Mehr als 600 Mitglieder einer WhatsApp-Gruppe sollten durchsucht werden, weil sie vor Monaten möglicherweise illegale Fotos empfangen haben.
Wie Strafrechtler Udo Vetter in seinem Blog berichtet, kann es sehr gefährlich sein, Mitglied in größeren WhatsApp-Gruppen zu sein. Die Polizei wollte ernsthaft bei über 600 Teilnehmern einer WhatsApp-Gruppe eine Hausdurchsuchung durchführen, weil ihnen vor vielen Monaten zwei möglicherweise rechtswidrige Fotos zugestellt wurde. Für die Polizisten war der Anfangsverdacht dafür in 600 Fällen mehr als ausreichend.
Udo Vetter warnt vor unbedarften Chats in WhatsApp-Gruppen
Udo Vetter möchte uns den Spaß an kurzweiligen Chats eigentlich nicht verderben, er tut es aber doch. Vetter berichtet über Ermittlungen gegen eine 17-Jährige, der vorgeworfen wird, Marihuana an Dritte verkauft zu haben. Nach Eingang eines Hinweises wurde das Zimmer der dealenden Schülerin durchsucht und ihr Smartphone beschlagnahmt. Bei der Auswertung stellten die Polizeibeamten fest, dass sie zusammen mit ihren Mitschülern in mehreren WhatsApp-Gruppen angemeldet war. Daraufhin nahm man die dort ausgetauschten Inhalte genauer unter die Lupe.
Die Ermittler kamen zu dem Ergebnis, dass zwei bis drei Fotos in einer großen Gruppe gepostet wurden, gegen § 184b StGB verstoßen haben sollen. Der Strafrechtler schreibt:
„Gegen jedes Mitglied der WhatsApp-Gruppe wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Beamten hätten auch gerne Durchsuchungsbeschlüsse für jedes Gruppenmitglied bekommen. Also wohlgemerkt nicht nur für jene Teilnehmer, die sich mit dem Urheber des Posts irgendwie zu dem Thema ausgetauscht haben (wobei es so gut wie kein Feedback aus der Gruppe gab). Vielmehr sollten alle Gruppenmitglieder morgens um halb sieben Besuch von der Polizei bekommen.“
Staatsanwalt hatte Einsehen: keine Razzia nach dem Gießkannenprinzip!
Glücklicherweise beurteilte der zuständige Staatsanwalt die Sachlage anders. Er entschied sich für eine Vorladung aller betroffenen Personen – eigentlich ist es eine Einladung durch die örtliche Polizeidienststelle. Eine Durchsuchung aller Empfänger lehnte er hingegen ab. Wahrscheinlich wurde dem Staatsanwalt bewusst, dass die Schüler bei den extrem vielen (und sicher teils sinnfreien) Nachrichten, die sie erhalten haben, jeden Überblick verloren haben. Wer schaut sich schon jedes empfangene Foto an, wenn das Smartphone ständig piept?
Der Staatsanwalt ordnete an, dass die möglicherweise noch auffindbaren Fotos von den Geräten gelöscht werden sollen. Die Polizisten sollen in den Gesprächen außerdem für mehr „Problembewusstsein“ sorgen. Fest steht: Schon aufgrund der Vorladung dürften die Polizisten beim Termin die volle Aufmerksamkeit der Heranwachsenden und ihrer Eltern haben.
Der populäre Anwalt der Düsseldorfer Kanzlei Rechtsanwälte Vetter & Mertens schließt seinen Eintrag mit folgenden Worten ab. „(…) ihr wisst jetzt, auf welch ebenso zufällige wie simple Art und Weise man als – möglicherweise sogar inaktives – Mitglied einer WhatsApp-Gruppe ins Visier der Ermittler geraten kann.“
Er wünscht uns dennoch weiterhin viel Spaß beim Chatten.
Beitragsbild: privates Foto von Lars Sobiraj.
Tarnkappe.info