PayPal Käuferschutz
PayPal Käuferschutz
Bildquelle: Mohamed Hassan

PayPal Sammelklage: Es gibt keine Lizenz zum Stehlen!

In den USA kommt es zu einer Sammelklage mehrerer Betroffener des Zahlungsdienstleisters PayPal. Eingefrorene Gelder behielt man einfach ein.

Ohne Angabe von Gründen sperrte PayPal Kunden Gelder und behielt sie auch nach Ablauf der Frist von 180 Tagen einfach ein. PayPal friert immer dann Konten ein, wenn man bei den Transfers zu erkennen glaubt, dass damit Handlungen der organisierten Kriminalität bezahlt werden. Wie wir berichtet haben, kam es auch zu Sperrungen der Konten von Betreibergesellschaften von Sharehostern, VPN-Anbietern, Webhostern, u.v.m. Wer sich im Web umschaut, wird viele Beispiele für dieses Vorgehen finden. Die unverhältnismäßig häufigen Sperren gibt es offenbar, solange es PayPal gibt. Wie ars technica vor einigen Jahren berichtet hat, war sogar die Sammlung einer Crowdfunding Kampagne vom scharfen Vorgehen des Konzerns betroffen.

Besitzt PayPal die Lizenz für eingefrorene Gelder?

In der aktuellen Klage steht, das Unternehmen dürfe die eigenen Benutzerrichtlinien nicht einfach „als Lizenz zum Stehlen“ missbrauchen. Auf Anfrage teilt man dem Betroffenen mit, sie hätten gegen die „Nutzungsrichtlinien“ verstoßen. Eine genauere Erklärung war nicht erhältlich. In mindestens einem Fall teilte man dem US-Kunden mit, dass ein Nutzer eine Vorladung vor Gericht beantragen müsse, wenn er den genauen Grund wissen wolle.

Die drei Hauptkläger geben an, PayPal habe von ihnen fast 250.000 Dollar eingezogen. Neu an der Masche sei allerdings, dass PayPal sogar das vorhandene Guthaben des Accounts nicht nur eingefroren, sondern in Höhe von über 172.000 USD abgebucht hat. Dies geschah auch ohne eine genauere Angabe von Gründen. Von dieser Vorgehensweise berichtet auch ein deutscher Nutzer von pr0gram. Auch dort ist von einem angeblichen Schaden von PayPal die Rede, der durch die Abbuchung ausgeglichen werden sollte.

Rückerstattung innerhalb von 30 Tagen

paypal

Da PayPal seit 2007 eine in Luxemburg ausgestellte Bankenlizenz besitzt, müsse man gesperrte Guthaben innerhalb von 30 Tagen zurückerstatten. Es sei illegal, das Geld länger einzubehalten oder einfach derartige Schadenersatzansprüche zu stellen, ohne diese genauer zu erläutern. Dies teilte die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei dem deutschen Kunden mit. Die US-Kläger als auch der Betroffene bei pr0gram sprechen davon, der Anbieter würde sich mit seinem Vorgehen „bereichern“.

Und selbst wenn man Kriminellen das Konto einfriert, dann dürfe der Zahlungsdienstleister das Guthaben nicht einfach behalten. „Wenn die Polizei einen Drogendealer festnimmt, darf das Geld auch nicht in den Taschen der Polizisten landen“, schreibt der Betroffene im Imageboard pr0gram.

PayPal lieferte Begründungen mit viel Fantasie

Den Klägern in den USA teilte man als Erläuterung ganz unterschiedliche Begründungen mit. Eine Person habe mit seiner IP-Adresse auf sein Konto zugegriffen, diese IP-Adresse würde noch jemand anderes benutzen. Einem anderen Betroffenen wirft man Steuerhinterziehung vor. Ein Händler wird beschuldigt, er habe seine Yogabekleidung bis zu 30 Prozent unter dem Einzelhandelspreis zum Kauf angeboten. Stellt sich nur die Frage, was PayPal damit zu tun hat!?

Bei einem Händler mit Schönheitsstiften verwendete der Konzern das Geld angeblich für die finanzielle Entschädigung eines seiner Kunden, teilte man ihm mit. Die versprochenen Dokumente, die diese Entschädigung belegen sollen, hat der Händler von mit Hyaluron-Stiften aber bis heute nicht erhalten. Daraufhin strengte er die Sammelklage an.

PayPal teilte den Kollegen von ars technica mit, man prüfe die Vorgänge derzeit. Man werde dann zugegebener Zeit auf dem Rechtsweg auf die Vorwürfe reagieren, so ein Sprecher.

Fotograf sal aka wondermonkey2k, thx! (CC BY-NC-ND 2.0)

Konzern sieht sich selbst gerne als Watchdog

In unserem Interview aus dem Jahr 2011 konnte oder wollte PayPal nicht ausführen, ob die Verfolgung von Kriminellen nicht alleine die Aufgabe der Polizeien bzw. Ermittlungsbehörden sei. Wie es aussieht, betrachtet man sich selbst gerne als eine Art Aufpasser. Ein Aufpasser, der mit diesem System jährlich große Mengen Geld sperrt, um sie dann am Ende zu behalten.

Wir bekamen damals leider keine Antwort auf unsere Frage, unter welchen Voraussetzungen man denn generell das Guthaben einfrieren würde. Was auf Dauer mit dem Geld nebst den Zinsen passiert, wollte man uns leider auch nicht mitteilen. Die Mitarbeiterin vom Marketing hat kurze Zeit nach Veröffentlichung des Interviews ihren Arbeitgeber gewechselt. Möglicherweise waren ihre Ausführungen eine Art Abschiedsgeschenk an PayPal, wer weiß?

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.