Urheberrechtsverletzung
Urheberrechtsverletzung

Bundesgerichtshof: selbst Datenmüll ist eine Urheberrechtsverletzung

Vor ein paar Tagen wurde das Urteil des BGH bekanntgegeben, wonach auch die Verbreitung von Datenmüll eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Vor ein paar Tagen wurde das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) bekanntgegeben, womit die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal aufgehoben wurde. Haftbar ist man auch beim Upload von winzigen Dateistücken. Selbst dann wenn das Werk dabei überhaupt nicht abspielbar oder als solches wahrnehmbar ist. (Urteil vom 06.12.2017 – Az.: I ZR 186/16). Laut BGH sei dies auch eine Urheberrechtsverletzung.

Verbreitung von Datenmüll ist auch eine Urheberrechtsverletzung

In der darunter liegenden Instanz bekam die Kanzlei Waldorf Frommer, die für ein „führendes Medienunternehmen“ tätig war, Unrecht. Die Richter am Landgericht Frankenthal vertraten in ihrem Urteil die Ansicht, bei Internet-Tauschbörsen tausche man de facto nur „Datenmüll“. Folglich könne man den Nutzer einer P2P-Tauschbörse erst dann haftbar machen, wenn sein Angebot einen abspielbaren beziehungsweise wahrnehmbaren Ausschnitt eines geschützten Filmes, Musikalbums u.v.m. betrifft. Einschub bzw. Erklärung: Im Urheberrecht wird festgehalten, dass ein Werk nur dann die Gestaltungshöhe – oder auch Schöpfungshöhe genannt – erreicht, wenn es in einer „konkreten Form Gestalt angenommen hat“. Winzige Dateipartikel sind hingegen nicht als Werk erkennbar. Was kein Werk ist, genießt auch keinen Schutz, so lautet eigentlich das Urheberrecht. Demnach sei es auch keine Urheberrechtsverletzung.

Selbst kleinste Datenpakete sind schutzwürdig

Der Bundesgerichtshof hatte diese Ansicht aber bereits in einer früheren Entscheidung Tauschbörse I (BGH I ZR 19/14) verneint. Und gleichzeitig die Schutzfähigkeit selbst kleinster Dateifragmente bejaht. Laut Urteil beruht das Leistungsschutzrecht eben nicht auf der schöpferischen, sondern der unternehmerischen Leistung des Herstellers (Plattenlabel, Filmstudio, Verlag etc.). Da sich der wirtschaftliche, organisatorische und technische Aufwand des Herstellers nach Ansicht des BGH auf das gesamte Werk erstreckt, ist somit auch der kleinste Bestandteil des Werkes, also auch unbrauchbarer Datenmüll, geschützt. Auch in der kürzlich veröffentlichten „Konferenz der Tiere“-Entscheidung hält der BGH an seiner Rechtsauffassung fest, dass selbst kleinste Bestandteile eines Filmes oder Tonträgers schutzwürdig sind. Dabei soll es schlichtweg keine Rolle spielen, ob die schöpferische Mindesthöhe erreicht wurde. Es soll so oder so eine Urheberrechtsverletzung sein.

Funktionsweise der P2P-Technologie berücksichtigt

Die Richter des BGH berücksichtigen in ihrem Urteil die Tatsache, dass bei der Nutzung von P2P-Netzwerken grundsätzlich nur jeweils kleinste Bestandteile der Werke übertragen werden. Der Transfer läuft, bis das Werk irgendwann vollständig auf der Festplatte des Empfängers vorliegt. Denn „aufgrund der besonderen Funktionsweise des Peer-to-Peer-Netzwerkes“ sind die einzelnen Teilnehmer einer Tauschbörse quasi als Mittäter innerhalb eines arbeitsteiligen Systems anzusehen. Dieses ist darauf  ausgerichtet, funktionsfähige Gesamtdateien auf den Computern der Teilnehmer des Transfers bereit zu stellen.

Der Bundesgerichtshof erteilte damit der allein vom Landgericht Frankenthal vertretenen Ansicht eine endgültige Absage. Das LG sagte aus, bei Tauschbörsen werde de facto nur „Datenmüll“ getauscht. Das wäre folglich keine Urheberrechtsverletzung. Die Auffassung des BGH ist derzeit auch Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) (BGH I ZR 115/16 – Metall auf Metall III). Da sich am Prinzip der Peer-to-Peer-Tauschbörsen bis dahin nichts Fundamentales ändern wird, dürfte das Urteil des EuGH wohl ganz ähnlich aussehen.

Bildquelle cheifyc @ Pixabay, thx! (CC0 1.0)

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.