Gegen zwei 34-Jährige Männer wurde Anklage erhoben, weil sie die illegalen Plattformen „Hansa-Market“ und „LuL.to“ betrieben haben sollen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main erhob vor dem Landgericht Gießen, knappe vier Jahre nach der Zerschlagung der illegalen Plattformen Hansa Market und LuL.to, Anklage gegen die mutmaßlichen Betreiber der Plattform. Zwei 34-jährigen Männern wirft man vor, auf Hansa Market im großen Stil Drogen verkauft zu haben. Wegen des Betreibens von LuL.to lautet der Vorwurf, Urheberrechtsverletzungen begangen zu haben. Hier ist hauptsächlich auch noch ein dritter Beschuldigter tatverdächtig.
Gemeinsam mit AlphaBay gehörte Hansa Market vor seiner Schließung im Juni 2017 zu den größten Darknet-Märkten. Die Plattform ist 20.07.2017 offline gegangen. Drogenhandel soll dort in ähnlicher Größenordnung betrieben worden sein wie bei AlphaBay. Die Produktpalette war aber auch hier vielfältiger. Neben den Drogen gehörten zum Portfolio der ca. 40.000 eingestellten Verkaufsangeboten weiterhin verschreibungspflichtige Medikamente. Aber ebenso Tutorials für Cyberkriminelle, anonyme Hostingdienste, Falschgeld, gefälschte Pässe, gehackte Kreditkartendaten und zudem Waffen. Ein „einfach zu bedienendes Zahlungssystem und ein einladendes Layout“ sollte viele Kunden anlocken. Registriert waren hier über 3.000 Verkäufer.
Die zwei Hansa-Administratoren nahmen Ermittler in Deutschland fest. Den Ermittlungen zufolge agierten beide von Gießen und Köln aus. Server beschlagnahmte man in den Niederlanden, Deutschland und Litauen. Bis zu fünfeinhalb Prozent von den auf der Plattform getätigten Verkäufen sollen die beiden Hansa Market-Betreiber für sich selbst an Provisionen verbucht haben. Während der Inbetriebnahme von Hansa Market zwischen 2015 und 2017 hätten die Betreiber 9,8 Millionen Euro umgesetzt. An Provisionen verdienten sie etwa 275.000 Euro.
Behörden haben Passwörter mitgeschnitten
Die niederländische Polizei hat auf der ehemaligen Hansa-Seite einen Hinweis geschaltet, laut dem die Seite der Polizei bereits seit dem 20. Juni als Honeypot diente, wobei es durch eine Modifikation des Quellcodes gelang, Passwörter mitzuschneiden, die den Strafverfolgern helfen könnten auch Nutzer des Marktplatzes zu identifizieren und die Überwachung der kriminellen Aktivitäten auf der Plattform zu erleichtern. Das Vorgehen war Teil der sogenannten „Operation Bayonet“, zu der auch das Zerschlagen von AlphaBay gehörte.
Was diese gemeinsam durchgeführte Aktion so besonders machte, war die Strategie, die von allen Beteiligten gemeinsam entwickelt wurde: Zuerst wurde Alphabay vom Netz genommen. Die meisten der dortigen Nutzer suchten sich aufgrund der Schließung eine neue Bleibe. Hansa Market verzeichnete nach dem Abschalten von AlphaBay eine achtfache Zunahme der Zahl an neuen Mitgliedern. Diese tappten allerdings sofort in die von den Ermittlern aufgestellte Falle. Einige der gewonnenen Daten enthielten auch wertvolle Informationen über das Ziel von Drogen. Die Behörden haben die betroffenen Länder über geplante Sendungen von Drogen entsprechend informiert, teilte Europol damals mit.
Betreiber von Hansa Market und LuL.to sind identisch
Gemäß Medieninformationen sind die Betreiber der Portale Hansa Market und LuL.to offenbar identisch. Unter weiterer Mitwirkung einer dritten Person handelt es sich um die zwei Deutschen, gegen die Anfang Juli im Zusammenhang mit Hansa-Market ein Haftbefehl erlassen wurde. In Sachen LuL.to steht das Trio im Verdacht, das illegale Portal LuL.to zum Verkauf urheberrechtlich geschützter Medien betrieben zu haben. Zur unerlaubten Verwertung zu Preisen, weit unter dem handelsüblichen Verkaufspreis, standen seit Mitte 2013 sowohl E-Books, als auch Hörbücher zum Verkauf.
Ehemalige LuL.to-Nutzer müssen sich weiter gedulden
Über 48.000 Kunden haben von dem zur Verfügung gestandenem Angebot von mehr als 280.000 Titel urheberrechtlich geschützten Titeln Gebrauch gemacht. Sie erwarben dabei im Tatzeitraum ca. 6,8 Mio. Werke. Den Rechteinhabern sei infolge ein Schaden von rund 45 Millionen Euro entstanden. Hingegen sollen die beiden Betreiber von LuL.to 1,4 Millionen Euro mit dem illegalen Verkauf verdient haben, der dritte Beteiligte erlangte 113.000 Euro. Die Seite war wie ein Verkaufsportal, sehr professionell aufgebaut. Für viele Besucher wirkte LuL.to deshalb wie ein legaler Verkaufsshop. Allein die niedrigen Preise, ein fehlendes Impressum oder eine nicht vorhandene Datenschutzerklärung hätten zu denken geben müssen. Allerdings hielt es offenbar viele nicht von der Registrierung und Nutzung ab. Bisher ist noch fraglich, ob auch die Kunden mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen müssen. Zudem bleibt offen, ob gegen alle Kunden oder nur gegen die mit den meisten Einkäufen vorgegangen wird.
Für den Einkauf der Titel, das Bearbeiten und Hochladen haben die beiden mutmaßlichen Betreiber weitere Mitarbeiter angeworben und bezahlt. Darunter auch den dritten Beschuldigten, einen 50-Jährigen aus dem Landkreis Karlsruhe. Dieser brachte sich seit Anfang 2014 mit ein. Er war u.a. für die Umwandlung von Gutscheinen und Karten in Bitcoin verantwortlich. Auch stellte er sich als Ansprechpartner bei Kundenproblemen zur Verfügung.
Bei der Schließung beider illegaler Portale hat man unter anderem Bitcoins im Wert von mehr als 12 Millionen Euro sichergestellt. Die Anklageerhebung verzögerte sich erheblich, da zuvor die Zuständigkeiten geklärt werden mussten. Die drei Verdächtigen befinden sich derzeit auf freiem Fuß.
Tarnkappe.info