US-Senator Thom Thillis kritisiert die Notfallbibliothek vom Internet Archive. Man könne sich das Recht nicht einfach selbst zurechtbiegen.
Im Streit um die Rechtmäßigkeit der Notfallbibliothek vom Internet Archive (IA) schaltet sich jetzt die US-Regierung ein. Senator Thom Thillis beschuldigt den IA-Gründer, im Alleingang ein Notstands-Copyrightlaw geschaffen zu haben. Brewster Kahle wehrt sich aber gegen die Anschuldigungen. Er verweist auf die Verpflichtungen des Staates gegenüber den steuerzahlenden Bürgern. Dazu gehört nach seiner Meinung auch die Notfallbibliothek.
Der Brief des Senators
Einige Urheberrechtsverteidiger beschwerten sich über die Notfallbibliothek und prangerten die fehlende Autorenvergütung an. Nun meldete sich der Republikaner Senator Thillis aus North Carolina in einem Brief an Kahle zu Wort. Dieser schrieb, es finde derzeit eine Überprüfung statt, wie eine potenzielle Modernisierung aussehen könnte. Er kritisiert zugleich aber die Errichtung der digitalen Notfallbibliothek, die rund 1,4 Millionen gescannte Bücher enthält und für jedermann ohne Einschränkungen zugänglich ist. „Mir ist keine Maßnahme im Rahmen des Urheberrechtsgesetzes bekannt, die es einem Benutzer urheberrechtlich geschützter Werke erlaubt, einseitig einen Notfall-Urheberrechtsakt zu schaffen. Ich bin in der Tat zutiefst besorgt darüber, dass Ihre „Bibliothek“ außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes operiert, das der Kongress erlassen hat und für dessen Änderung er allein zuständig ist.“
Notfallbibliothek: Online-Bibliothekar schießt zurück
Auf den Vorwurf reagierte der Gründer des Internet Archives nun in einem eigenen Brief an den Senator.„Glücklicherweise brauchen wir keinen „Notfall-Urheberrechtsakt“, denn die im Urheberrechtsgesetz kodifizierte Fair-Use-Doktrin bietet Bibliotheken und anderen die Flexibilität, sich an veränderte Umstände anzupassen“, verteidigt er sich.
Letter from Senator Thom Tillis, Chairman, Subcommittee on Intellectual Property, United States Senate, to Brewster Kahle, founder and digital librarian of the Internet Archive, April 8, 2020. pic.twitter.com/cuBy9m73MK
— Jason Scott (@textfiles) April 13, 2020
Kahle ist fest davon überzeugt, dass die Nationale Notfallbibliothek in einer Zeit der nationalen Krise von wesentlicher Bedeutung sei. Sie funktioniere dabei sogar innerhalb der Grenzen der bestehenden Urheberrechtsgesetzgebung. „Die Nationale Notfallbibliothek wurde entwickelt, um einen vorübergehenden und bedeutenden Bedarf in unseren Gemeinden zu decken. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Nation ist das gesamte physische Bibliothekssystem offline und nicht verfügbar“, prangert Kahle an.
Internet Archive-Gründer: Senator muss im Interesse der Bürger handeln
Dann appelliert er an die Moral des Senators: „Ihre Wähler haben für Millionen von Büchern bezahlt, zu denen sie derzeit keinen Zugang haben“, sagt er und spielt damit auf steuerzahlende Bürger an. Die National Emergency Library, so Kahle, soll deswegen die Lösung des Problems sein. Diese ermögliche den Lehrern, Schülern und Gemeinden den Zugang zu Lernmaterial. So können sie Bücher erhalten, ohne warten zu müssen, bis andere Leser ihre Exemplare fertig gelesen haben.
Der Online-Bibliothekar räumt jedoch ein, dass er sich besser mit Politik und Urhebern hätte verständigen müssen. Die meisten Werke seien aber ohnehin eher ältere Bücher. Wolle jemand sein Werk nicht in der Notfallbibliothek sehen, könne die Person das mitteilen. Daraufhin würde man das entsprechende Buch entfernen.
Tarnkappe.info