Cyberbunker 3.0
Cyberbunker 3.0

Cyberbunker 3.0 in Vorbereitung: Sven-Olaf Kamphuis im Gespräch

Die ersten Details zum CyberBunker 3.0 kommen bald, der neue Bullet-Proof Webhosting-Dienst geht aber erst im Sommer diesen Jahres online.

Sven-Olaf Kamphuis bereitet derzeit alles für den CyberBunker 3.0 vor. In der Nähe von Kloetinge (Zeeland, Niederlande) ging im Jahr 1996 der erste CyberBunker ans Netz. Zwischenzeitlich hostete man auch die Enthüllungsplattform Wikileaks und den P2P-Indexer The Pirate Bay. Nach dem Umzug nach Deutschland konzentrierte sich der Dienst, der einst der Firma CB3ROB gehörte, auf das Speichern von illegalen Inhalten aller Art.

Man versprach den Kunden gegen entsprechende Bezahlung einen Webhosting-Dienst, der grundsätzlich auf keine behördlichen Anfragen reagieren würde. Im September 2019 durchsuchten nicht weniger als 650 Einsatzkräfte den ehemaligen Nato-Bunker bei Traben-Trarbach.

CB3ROB, Cyberbunker

Gründer und Ex-Betreiber Herman Johan Xennt sitzt seitdem in Haft, Mitbetreiber Kamphuis ging hingegen straffrei aus. Den genauen Werdegang haben wir in unserer Rezension der Netflix-Dokumentation beschrieben. Und nun geht alles von Neuem los. Wir haben uns eingehend mit Sven-Olav Kamphuis unterhalten, der den CyberBunker 3.0 spätestens im Sommer online bringen will.

Update: Nachahmer oder Honeypot, das ist die Frage!

Wir sind auf einen Fake hereingefallen. Tom Funken kontaktierte uns heute mit der Nachricht, dass Sven Olaf gar nichts von dem Interview weiß. Wir haben ihn bei vk.com kontaktiert, wo wir mit Sicherheit wissen, dass es der echte Kamphuis ist. Er schreibt uns:

Nein, das ist nicht verrückt. Ein gewisser „größerer Akteur“ ist seit Monaten damit beschäftigt, sich als wir auszugeben. Sei es mit Cyberbunker https://cyberbunker.ch oder ein eigenen YouTube-Kanal. Das sind beide nicht wir. Einer von ihnen hat es sogar in Minute 11:27 auf Netflix geschafft. (Der YouTube-Kanal ist gelöscht und schon Geschichte.)

‚cyberbunker.ch‘ aka s&s holding hat seit 2021 oder so Netzwerke und all das unter unserem Namen registriert. Ich denke, dass ‚einige Jungs‘ versuchen, einen Honeypot für unsere Kunden einzurichten. Übrigens bin ich nicht der einzige, der mehrere Doppelgänger hat, die versuchen, sich online als ich auszugeben.

Wow, das war nicht zu erwarten. Wir müssen uns bei allen Lesern für die Zeitungs-Ente entschuldigen. Beim nächsten Mal fallen wir sicher nicht mehr auf derart krumme Methoden herein. Entweder jemand möchte Geld mit der Bekanntheit des Cyberbunker generieren oder tatsächlich im Auftrag der Behörden einen Honeypot einrichten. Es ist zu befürchten, die wahren Hintergründe werden wohl nie ans Tageslicht kommen.

Der CyberBunker strebt nach Autonomie und Meinungsfreiheit

Tarnkappe.info: Wie kam es überhaupt zu der Idee, den CyberBunker zu gründen? Und warum war er stets auf Angebote in der Grauzone ausgerichtet?

Sven-Olaf Kamphuis: Das Hauptziel von CyberBunker ist die Umwandlung unseres Atombunkers in ein hochmodernes, selbsttragendes Rechenzentrum. Wir streben danach, Meinungsfreiheit, ein freies Internet für alle und die Sicherheit der Daten unserer Kunden durch physische Maßnahmen zu gewährleisten.

Tarnkappe.info: Der erste CyberBunker wurde 1996 ins Leben gerufen. Was war damals Deine Rolle? Hat sich Deine Rolle in der zweiten Version geändert?

Kamphuis: Ich bin Prinz Sven-Olaf van CyberBunker-Kamphuis vom Ministerium für Telekommunikation und Transport in der Republik CyberBunker, an allen Standorten.

Der Cyberbunker 3.0 wird sich bei keinen sozialen Netzwerken oder Messengern anmelden.

Tarnkappe.info: Die Unterbringung im NATO-Bunker war damals offenbar nicht für ein sicheres Rechenzentrum ausreichend, oder? Warum habt ihr den Kunden vorgegaukelt, die Server befänden sich an einem sicheren Standort?

Kamphuis: Der Standort war immer sicher, das einzige Problem waren damals unsere Transitverbindungen zu verschiedenen Carriern. Wir waren bereits auf der Suche nach einem neuen Standort. Dieses Problem wurde teilweise in unserer Einrichtung in Deutschland gelöst. Wir haben jedoch nicht damit gerechnet, dass unsere Glasfaserkabel von außen manipuliert werden.

An unserem neuen Standort sind unsere Verbindungen mit den modernsten Standards und Technologien ausgestattet. Sie sind physisch vor externen Kräften geschützt und bieten unserem Rechenzentrum und seinen Kunden eine enorme Bandbreite.

„Wir wollen gar nicht wissen, was unsere Kunden tun.“

The Pirate Bay

Tarnkappe.info: Beim CyberBunker 2.0 befanden sich die Server tatsächlich in der Einrichtung. Wie stehst Du dazu, dass ihr Betrugsforen, dem Online-Handelsplatz „Wall Street Market“ und vielen anderen Cyberkriminellen den Betrieb ermöglicht habt? Im Gegenteil dazu ist nichts dagegen einzuwenden, Wikileaks oder The Pirate Bay zu hosten.

Kamphuis: Du musst unsere Server mit Bankschließfächern vergleichen. Wir wissen nicht, was sich auf ihnen befindet, und wir haben auch kein Interesse daran, es zu erforschen. Es geht uns nichts an, es geht unsere Kunden etwas an.

Außerdem: Mit unseren neuen Standorten und dem überarbeiteten Hosting-Modell wird der physische Standort der Daten unserer Kunden in allen unseren Rechenzentren nicht mehr bekannt sein. Sowohl der Kunde als auch Regierungen werden nicht mehr in der Lage sein, einen Server einem bestimmten Standort zuzuordnen, da er sich in jedem unserer Rechenzentren befinden kann, egal wo.

Wir sind in keinerlei Aktivitäten – ob legal oder nicht – unserer Kunden verwickelt. Wir handeln legal und korrekt mit unseren Diensten, um ein besseres, freies und privates Internet für alle zu schaffen.

cyberbunker 2.0 screenshot

CyberBunker akzeptiert Kunden aller Art

Tarnkappe.info: Was hättet ihr unter keinen Umständen aufgenommen? Gab es in dieser Hinsicht irgendwelche Grenzen?

Kamphuis: Nein. Es geht uns nichts an, unsere Kunden sind für sich selbst verantwortlich. Das Internet ist ein freier Ort für jeden. Es sollte nicht von Regierungen oder Zensurorganisationen kontrolliert oder überwacht werden können.

Tarnkappe.info: Warum habt ihr mehreren Personen, die niemand kannte, Zugang zum Cyberbunker gewährt? Den Behörden ist es im Vorfeld gelungen, den Gärtner und eine Putzfrau als Informanten einzuschmuggeln.

Kamphuis: Wir haben und werden nie jemanden, den wir nicht kennen, in einen unserer Bunker/Datenzentren oder in deren Nähe lassen.

Künftig lässt man keine Fremden mehr in die Nähe

Tarnkappe.info: Nun, in der Netflix-Dokumentation wird über die Suche nach Freiwilligen berichtet, denen der Zutritt gewährt wurde. Zum Beispiel der Gärtner, der sich um das Gelände draußen kümmerte, und eine Putzfrau, die ebenfalls in den Gebäudekomplex gelassen wurde.

Kamphuis: Sie waren Freiwillige. Wir haben Hintergrundkontrollen durchgeführt, allerdings nicht ausreichend, wie man sehen kann. In Zukunft werden wir kein Freiwilligenprogramm mehr haben. Es war Xennt’s Idee.

cyberbunker 2.0

Tarnkappe.info: Oder habt ihr euch vielleicht einfach zu sicher gefühlt?

Kamphuis: Warum sollten wir uns nicht sicher fühlen? Nichts dringt durch die meterdicken Wände unter der Erde in eines unserer Rechenzentren ein.

Rechenzentren sollen außerhalb der EU laufen

Tarnkappe.info: Ist es denn überhaupt sinnvoll, ein solches Rechenzentrum innerhalb der EU zu betreiben? In Osteuropa etc. hätten die dortigen Behörden weit weniger Probleme damit.

Kamphuis: Wir haben unsere Aktivitäten in Deutschland aufgrund des aktuellen Rechtsstreits zwischen Herrn Angerer und der Republik CyberBunker vorübergehend eingestellt. Sobald der Krieg vorbei ist, was noch nicht der Fall ist, werden wir wieder in unseren illegal geschlossenen Standort zurückziehen. Wir verlegen unsere Server jedoch in unsere neuen Rechenzentren in einer besseren Gerichtsbarkeit.

Und nicht nur das, wir geben nicht auf und werden größer und stärker zurückkehren, als Angerer es sich jemals vorstellen konnte. (Anmerkung: Damit ist Oberstaatsanwalt Jörg Angerer gemeint. Angerer ist Leiter der Landeszentralstelle Cybercrime in Rheinland-Pfalz.)

„Niemand von uns hat etwas falsch gemacht!“

Tarnkappe.info: Der CyberBunker-Gründer Xennt verbüßt seine Haftstrafe. Wie kommt es, dass Du noch frei bist?

Kamphuis: Xennt, unsere Partner, Mitglieder und ich haben nichts falsch gemacht.

Lass mich dich fragen: Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du beschuldigt und bestraft werden würdest für etwas, das Du nicht getan hast?

Spamhaus

Tarnkappe.info: Angenommen jeder im Cyberbunker-Team ist unschuldig, so wurden dennoch einige wie Xennt verurteilt, aber Du nicht. Wie konnte das passieren? Das ist sehr seltsam.

Kamphuis: Er war besorgt wegen der Tatsache, was mit unserer Einrichtung passiert. Die deutsche Regierung hat kein Recht, unsere Räumlichkeiten zu betreten.

Tarnkappe.info: Eine richtige Antwort kriege ich dazu wohl nicht. Doch etwas anderes: Wie geht es Deinen „Freunden“ von Spamhaus, die Du damals mit dem einst größten DDoS-Angriff überzogen hast? Haltet ihr eure Freundschaft aufrecht, wie ihr es immer getan habt?

Kamphuis: Wir sind nicht mit Spamhaus befreundet, da sie eine Zensurorganisation sind.

Das Team vom CyberBunker 3.0 bleibt auf Distanz zu Spamhaus

Tarnkappe.info: Das war natürlich ironisch gemeint.

Cyberbunker
Cyberbunker 1.0: Sven-Olaf Kamphuis mit Piratenflagge.

Kamphuis: Wir wahren unsere freundschaftliche Distanz. Wir (CyberBunker) waren nie in die technischen Schwierigkeiten verwickelt, die Spamhaus vor vielen Jahren hatte. Vielleicht müssen sie einfach einen besseren Hosting-Anbieter finden. Möglicherweise war ihre frühere Anbindung ans Internet auch nicht ausreichend, um ein Rechenzentrum zu betreiben? Wir wissen es nicht.

Tarnkappe.info: Was kommt als Nächstes? Cyberbunker.ch ist jetzt online. Ist es nur eine historische Gedenkplattform? Oder wollt ihr das alte Geschäft wieder aufnehmen?

Kamphuis: Die Republik bzw. der CyberBunker expandiert sein Geschäft und seine Domestizierung in eine überzeugendere und robustere Jurisdiktion, außerhalb der EU, wo Datenschutzgesetze akzeptiert und rechtlich verankert sind und die „Meinungsfreiheit“ ebenfalls weit verbreitet und unterstützt wird.

Cyberbunker 3.0 befindet sich noch in den Anfängen

Tarnkappe.info: Bereitest Du noch alles vor, oder läuft der Dienst bereits?

Kamphuis: Wir sind noch in der Vorbereitung.

Tarnkappe.info: Wann können wir eigentlich damit rechnen, dass CyberBunker 3.0 online gehen wird, in etwa vier bis fünf Wochen?

Kamphuis: Wir erwarten, dass wir in den nächsten Wochen Einzelheiten bekannt geben. Der Start wird höchstwahrscheinlich diesen Sommer erfolgen.

Tarnkappe.info: Und zu guter Letzt. Hast Du jemals für die Piratenpartei kandidiert? Du bist auf mehreren Fotos mit deren Flagge zu sehen.

Kamphuis: Wir stehen für Meinungsfreiheit, Netzneutralität, Patentrecht und Antizensur. Wir kämpfen aktiv gegen Missstände in diesen Kategorien.

Cyberbunker
Ein Bild aus alten Tagen: Sven-Olaf Kamphuis (rechts).

Niemandem gehört das Internet, auch den Regierungen nicht!

Tarnkappe.info: Was wirst Du in fünf oder zehn Jahren tun, das gleiche wie heute?

Kamphuis: Wir werden natürlich weiterhin daran arbeiten, das Internet frei von Zensur zu machen und unseren Kunden die Privatsphäre zu schützen, die ihnen von den Strafverfolgungsbehörden, anderen Anbietern und den Regierungen weltweit genommen wird. Das Internet ist ein freier Ort, es gibt keine „Besitzer des Internets“.

Wir bemühen uns, das zu bieten, was die Menschen im Internet brauchen. Datenschutz. Kugelsichere Privatsphäre.

Tarnkappe.info: Sven-Olaf, vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen! Weitere Informationen erhält man durch einen Besuch der Website cyberbunker.ch – vielleicht sollte man vorsichtshalber zuvor einen vertrauenswürdigen VPN-Dienst* aktivieren.

(*) Alle mit einem Stern gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Wenn Du über diese Links Produkte oder Abonnements kaufst, erhält Tarnkappe.info eine kleine Provision. Dir entstehen keine zusätzlichen Kosten. Wenn Du die Redaktion anderweitig finanziell unterstützen möchtest, schau doch mal auf unserer Spendenseite oder in unserem Online-Shop vorbei.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.