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»Wer Bücher schreibt, geht ein Risiko ein.«

Egal was für Bücher man schreibt, man muss der Realität ins Auge schauen und wichtige Fakten akzeptieren. Moritz Sauer beschreibt welche ...

Was man beim Schreiben eines eigenen Buches bedenken sollte

Moritz »mo.« Sauer liebt und lebt digitale Kultur. Computer begleiten ihn seit seiner Jugend. Mit einem C64 fing alles an, später folgte ein Amiga, dann ein PC, und dann noch einer und so weiter. Als Realist verleugnet er nicht die Möglichkeiten des Webs, analysiert als Journalist neugierig Trends und ärgert sich als Buchautor ziemlich über zahlreiche Kommentare zu Thomas Elbels Artikel. In seinem Beitrag beleuchtet er das Thema noch einmal aus einem anderen Blickwinkel mit dem Wunsch, mehr Licht ins Dunkel zu bringen und die Qualität der Diskussion zu füttern.

Ein Autor stellt sich vor

Hallo, mein Name ist Moritz »mo.« Sauer ich bin Journalist, Webdesigner, Berater und Dozent. Außerdem bin ich noch Autor. Genauer gesagt, Sachbuchautor von mittlerweile vier Büchern, die im renommierten O’Reilly Verlag erschienen sind. Die Bücher kreisen um mein Lieblingsthema »Digitales Publizieren im Internet«. Gemeinsam mit Lars Sobiraj produziere ich die YouTube-Sendung digitalKultur.TV.

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Das Risiko: Was Autoren heute klar sein sollte

Egal welche Art von Buch man schreibt, muss man heutzutage der Realität ins Auge schauen und wichtige Fakten einfach akzeptieren. Diese Tatsachen sind vor allem zwei Dingen geschuldet: der digitalen Vernetzung und den preiswerten/billigen Produktionsbedingungen.

  • Es war niemals zuvor einfacher ein Buch (raubzu)kopieren – nämlich zum Nulltarif in digitaler Form.
  • Niemals zuvor hatten Menschen so einen freien und mit wenig Kosten behafteten Zugang zur Produktion von Büchern (Musik, Videos, Audio,…).
  • Niemals zuvor war der Markt so übersättigt und enstanden so viele Medien (Bücher, eBooks, Musik, Videos…).

Das Resultat…

  • …ist eine größere Konkurrenz, die man ausstechen muss.
  • …sind billigere Preise für Endkonsumenten.
  • …sind geringere Einnahmen für (Medien-)Produzenten.
  • …ist eine Unzahl an schlechten Medienproduktionen.

Warum ich meine Sachbücher schreibe

Ein großer Unterschied zwischen mir und Thomas Elbel ist das Buchformat. Ich schreibe keine Literatur, sondern Sachbücher. Meine Bücher haben eine kurze Lebensdauer (maximal zwei Jahre), weil Technologie wie Software und Hardware sich rapide entwickeln. Schnell veralten somit Screenshots, fehlen neue Funktionen, und, und, und…

Das ist ein kalkuliertes Risiko, dass ich eingehe, welches mir aber erst nach meinem Debüt »Websites für Musiker, DJs und Netlabels« erst bewusst geworden ist. Meine Bücher schreibe ich aus zwei Gründen:

  1. Ich will das Thema einfach als Buch veröffentlichen.
  2. Ich will mich zu dem Thema als Experte positionieren.
  3. Mir ist wichtig, mich und mein Können der Kritik zu stellen, um es zu verbessern.

Eines der Hauptziele meines ersten Buches war, dass ich Seminare und Workshops geben wollte und dachte, dass mir eine Buchveröffentlichung bei der Positionierung in einem guten Verlag helfen würde. Ich habe Glück gehabt und der beste Verlag hat meine erste Idee aufgegriffen und in mich investiert. Ob die Idee funktioniert, war unklar.

Wie viel Zeit ich in ein Buch investiere und was an Geld herauskommt

Für mein erstes Buch im Jahr 2005 hat mir mein Verlag 2.000,00 € Vorschuss gezahlt. Dieses wurde mit den Tantiemen verrechnet. Am Ende war das Buch ein so genannter »Flyer«. Das Buch ist nicht abgestürzt, es war aber auch kein Bestseller. Es hat sich ein bisschen mehr als 1.000 Mal verkauft. Der Verlag war zufrieden, ich sowieso. Und die unzähligen Male, wenn in Bibliotheken mein Buch oder Ausschnitte davon kopiert wurden, sind in diesen Verkäufen nicht mit einberechnet. Zum Glück gibt es dafür noch ein wenig Geld von der VG Wort, sofern man sein Buch dort anmeldet.

Das Buch habe ich kontinuierlich über einen Zeitraum von ca. sechs Monaten geschrieben und wenig Zeit gehabt, andere Aufträge zu bearbeiten. Hier ungefähre Fakten zu meinen drei weiteren Büchern. Aus Faulheit grabe ich jetzt nicht meine Abrechnungen heraus. (Stand Januar, 2014)

»Weblogs, Podcasting & Online-Journalismus«
Arbeitszeit: 6 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.000
Einnahmen: ca. 2.000,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2006, 1. Auflage
»Blogs, Video & Online-Journalismus«
Arbeitszeit: 5 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.200
Einnahmen: ca. 2.200,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2010, 2. Auflage
»Das WordPress-Buch«
Arbeitszeit: 4 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.000
Einnahmen: ca. 2.200,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2013, 1. Auflage

Ein gutes Netzwerk ist wichtig

Eigentlich müsste ich noch ein paar Kröten abziehen, da ich mein Buch Anderen kostenlos in die Hand gedrückt habe, in der Hoffnung, dass sie über das Buch schreiben oder aufgrund des Buches einen Auftrag oder Job vermitteln. Natürlich hat auch der O’Reilly Verlag Medien und Journalisten mit Rezensionsexemplaren versorgt.

Dank meiner Kontakte als Journalist wurden die Bücher in einigen Printmedien und Radiosendungen vorgestellt. Dieses Netzwerk habe ich vorher jahrelang aufgebaut. Das ist bereits geleistete Arbeit.

Hier kurz eine Anmerkung zum Thema »Crowdfunding«. Crowdfunding funktioniert nur dann, wenn man bereits eine Fan-Basis hat. Wer keine Fans hat, der hat niemand, den er benachrichtigen kann, dass er ein unterstützenswertes Projekt startet. Und eine Fan-Basis baut man sich durch – in der Regel – viel unbezahlte Arbeit auf. Diese Tatsache vergessen viele, die immer behaupten: »Dann betreib’ doch Crowdfunding!«.

Schaut man sich erfolgreiche und teilweise abgefahrene Crowdfunding-Projekte an, dann erkennt man schnell, dass die meisten bereits eine großen Bekanntheitsgrad in ihrer Community (Chris Hülsbeck, Double Fine Adventure,…) oder als Produzent besitzen. Die meisten Projekte gehen auch in Vorleistung und stellen oft bereits funktionierende Prototypen vor (Ouya, WakaWaka Power).

Wie ich wirklich mit Büchern Geld verdiene

Wie oben erwähnt, schreibe ich Sachbücher, also Bücher, die Menschen etwas beibringen. Mein aktuelles Buch »Das WordPress-Buch« habe ich nur geschrieben, weil ich weiß das WordPress ein erfolgreiches Redaktionssystem ist. Zur Zeit ist WordPress sehr beliebt, darum war ich sicher, das es sich gut verkaufen lässt und dass ich es weiter pflegen werde ohne bei jedem neuen Buchversion von vorne neu anzufangen. Es sieht gut aus und es ist das Buch, dass am Besten fliegt und wirklich sehr gute Kritken bei Amazon einfährt.

Richtiges Geld verdiene ich mit meinen Workshops und Kursen, die gut besucht sind und die Resonanz ist positiv. Das Buch ist eine Art Medaille, die ich mir hart erarbeitet habe und mit welcher ich mich von anderen WordPress-Trainern abhebe.

Schreiben ist Handwerk und es braucht seine Zeit

Ein guter Autor fällt nicht vom Himmel. Genauso wenig wie ein Schreiner, Programmierer oder Automechaniker. Harte Arbeit, Praxis und Kritikfähigkeit sind Vorraussetzungen, dass man besser wird. Darum geht man in die Lehre, macht ein Studium, ein Praktikum oder Volontariat.

Wenn ich meine Bücher sprachlich vergleiche, dann denke ich nur: »Lass mal meine ersten zwei Bücher im Schrank. Und bitte kram’ erst recht nicht meine Diplomarbeit aus irgendeiner Ritze meiner Festplatten.«

Mit Übung, Wille und Dank meiner unnachgiebigen Lektorin, sind meine Bücher immer besser geworden, als wenn ich sie alleine geschrieben hätte. Gleiches gilt für andere Autoren. Wer denkt, dass Haruki Murakami oder George R. R. Martin sofort Bestseller veröffentlicht hätten, der tut mir in seiner Naivität leid.

Warum sind manche so gehässig gegenüber Autoren?

Viele gehässige, abwertende oder unwissende Kommentare zum offenherzigen Artikel von Thomas Elbel ärgern mich. Ich habe keines der Bücher von Thomas Elbel gelesen. Trotzdem liest man in seinem Beitrag, dass er hart an sich arbeitet und dafür bereit ist Geld zu investieren. Es ärgert mich aber auch menschlich, wie aufgeblasen viele Kommentare daherkommen.

Diese Kommentarschreiber haben einfach keine Ahnung und maßen sich an, sie wüssten so viel. Bitte produziert selbst einmal ein aufwendiges Projekt und ihr werdet entdecken, wie viel Arbeit in dieses Projekt fließt, die Ihr gar nicht habt kommen sehen.

So wenig wie ihr Euch anmaßen würdet, die gute Arbeit eines Rohbauers, Software-Entwicklers, Ingenieurs, Chemikers, Schreiners, Elektrikers,… zu beurteilen, so viel Respekt solltet ihr vor Künstlern, Autoren, Regisseuren, Produzenten oder Musikern haben. Wenn Ihr nicht halb so gut Klavier spielen könnt, wie Lang Lang, dann könnt ihr nicht abschätzen, wie viel er für sein Können gearbeitet und geopfert hat.

Wenn Ihr nie einen eigenen Film mit Schauspielern produziert habt, wisst Ihr nicht wirklich wie viel eine solche Produktion kostet und wie viel Herzblut dort hinein fließt. Und wenn Ihr nie mehr als 80 Seiten eines Skriptes, Hausarbeit, Diplomarbeit, Kurzgeschichte oder eines Sachbuches geschrieben habt, dann könnt ihr eine solche Arbeit einfach nicht beurteilen.

Was Ihr beurteilen könnt, ist ob das Buch spannend, der Film unterhaltsam oder die Musik gerockt hat. Aber wie viel Arbeit in einem Daft Punk-Album, einem Herr der Ringe-Roman oder einem Film wie Inception steckt, könnt Ihr nicht beurteilen. Ich übrigens auch nicht, weil ich nichts Ähnliches bisher produziert habe.

Wichtige und spannende Thesen von Tim O’Reilly zum Thema

Die folgenden Thesen stammen von Tim O’Reilly einem der wichtigen Vor- und Mitdenker zum großen Thema digitale Kultur, digitale Ökonomie und digitale Entwicklungen. Das Original »Piracy is Progressive Taxation« kommentiert und übersetzt Alexander Plaum im deutschen O’Reilly-Blog.

Die Thesen stellen sich der Realität, rechtfertigen aber nicht eine ungefragte Kopie.

  1. Obscurity is a far greater threat to authors and creative artists than piracy.
  2. Piracy is progressive taxation.
  3. Customers want to do the right thing, if they can.
  4. Shoplifting is a bigger threat than piracy.
  5. File sharing networks don’t threaten book, music or film publishing. They threaten existing publishers.
  6. Free is eventually replaced by a higher-quality paid service.
  7. There’s more than one way to do it.

Weitere Artikel zum Thema:

Thomas Elbel: Von Einem der auszog, ganz allein ein Buch zu veröffentlichen.

Matthias Wenzel: Internetpiraterie: Demokratischer Kapitalismus

Kaspar Dornfeld: Schreibegeld oder der feindliche Leser

Michael Hambsch: Crowdfunding funktioniert – aber nicht für Belletristik

Tarnkappe.info