Der Junge der US-Schule kann das Licht nicht mehr sehen
Der Junge der US-Schule kann das Licht nicht mehr sehen
Bildquelle: IgorVetushko, Lizenz

Glosse – unter dem Radar: Der satirische Monatsrückblick (April/2017)

Lesepflicht: Die Glosse für den April mit viel Getöse, Wahlkampf und vor allem Wahlkrampf. Wie immer böse und wie immer von Annika Kremer.

Deutschland steuert unaufhaltsam auf den Wahlkampf zu, der allzu oft eher in einen Wahlkrampf ausartet. Grund genug für alle an der Parteipolitik beteiligten Menschen, sich noch irrsinniger zu betragen, als sie das normalerweise tun. Schließlich müssen die Wählerinnen und Wähler überzeugt werden – und wie ginge das besser als mit Lügen, Verhaltenskreativität, Unhöflichkeit und kleinen Skandälchen? Wir schauen uns das in der Glosse mal genauer an.

Die Glosse – Monatsrückblick April 2017

Dergleichen sorgt im Privatfernsehen schließlich auch immer für Quote und dann wird es ja wohl auch in der Politik klappen. Zumindest ist diese Hoffnung die einzig logische Erklärung für das, was sich in Deutschland derzeit abspielt. Lassen wir einige Highlights der letzten Folge… pardon, des letzten Monats… revue passieren im satirischen Monatsrückblick.

Über den Wolken…

…muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, weiß ein alter Songtext. Grund genug für Menschen, denen Freiheit tendenziell eher Angst macht, dort einmal genauer hinzuschauen. Im Zuge dieser Bemühungen wird seit einer Weile die Fluggastdatenspeicherung diskutiert. Diese soll unter anderem auch die Verpflegungswünsche der Passagiere erfassen – Grund genug, auf jeden Fall Schweinefleisch zu bestellen, damit ja niemand glaubt, man wäre Muslim, und wichtiger noch, sich an Bord so richtig gepflegt zu betrinken. Ein Ausweichen auf Cola oder Kaffee könnte von übereifrigen Ermittlern als „Für mich bitte etwas Alkoholfreies, ich muss nachher noch fliegen“ ausgelegt werden.

Wer jetzt aber angesichts der Vorstellung von Bacon und einem netten Vollrausch über den Wolken schon erwägt, künftig Union zu wählen, dem sei gesagt, dass irgendwer die ganze Überwachung auch bezahlen muss – und unsere Abgeordneten, davon kann getrost ausgegangen werden, sind es nicht.

Da aber mittlerweile auch den Damen und Herren mit den dicken Diäten klar ist, dass horrende Kosten für Überwachungsprogramme eher so semi-populär sind – ihre Grundrechte geben viele Menschen wohl noch recht bereitwillig auf, aber beim Geld hört bekanntlich der Spaß auf – wird jetzt einmal genauer hingeschaut, was denn der Spaß so kostet. Vorschlag zur Güte: Jede Politikerin und jeder Politiker, die oder der zukünftig Dinge wie „abstrakt erhöhte Bedrohungslage“, „Kampf gegen den Terror“ und „wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“ sagt, muss einen Euro ins Phrasenschwein werfen. Damit wäre die Fluggastdatenspeicherung binnen kurzem finanziert – und es ließe sich sogar noch ein Gratis-Drink für jeden Flugreisenden drauflegen. Prost!

Da steht ein Pferd auf dem Flur…

Staatstrojaner, GlosseBetrinken sollte sich auch, wer sich mit einem weiteren Vorschlag unserer Regierenden befasst: dem nämlich, dass der sogenannte Staatstrojaner künftig auch bei Alltagskriminalität eingesetzt werden soll. Wenn wir schließlich schon ein Ermittlungsinstrument haben, dass extrem umstritten ist, Unsummen kostet und die Privatsphäre der Betroffenen massiv einschränkt, müssen wir es wenigstens auch gegen jeden Filesharer, Ladendieb und Freund exotischer Kräuter anwenden können. Sonst lohnt es ja nicht. So oder so ähnlich ist die Logik der Befürworter der neuen Regelung wohl zu verstehen. Auch das neue „Telekommunikationsüberwachungszentrum“, Regierungsdeutsch für „Dings wo eure Anrufe und Chats bespitzelt“, muss ja ausgelastet werden, ebenso wie die Trojaner-Variante, vor der selbst euer armes kleines Smartphone nicht mehr sicher ist. In diesem Sinne: Nunc est bibendi. Das ist wenigstens noch nicht verboten und somit auch kein Fall für den Staatstrojaner. So gerade eben nicht.

Bedroht in Cyberland

Aus der Reihe „die Wissenschaft hat festgestellt“ heute im Monatsrückblick eine weitere bahnbrechend neue und überraschende Erkenntnis: Internet-Kriminelle nehmen verstärkt die Industrie ins Visier. Moment mal. Die haben Geld, potentiell wertvolle Informationen und teilweise noch immer unzureichende Sicherheitskonzepte – und kriminelle Hacker greifen sie an? Krass. Demnächst erzählt man uns noch, dass Einbrecher bevorzugt reiche Haushalte ins Visier nehmen…

Glosse, Monatsrückblick, Kindergarten, PolitikAber natürlich geht es im Umfeld der Studie nicht ohne viel bedrohliche Rhetorik und mindestens ein „Cyber“ (diesmal kein extremistisches, da haben die Präventionsprogramme wohl gewirkt) pro Satz. Auch im Neuland gelten schließlich gewisse Konventionen. Wir dürfen allerdings hoffen, dass irgendwann in ferner Zukunft man mal sachlich und mit Fokus auf sinnvolle Sicherheitsmaßnahmen über das Thema redet. Irgendwann, wenn nicht nur Schweine, sondern auch Cybers fliegen.

Planlos und Spaß dabei

Wir hoffen, euch mit dieser Glosse unterhalten und zu einigen wertvollen Erkenntnissen verholfen zu haben. Was ihr wählt, wisst ihr zwar vermutlich immer noch nicht. Aber wenigstens haben wir hoffentlich neue Ansätze geliefert, einfach alle Politikerinnen und Politiker gleichermaßen auszulachen.

Viel Spaß dabei! Bis nächsten Monat zur nächsten Glosse!

Eure Annika Kremer.

Bildquellen der Glosse v.o.n.u.: bykst, macayran, hromann & geralt, thx! (CC0 1.0 PD)

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