In Planung: Der Einsatz staatlicher Schadsoftware soll sich künftig auch auf gewöhnliche Alltagskriminalität, wie Steuerbetrug oder Drogendelikte erstrecken
Der Einsatz staatlicher Schadsoftware soll sich künftig auch auf gewöhnliche Alltagskriminalität erstrecken. Das ermöglicht der Polizei nun bald, Staatstrojaner zusätzlich bei strafrechtlich relevanten Delikten anwenden zu können. Und nicht nur zur Gefahrenabwehr von internationalem Terrorismus. Ein entsprechende Gesetz erarbeitet derzeit das Justizministerium. Es soll noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden, berichtet netzpolitik.org.
Staatstrojaner auch bei Alltagskriminalität geplant
Staatliche Schadsoftware nun auch auf gewöhnliche Alltagskriminalität auszuweiten, ist offenbar eines der nächsten angestrebten Ziele der Großen Koalition. Zu diesem Zweck soll die so genannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung in die Reform des Strafprozessrechts aufgenommen werden, die eine Vielzahl von Veränderungen regelt, und aktuell kurz vor Verabschiedung im Bundestag steht. Man will die neue Regelung mittels eines Verfahrenstricks in einem bereits existierenden Gesetzesprozesses verstecken. Die Regierung will damit eine große öffentliche Debatte vermeiden.
Obwohl das Bundesverfassungsgericht den derzeitigen Paragrafen letztes Jahr als verfassungswidrig eingestuft hat, enthält das neue BKA-Gesetz abermals einen Paragrafen, der „weitgehend dem bisherigen entspricht“. Allerdings hat man den Geltungsbereich stark erweitert. Von Abwehr einer Terrorgefahr nun auch auf Alltagsverbrechen, wie Steuerbetrug, Drogenkriminalität usw. Die Landes-Staatsanwaltschaften strebten bereits im Novemberin in einem „grundsätzlich nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen“ Dokument, eine „Anpassung der bestehenden gesetzlichen Regelungen“ an, dass Netzpolitik.org dennoch veröffentlicht hat.
Erweiterung der Befugnisse ruft Kritik hervor
Kritik gegen die geplante Maßnahme kommt aus den Reihen der Grünen. So kommentiert Hans-Christian Ströbele, für die Grünen im Rechtsausschuss, gegenüber netzpolitik.org. „Der sogenannte Staatstrojaner ist ein intensiver Eingriff in die Grundrechte. Solange dabei nicht geklärt ist, wie Berufsgeheimnisträger und der Kernbereich privater Lebensgestaltung geschützt werden oder andere auf den Endgeräten gespeicherte Inhalte jenseits der überwachten Kommunikation, lehnen wir einen solchen Eingriff ab. Eine eigene Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz der Quellen-TKÜ im repressiven Bereich müsste diese Punkte klar regeln, ansonsten wäre sie verfassungswidrig.“
Auch Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, äußert Bedenken zum Einsatz von Staatstrojanern gegen Alltagskriminalität gegenüber netzpolitik.org. „Die Freigabe des Überwachungstrojaner-Einsatzes für die normale Polizeiarbeit gegen Alltagskriminalität bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit massiv steigt, Betroffener einer staatlichen Rechner-Infiltration zu werden. Die Beteuerung von Regierungspolitikern und Behörden, der Trojanereinsatz sei nur eine Ultima Ratio für schwerste Fälle, stellt sich – wie zu erwarten – als zielgerichtete Lüge heraus.“
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