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Bildquelle: piqsels

Unter dem Radar: Der satirische Monatsrückblick (Oktober/2017)

Der satirische Monatsrückblick der Tarnkappe: diesmal mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Neuigkeiten zum NSA-Skandal und dem Messenger Telegram.

Der Oktober, so hofften wir, hätte ein Monat himmlischer Stille und Einkehr werden können. Dazu bieten sich nicht nur die kürzer werdenden Tage und meditativ fallenden Herbstblätter an. Auch, dass wir endlich den Wahlkampf überstanden haben, hätte unseren Seelenfrieden erheblich vergrößern können. Allerdings verwende ich bewusst den Konjunktiv – denn natürlich kam es anders. Wieder einmal benahmen sich einige prominente Personen so aberwitzig, dass wir uns fast die Zeiten medialer Schrei-Wettkämpfe und geschmackloser Plakate zurücksehnten. Aber der Reihe nach – das ganze Grauen in unserem satirischen Monatsrückblick.

Netzwerkkatzenbildgesetz

Katzenbild von @EmbassyCat
Wahrscheinlich auch nach der neuen Gesetzeslage noch erlaubt: Ein Bild von Julian Assanges Katze @EmbassyCat

Ein Markenzeichen der deutschen Politik: komplizierte und trocken klingende Namen für alles mögliche, insbesondere aber für neue Gesetze. Das gilt auch für das kürzlich in Kraft getretene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz„. Gut, klingt immer noch besser als „Gesetz, das die Verantwortung für strafbare Inhalte auf die Plattform-Betreiber abwälzt und dafür sorgt, dass aus lauter Angst alles gelöscht wird, das kontroverser ist als Essensfotos und Cat Content“. Aber das können sich Menschen, die sich mit dem Gesetz befassen, ohnehin auch selbst zusammenreimen.

Wir erinnern uns: Mit dem neuen Gesetz sind Plattform-Betreiber in der Pflicht, rechtswidrige Inhalte innerhalb einer bestimmten Frist zu löschen. Nun ist keineswegs etwas dagegen einzuwenden, wenn die Hasstiraden von Nazi-Werner aus Hintertupfingen am Dorfbach zügig im digitalen Mülleimer verschwinden. Beim aktuellen Gesetz allerdings dürfte die Wirkung etwas anders sein. Es bedroht die Plattformen  mit Bußgeldern in einer Höhe, die allenfalls noch Mark Zuckerberg aus der Kaffeekasse zahlt, wenn sie nicht oder zu langsam löschen. Das dürfte im Wesentlichen dazu führen, dass alles den Weg in besagten Mülleimer findet, was unter Umständen in irgendeiner parallelen Realität nach Einschalten des falschen Rechtsanwalts gefühlsmäßig den Eindruck erwecken könnte, eventuell strafbar zu sein. Und schon sind wir wieder bei überteuerten Burgern, veganen Qinoa-Salaten und Nachbars Katze. Schöne neue Welt.

Kein Grund zur Sorge

In diesen Zeiten von Chaos und Irrsinn ist es gut, wenn ab und zu mal etwas richtig läuft. Daher waren wir beruhigt, als es hieß, dass wir uns keine Sorgen um die NSA-Überwachung machen müssen. Wie, das ist euch nicht aufgefallen? Laut unserem Generalbundesanwalt ist es aber so – und wer wäre vertrauenswürdiger als der Generalbundesanwalt?

Besagter Herr unternahm nämlich den Schritt, die Ermittlungen zum NSA-Skandal (was für ein hässlicher Name – wir sollten es lieber „Kleine Meinungsverschiedenheit mit unseren hochgeschätzten Verbündeten“ nennen, denn alles andere könnte die Bevölkerung verunsichern) einzustellen. Eine konkrete Verletzung der Bürgerrechte von Deutschen sei nicht nachweisbar, so die Begründung. In den geleakten NSA-Papieren sei es mehr um grundsätzlich verfügbare Methoden und Tools gegangen, als um konkrete Spionage gegen in Deutschland lebende Menschen. Das hört sich in etwa an wie „der irre Serienkiller hat zwar eine Waffe, wir wissen auch, dass er damit schießen kann und in deinem Vorgarten war er auch, aber wir denken nicht, dass er dich erschießen würde“. In der Geheimdienst-Welt ist sowas aber anscheinend eine sinnvolle Argumentation – zumindest, wenn sonst der Verdacht entstehen könnte, man habe am Ende eine eigene Meinung, statt brav das zu tun, was die USA von einem wollen. Klingt komisch, ist aber so.

Was lernen wir daraus? Im nächsten Leben werden wir eine US-Behörde – dann tun die Politikerinnen und Politiker zumindest das, was wir wollen. Solange wir nur diejenigen sind, die besagte Politikerinnen und Politiker demokratisch gewählt haben, besteht darauf offenbar keine nennenswerte Chance.

Zutritt verboten, Genosse Spion

Zutritt für Unbefugte verboten
Zutritt für Unbefugte verboten

„Wir müssen leider draußen bleiben“ – heißt es bei manchem Instant Messenger (glücklicherweise) auch für die Geheimdienste. Jüngstes Beispiel: Telegram. Die Betreiber des Messengers wurden aufgefordert, dem (den meisten Deutschen allenfalls aus Romanen von Tom Clancy bekannten) russischen Geheimdienst FSB Informationen über ihre Nutzer herauszugeben. Telegram reagierte daraufhin mit dem Vorzeigen eines gewissen, hoch aufragenden Körperteils – wir meinen natürlich die lange Nase – und verweigerte den Gehorsam. Daraufhin wurde das Unternehmen auf eine empfindliche Geldbuße verklagt, gegen die es jetzt Berufung einlegen will. Ob jetzt Agent Jack Ryan den Tag retten muss, wissen wir nicht – aber es ist doch beruhigend, dass manche CEOs doch im Umgang mit den Behörden gewisse Körperteile in der Hose haben. Wir meinen natürlich Sitzfleisch für die langwierigen Gerichtsverhandlungen, für die wir Telegram auf diesem Wege alles Gute wünschen.

Licht am Ende des Tunnels

Froh, dass es immer noch Grund zur Hoffnung gibt – zumindest nach dem Willen des Generalbundesanwalts – und uns zumindest nicht die Themen ausgehen werden, verabschieden wir uns in den November. Denkt daran: Wenn ihr euch unsicher fühlt, beunruhigt euch lediglich die rein theoretische Möglichkeit einer Überwachung. Alles andere ist reine Paranoia. In diesem Sinne: bis nächsten Monat.

Quelle Beitragsbild, thx! (CC0 1.0)