Im Jahr 2011 wurde ein Interview mit dem Bezahldienst veröffentlicht. Häufig hörten wir nur: "PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Vor etwa zwei Jahren hatte ich die einmalige Gelegenheit, ein Interview mit der eBay-Tochter PayPal durchzuführen. Sprecher von PayPal oder deren Geschäftsführer lassen sich nur sehr selten befragen. Es gibt dementsprechend nur wenige Interviews mit dem Unternehmen, die bisher veröffentlicht werden durften.
Vorwort
Auffällig an diesem Interview ist die hohe Anzahl der Fragen, die die deutsche Pressesprecherin nicht beantworten konnte oder durfte. Immerhin wurde mir erlaubt, auch alle nicht beantworteten Fragen abzudrucken.
Der Grund für das Gespräch war eine im Jahr 2010 entdeckte und zeitnah dem Unternehmen gemeldete Sicherheitslücke, die im schlimmsten Fall zu enormen Verlusten geführt hätte. Glücklicherweise wurde diese kritische Lücke, die Matthias Ungethüm entdeckte, nie von Cyberkriminellen aktiv ausgenutzt. Da PayPal häufiger in der Öffentlichkeit kritisiert wird, fand im Vorfeld eine Sammlung der Fragen im Forum von gulli.com statt. An der Erstellung der Fragen hatten sich sehr viele User beteiligt. Natürlich wussten diese auch, dass man viele der drängenden und kritischen Fragen nicht ehrlich beantworten würde.
„PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.“
Lars Sobiraj: Vielleicht möchten Sie PayPal zunächst anhand einiger Eckdaten vorstellen.
PayPal ist 1998 gegründet worden. In 190 Ländern weltweit haben etwa 224 Millionen Kunden ein PayPalkonto. PayPal unterstützt 24 verschiedene Währungen und ist mit eigenen Websites in 20 Ländern vertreten.
Unser weltweites Headquarter befindet sich im Silicon Valley, in San Jose, Kalifornien, unser Europäisches Headquarter ist in Luxemburg.
Lars Sobiraj: Gibt es Pläne die Transaktionsgebühren zu reduzieren?
PayPal ist immer bemüht, die Transaktions-Gebühren seiner Kunden so gering wie möglich zu halten. Für das Senden von Beträgen fallen keine Kosten an. Die Beträge für das Empfangen von Zahlungen hängen bei gewerblichen Kunden immer auch vom Umsatzvolumen der, in diesem Fall ja relevanten, Verkäufer ab. Die von Ihnen sogenannten Kosten für Transaktionen orientieren sich am Markt und berücksichtigen immer, dass PayPal auch für eventuelle Zahlungsausfälle in Anspruch genommen wird.
Lars Sobiraj: Wann und unter welchen Bedingungen erhält der Kunde sein Geld zurück?
Einen Antrag auf Käufer – bzw. Verkäuferschutz zu stellen, ist sehr einfach und mit wenigen Schritten verbunden. Details sind jederzeit unserer Website zu entnehmen.
Thema Käuferschutz
Lars Sobiraj: Wird es einen Käuferschutz für Angebote außerhalb eBays geben, wenn diese von PayPal eine Bestätigung bekommen müssten??
Käuferschutz für Angebote außerhalb eBays gibt es seit Jahren! Vergangenes Jahr wurde der Käuferschutz insofern ausgeweitet, dass er nun auch für Fälle gilt, in denen der Artikel erheblich von der Artikelbeschreibung abweicht. Insofern gibt es seit Ende 2010 keinen Unterschied mehr beim Antrag auf Käuferschutz: Er kann sowohl für Käufe in Anspruch genommen werden, die auf eBay getätigt worden sind, als auch für Einkäufe auf anderen, eBay-unabhängigen Online-Handelsplattformen.
Lars Sobiraj: Wie hat PayPal eigentlich ihre Banklizenz bekommen?
PayPal hat ganz formell eine Banklizenz beantragt. PayPal wurde wie jedes andere Institut geprüft und erst dann wurde dem Unternehmen eine Banklizenz erteilt.
Kein Gerichtsstand in Deutschland
Lars Sobiraj: Warum nutzt man nicht Deutschland als Gerichtsstand? Rechtliche Auseinandersetzungen wären dann leichter zu führen.
Rechtswahl ist England, weil PayPal außerhalb der USA weltweit gleiches Recht zur Anwendung bringen will. Und genauso verhält es sich mit dem Gerichtsstand. Wesentlich ist: In erster Linie gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Länder/Märkte. Englisches Recht greift nur dann, wenn rechtliche Lücken oder Auslegungs-Fragen bestehen.
Lars Sobiraj: Bei einer Online-Überweisung kann ich sicher sein, dass mein Geld den Empfänger innerhalb kürzester Zeit erreicht. Bei PayPal hingegen kann das zum Glücksspiel werden. Probleme gibt es dann, wenn Geldwäsche oder jegliche kriminelle Handlungen vermutet werden. Mit welchem Recht werden (willkürlich?) Konten eingefroren und Gelder von Kunden einbehalten? Was passiert mit dem Geld?
Zur Sicherung des Ausfallrisikos behält sich PayPal vor, Zahlungen bei denen zum Beispiel eine Rücklastschrift zu erwarten ist, einzubehalten, bis dieses Risiko abgeklärt ist. Auch die Einbehaltung des Guthabens nach Vertragsbeendigung für einen gewissen Zeitraum ist der Sicherung des Ausfallrisikos geschuldet. Lastschriften können von Kunden über ihre Bank zu Lasten von PayPal noch weit länger zurückgerufen werden, auch dann, wenn PayPal den Betrag längst an den Verkäufer ausgekehrt hat.
PayPal friert willkürlich Konten ein
Wenn PayPal konkreten, erdrückenden Anlass hat, anzunehmen, dass derlei Rücklastschriften erfolgt sind oder werden, schützt sich PayPal. Lastschriften können maximal 180 Tage nach Kontoschließung zurückgezogen werden.
Wenn PayPal Guthaben von Kunden vor Ablauf dieser Frist ganz oder teilweise freigeben würde, verstößt PayPal nicht nur gegen einschlägige Bankregularien, welche das Unternehmen zu einer soliden und umsichtigen Geschäftsführung, der Sorgfaltspflicht und angemessenen internen Kontrollmechanismen verpflichtet. Wir riskieren dann auch, dass das PayPal-Konto eines Kunden möglicherweise einen negativen Kontostand auf Grund von Beschwerden und Rückbuchungen aufweist.
Die Limitierung von Kundenkonten erfolgt erst nach sorgfältiger Analyse des Ausfallrisikos, welches auch dem Schutz des jeweiligen Händlers dient. Denn ist das Ausfallrisiko besonders hoch, bewahrt die Limitierung diesen davor, dass sein PayPal-Kundenkonto im Ergebnis nach Auszahlung berechtigter Beschwerden etc. einen negativen Kontostand aufweist.
Lars Sobiraj: Gibt es Pläne die Legitimation der Kontoinhaber per Personalausweis einzuführen? Halten Sie die bisherige Legitimation denn für ausreichend?
Schon jetzt führt PayPal auch Verifizierungen durch Anforderung von Personalausweiskopien durch. Außerdem werden bei der Eröffnung eines PayPal-Kundenkontos entweder Bank- oder Kreditkartendaten hinterlegt. Der Kunde hat sich also bereits VOR der Eröffnung eines PayPal-Kontos bei seiner Hausbank bzw. seinem Kreditinstitut über einen Personalausweis legitimiert. Auch die Anforderung der weiter unten kritisierten Haushaltsrechnungen dient einer zuverlässigen und für den Kunden bequemen Verifizierung seiner Identität.
PayPal gab es schon vor eBay
Lars Sobiraj: Hätte es eigentlich PayPal auch ohne eBay gegeben?!
PayPal wurde bereits 1998 gegründet. Von eBay übernommen wurde das Unternehmen erst 2002.
Lars Sobiraj: Wie abhängig ist man, sollte eBay kurzfristig als Eigentümer ausscheiden?
PayPal hat alleine in Deutschland rund 40.000 Händler als Partner, die das Online- Bezahlsystem anbieten. Insofern hat sich PayPal im gesamten Online-Handel mittlerweile als bevorzugtes Zahlsystem etabliert.
Lars Sobiraj: Was die Frage nicht beantwortet. Aber etwas anderes: Seitdem eBay Skype verkauft hat, kursieren häufiger Gerüchte, das gleiche Schicksal könnte früher oder später auch die Firmentochter PayPal treffen. Sind Sie deswegen beunruhigt? Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein?
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Wie sehr sind die Daten von PayPal- und eBay-Usern getrennt? Wie viel Datenaustausch findet zwischen den beiden Firmen bezüglich ihrer Kunden statt?
PayPal unterliegt als Tochterfirma der eBay Inc. den sogenannten Binding Corporate Rules der eBay Inc.. Diese Datenschutzgrundsätze sind von der Luxemburger Datenschutzbehörde CNPD geprüft und als übereinstimmend mit dem europäischen Datenschutzniveau befunden worden. Im Rahmen des sog. gegenseitigen Anerkennungsverfahrens sind die BCR mittlerweile von 17 weiteren nationalen Datenschutzbehörden (u.a. Deutschland) anerkannt worden.
Lars Sobiraj: Einige User bemängelten den mangelnden Support. Wie will man diesen künftig verbessern?
PayPal: PayPal arbeitet kontinuierlich an der Optimierung seines Supports. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Anzahl der Mitarbeiter im Customer Support vervierfacht.
Lars Sobiraj: Es gibt aber unzählige Meckerforen, aber kein einziges offizielles Forum bei paypal.de oder paypal.com – wie kommt das?
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: In derartigen Meckerforen spricht man über häufige Beschlagnahmungen auch bei geringen Verdachtsmomenten. Konten wurden und werden eingefroren, Gelder aus „betrügerischen Quellen“ abgezogen. Wie einfach ist es, an sein Geld zu kommen, sollte das Konto eingefroren sein? Welche Rechte habe ich als Kunde? Vor allem, weil man nicht nach deutschem Recht handelt.
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Viele User vom gulli:board beschweren sich über den mangelnden Käuferschutz. Was möchten Sie denen entgegnen?
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Was gehen die Telefon-, Strom- oder sonstigen Rechnungen von Kunden das Unternehmen an, um legale Handlungen als solche nachzuweisen?
PayPal interessiert sich nicht für die Details der einzelnen Rechnungen. Diese Rechnungen sind lediglich ein Hilfsmittel zur Identifizierung des einzelnen Kontoinhabers. PayPal eröffnet seinen Kunden diese vergleichsweise sehr bequeme Art der Verifizierung, um beispielsweise limitierte Konten schnellstmöglich wieder freigeben zu können.
Ein an dieser Stelle vereinfachtes Beispiel zum Verständnis: Ein Verkäufer verkauft gewerblich Sicherheits- und Stricknadeln und empfängt die Zahlungen seiner Kunden über PayPal. Plötzlich bietet er innerhalb kürzester Zeit hunderte von neuen iPhones zu außergewöhnlich und marktunüblich günstigen Konditionen zum Verkauf an. Ein solcher Fall könnte ausreichende Verdachtsmomente bieten, weshalb PayPal das Konto limitiert. In einem solchen Fall kann der Verkäufer zum Beispiel durch entsprechende Lieferanten- Dokumente nachweisen, dass es sich beispielsweise nicht um Hehler-Ware bzw. Diebesgut handelt.
Lars Sobiraj: Wäre die Verfolgung von Cyberkriminalität o.ä. nicht eher die Aufgabe der Ermittlungsberhörden des jeweiligen Landes? Warum sperrt man die Gelder im Zweifelsfall? Wie viele Anzeigen erfolgen pro Jahr? Wie viele Konten werden im Durchschnitt eingefroren? Was passiert mit den Geldern beziehungsweise den Zinsen?
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Kann man denn mittlerweile als Kunde von eBay die Rechnungen via PayPal bezahlen? Wenn nein, warum nicht? Kritiker behaupten, es wäre schlichtweg sicherer dafür Kreditkarten einzusetzen.
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Wie wir hörten ist das Unternehmen in der Lage bei Usern des Firefox Webseiten als attackierend gemeldete Websites deklarieren zu lassen.
Technisch läuft das so ab: Wenn jemand von Ihrer Webseite die file_get php Funktion aufruft, also den html-Quelltext einliest und ihn auf einer anderen Website wieder ausgibt. Für die entsprechenden Webseitenbetreiber ist dies ein großes Problem. Die Surfer erhalten dann nämlich (via Firefox) diese Meldung. (siehe Bild)
Wie geht dies vonstatten? Der Hinweis müsste von PayPal an Google und weiter an Mozilla gegangen sein. Mit welchem Recht wird dies durchgeführt?
PayPal kann oder möchte darauf nicht antworten.
Lars Sobiraj: Wie stellen Sie sich die Zukunft des Unternehmens vor? Auf welche Innovationen dürfen wir uns einstellen?
Wir haben im Frühjahr dieses Jahres Mobile Express Checkout gelauncht, damit kann jeder Händler der PayPal als Zahlungsmethode integriert, sofort auch Mobile Commerce anbieten. Im vergangenen Herbst haben wir uns an BillSAFE, einem Unternehmen, das Online Rechnungskauf anbietet, beteiligt. Wir sind ein Innovationstreiber im E-Commerce und ich denke Sie dürfen von uns weiterhin interessante News erwarten.
Lars Sobiraj: Davon ist auszugehen. Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen! Danke auch an die User vom g:b, die sich im entsprechenden Thread vor ein paar Monaten sehr viele ausführliche Gedanken zu diesem Interview gemacht haben.
Anmerkung:
Zwischenzeitlich wurden zahlreiche Unternehmen als Partner aussortiert und die Zusammenarbeit gekündigt, weil sich die Anbieter im Graubereich bewegen. Betreiber von VPN-Diensten oder von Filesharing-Portalen müssen demnach ständig damit rechnen, dass man ihnen die Zusammenarbeit kurzfristig aufkündigt.
Da sich anonyme Bezahldienste noch immer nicht durchgesetzt und virtuelle Währungen wie BitCoin nicht etabliert haben, gehen den Gekündigten mangels der Akzeptanz von PayPal viele Kunden verloren.
Tarnkappe.info