle: serenity_g

Internet Archive von Verlagen wegen Copyright-Verstößen verklagt

Verleger verklagen Internet Archive wegen dem kostenlosen Zurverfügungstellen von E-Books. Damit würden sie gegen das Urheberrecht verstoßen.

Während der Corona-Krise richtete Internet Archive ab dem 24. März 2020 eine National Emergency Library ein. Mit der Initiative wollten sie Schüler, Lehrer und Leser bei ihren Fernlernbemühungen unterstützen. Diese erhielten infolge freien Zugang auf über 1,4 Millionen E-Books. Jedoch sehen sie sich nun mit der Klage einiger Verlage konfrontiert, berichtet The New York Times.

Vor der Corona-Pandemie unterlagen die digitalen Buchkopien beim Internet Archive noch strengen Verleih-Regeln. Eine Ausleihe von E-Books war durch eine Warteliste begrenzt. Genauso, wie die Anzahl der verfügbaren gedruckten Bücher in einer Bibliothek begrenzt ist. Weil Schüler und Studenten Zugriff auf zugewiesene Lesungen und Bibliotheksmaterialien erhalten sollen, entfernte man vorübergehend die Wartelisten für Millionen von E-Books. Zudem wollte das Internet Archive damit gewährleisten, dass Menschen, die aufgrund von Quarantänemaßnahmen keinen physischen Zugang zu ihren lokalen Bibliotheken haben, sich in dieser Zeit der Ausgangssperre weiterhin bilden können.

Internet Archive bereits seit April unter Druck

Bereits im April sparten Urheberrechtsverteidiger nicht mit heftiger Kritik an den eingeleiteten Maßnahmen. Das brachte auch ein Brief des Republikaners, Senator Thillis, aus North Carolina an Brewster Kahle, den Gründer des Internetarchivs, deutlich zum Ausdruck:

„Mir ist keine Maßnahme im Rahmen des Urheberrechtsgesetzes bekannt, die es einem Benutzer urheberrechtlich geschützter Werke erlaubt, einseitig einen Notfall-Urheberrechtsakt zu schaffen. Ich bin in der Tat zutiefst besorgt darüber, dass Ihre „Bibliothek“ außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes operiert, das der Kongress erlassen hat und für dessen Änderung er allein zuständig ist.“

Verlage reichen aktuell Klage ein

internet archiveGegenwärtig beschuldigen ferner die US-Verlage Hachette Book Group, HarperCollins, John Wiley & Sons und Penguin Random House das Internet Archive der Piraterie mit dem Vorwurf, über eine Million Werke kostenlos online gestellt zu haben. Mit den kostenlosen E-Book-Kopien hätte man „die Autoren und Verleger in einem Moment der Einnahmen beraubt, in dem diese dringend benötigt wurden“. Sie reichten am Montag beim US-Bundesbezirksgericht in Manhattan Klage ein wegen „vorsätzlicher massenhafter Verletzung des Urheberrechts“. Die Verlage verlangen sowohl eine Schließung der Online-Bibliothek, als auch einen Schadenersatz sowie die in der Zeit erwirtschafteten Gewinne.

Die Klage spricht sich nicht nur gegen das Format der National Emergency Library aus, in dem E-Books uneingeschränkt ausgeliehen werden können. Man beanstandet außerdem, dass der langjährige Ansatz von Internet Archive bei der Ausleihe von Büchern „darauf abzielt, das sorgfältig kalibrierte Ökosystem zu zerstören, das Bücher ermöglicht. Bücher sind seit langem ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Fiktion und Sachliteratur versetzen uns in neue Welten. Sie erweitern unseren Horizont, geben uns eine Perspektive, spiegeln das ständig wachsende Wissen der Menschheit in allen Bereichen wider. Sie regen unsere Fantasie an und vertiefen unser Verständnis der Welt. Bücher erzeugen sich jedoch nicht von selbst. Sie sind das Produkt von Training und Studium, Talent und Tatkraft, Ausdauer und Kreativität, Investition und Risiko sowie unzähligen Arbeitsstunden. “

Verlage und Autoren bezeichnen die Zurverfügungstellung von E-Books als Diebstahl

Maria A. Pallante, Präsidentin der Association of American Publishers, bringt die Reaktion der Branche zum Ausdruck:

„Es ist nichts Innovatives oder Bahnbrechendes daran, vollständige Kopien von Büchern herzustellen, an denen man keine Rechte hat und sie kostenlos zu verschenken. Sie sind in die Bereiche der Buchbranche eingedrungen und haben die intellektuellen Investitionen der Autoren und die finanziellen Investitionen der Verleger übernommen. Sie mischen sich ein und verschenken diese.“

Bibliotheksgründer verteidigt sich

Brewster Kahle, der Gründer und Bibliothekar von Internet Archive, verteidigte seine Organisation. Er sagte, dass sie während der Coronavirus-Pandemie, als physische Bibliotheken geschlossen waren, nun als Bibliothek fungierten:

„Als Bibliothek erwirbt das Internet Archive Bücher und leiht diese aus, wie es Bibliotheken immer getan haben. Dies fördert die Bekanntwerden der Bücher und damit Autoren, aber auch Leser. Verlage, die Bibliotheken wegen Leihgabe von Büchern verklagen, in diesem Fall geschützte digitalisierte Versionen, während Schulen und Bibliotheken geschlossen haben, sind nicht im Interesse von irgendjemandem.“

Internet Archive nicht mit Bibliothek vergleichbar

e-book szeneBei Internet Archive läuft es jedoch anders als in öffentlichen Bibliotheken mit E-Book-Leihprogrammen. Herkömmliche Bibliotheken zahlen Lizenzgebühren an Verlage. Das Internetarchiv hingegen erwirbt Kopien über gespendete oder gekaufte Bücher, die dann gescannt und online gestellt werden. Kahle rechtfertigt sein Handeln damit, dass Lehrer während der Pandemie nach mehr Ressourcen suchten. Man wolle das Fernlernen nach der Schließung der Schulgebäude erleichtern. Autoren, die nicht wollten, dass ihre Arbeit auf der Website veröffentlicht wird, konnten sich abmelden. Diese Werke hat man entfernt. Einige Autoren hätten jedoch explizit darum gebeten, dass ihre Arbeiten aufgenommen würden, fügte Kahle hinzu.

In der Klage gibt es eine lange Liste von Autoren, die nicht mit den Praktiken einverstanden waren. Darunter Malcolm Gladwell, John Grisham und Elizabeth Gilbert. Douglas Preston, Schriftsteller und Präsident der Authors Guild, gab in einer Erklärung bekannt, dass

„das umfassende Scannen und Veröffentlichen von urheberrechtlich geschützten Büchern ohne Zustimmung der Autoren und ohne Zahlung eines Cents Piraterie ist. Diese würde sich hinter einem scheinheiligen Schleier des Progressivismus verbergen.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.