Das Ermittlungsverfahren gegen Lars Sobiraj wurde eingestellt. Er hatte Spiegelbest erlaubt, auf seinem Blog Tarnkappe.info zu schreiben.
Im Dezember 2014 fand eine deutschlandweite Razzia gegen E-Book-Piraten und sonstige Personen statt, die im Kontakt mit dem Toboox-Mitbetreiber „Spiegelbest“ standen. Das Verfahren gegen Lars Sobiraj wurde gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt.
Spiegelbest Verfahren eingestellt
Dieser Paragraf ist sozusagen der „Freispruch“ im Ermittlungsverfahren.
Das Vergehen von Sobiraj: Der Chefredakteur von Tarnkappe.info hatte es zugelassen, dass „Spiegelbest“ auf seiner Webseite zu Wort gekommen ist. Die Verlagsbranche hatte im Vorfeld Strafanzeige gestellt, um die Verantwortlichen des illegalen Kauf-Portals „TorBoox“ und des Forums „Ebookspender.me“ zur Rechenschaft zu ziehen. Die Durchsuchungswelle in ganz Deutschland fand damals an 35 Standorten zur gleichen Uhrzeit statt. Nach über vier Jahren kommt nun etwas Bewegung in die „Causa Spiegelbest“.
Mit Datum vom 03.01.2019 teilt die Staatsanwaltschaft München I ohne jede Begründung mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen Lars Sobiraj wegen des Verdachts auf unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke eingestellt wurde. Gründe für das Verfahren gegen ihn, hatte es keine gegeben.
Ein Polizeibeamter hatte bei der Durchsuchung angegeben, dass man über die Durchsuchung Kontaktwege zu Spiegelbest feststellen wollte. Vor dem Hintergrund verwundert es nicht, dass insbesondere die Kommunikationstechnik von Lars Sobiraj beschlagnahmt wurde.
Der Beschuldigte hatte der Polizei in Absprache lediglich den Entsperrcode, die PIN und PUK seines Smartphones preisgegeben. Auf dem Smartphone waren sowieso keine Gespräche mit „Spiegelbest“ gespeichert. Man versicherte ihm in Anwesenheit seiner Frau, unter diesen Umständen bekäme er seine Geräte nach der Auswertung zeitnah zurück. Das geschah allerdings nicht. Die fehlende Rückgabe lag wohl auch daran, weil Lars Sobiraj den Inhalt seiner Geräte mit einem mehr als zwanzigstelligen Passwort verschlüsselt hat.
Die Lehre aus diesem Vorgang: Auch klare Absprachen mit der Polizei sind für die Gegenseite in manchen Fällen alles andere als verbindlich!
Der Durchsuchte Lars Sobiraj kommentiert:
„Ich bin in Neuss in gut bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Ich bin ehrlich gesagt bis vor vier Jahren davon ausgegangen, dass die Polizei mein Freund und Helfer sei. Der ausgehändigte Durchsuchungsbeschluss beinhaltete keinerlei Beweise für meine Schuld. Mir wurde konkret vorgeworfen, ich hätte mich im Forum „Ebookspender.me“ bewegt. Doch selbst der sichtbare Besuch eines Forums stellt für einen Journalisten keine Straftat dar. Es ist auch kein Zeichen dafür, dass man sich an fremden Unrecht beteiligt hat. Obwohl es keine konkreten Anzeichen für meine Beteiligung an den Urheberrechtsverletzungen gab, wurde der Durchsuchungsbeschluss dennoch von der zuständigen Richterin unterzeichnet.
Auch das Verhalten mancher beteiligter Polizisten kann ich im Nachhinein weder als fair, noch als juristisch einwandfrei bezeichnen. Mit Tricks und falschen Versprechungen wollte mich der Kriminaloberkommissar dazu bringen, ihm die Passwörter aller meiner Geräte preiszugeben. Der Kollege vom LKA Köln rief einige Tage nach der Durchsuchung an, um sich nach den korrekten Passwörtern aller Geräte zu erkundigen. Die Bekanntgabe der Passwörter meiner ganzen Hardware hatten wir aber gar nicht ausgemacht!
Vereinbarungen gelten nicht für die Polizei?
Obwohl ich meinen Teil der Vereinbarung in der Causa Spiegelbest eingehalten habe, indem ich der Polizei den Zugang zu meinem Smartphone ermöglicht habe, tauchten beim Kriminaloberkommissar bezüglich unserer Absprache plötzlich Erinnerungslücken auf. Statt mir die Geräte auszuhändigen, wurden diese schließlich nach einigen erfolglosen Entschlüsselungs-Versuchen beim LKA Köln zurück an die Asservatenkammer in München geschickt. Offenbar wurde das Auslesen meiner Hardware deutlich unterschätzt. Wie es zu den Erinnerungslücken des Polizisten kam, ist mir wirklich schleierhaft!
Unglaublich auch die Tatsache, dass die beantragte Akteneinsicht nicht durch die Staatsanwaltschaft gewährt wurde. Im Verlauf des Verfahrens musste ich auch feststellen, dass meine Telefonanschlüsse überwacht wurden. Man wollte mich heimlich ausspähen. Meine Bürgerrechte waren in diesem Zusammenhang offenbar nachrangig.
Halten wir einmal fest: Wir leben in einer Demokratie und in keiner Bananen-Republik! Die Polizei muss akzeptieren, dass ich im Zuge des Quellenschutzes meiner Informanten natürlich alle elektronischen Geräte verschlüssele. Das ist selbstverständlich und meine Pflicht als Journalist.
Bei der nächsten Durchsuchung, die früher oder später kommen dürfte, muss ich mich nach diesen Erfahrungen wie ein Mafioso verhalten. Professionelle Täter schweigen bis zum Eintreffen des Anwalts und ziehen sofort unbeteiligte Zeugen hinzu, um jegliches rechtswidriges Verhalten von Polizisten zu unterbinden.“
Fazit der Causa Spiegelbest
„Mir war bewusst, dass es früher oder später Ärger bedeuten könnte, wenn ich einen Gesuchten und erklärten Feind der Verlagsbranche bei mir auf Tarnkappe.info zu Wort kommen lasse. Zugegeben: In diesem Punkt habe ich mich recht weit aus dem Fenster gelehnt. Ich bin aber der Auffassung, das gehört nun mal zum mutigen Journalismus dazu!
Doch auch der mutige Journalismus erklärt nicht das Vorgehen der Justiz. Die gezielte Suche nach „Zufallsfunden“, der inhaltsleere Beschluss, die verweigerte Akteneinsicht, die Telefonüberwachung und last, but not least die Gedächtnislücken des Polizisten, zeugen von allem möglichen. Aber sicher nicht vom Verhalten eines neutral agierenden Freundes und Helfers. Dieses Weltbild habe ich mir ganz schnell abgewöhnen müssen.
Nach der Razzia befanden wir uns mehrere Tage in einem regelrechten Schockzustand. Das Verhalten der Polizei hat uns bis ins Mark getroffen. Doch rückwirkend betrachtet, konnte ich die Erkenntnis mitnehmen, dass man selbst als unbescholtener Bürger im Umgang mit der Justiz niemals auslernt. Traurig, aber wahr.“
Tarnkappe.info