Der Optiker Christian L. aus Heidelberg muss ins Gefängnis, weil er im Darknet unter dem Decknamen „Dosensuppe“ Waffenhandel betrieben hat.
Der Optiker Christian L. aus Heidelberg muss ins Gefängnis, weil er im Darknet unter dem Decknamen „Dosensuppe“ Maschinenpistolen und Pumpguns verkaufte. Geschäftssitz seines Online-Shops für Waffenhandel: das Haus seiner Oma.
Dosensuppe betrieb Waffenhandel im Darknet
Unter den Kunden des nun verurteilten Mannes waren dem Gericht zufolge gewaltbereite Käufer, die bereits strafrechtlich aufgefallen waren, u.a. auch ein Rechtsextremist, der unter dem Pseudonym «Sturmsoldat» auftrat und vor einigen Jahren nach einem gescheiterten Bombenanschlag in der Psychiatrie untergebracht war. Zudem soll ein 21 Jahre alter Brite, der mit einer Maschinenpistole einen Mord begehen wollte, unter den Abnehmern gewesen sein. Ein Sturmgewehr verkaufte der Angeklagte an einen tschetschenischen Islamisten in Österreich.
Ein 18-Jähriger aus Tuttlingen erhielt eine Pumpgun, die der Azubi in seinem Zimmer im Haus der Eltern aufbewahrte. Aus einem Autos heraus schoss er auf Verkehrsschilder. Die Waffenkäufer zahlten entweder mit der Kryptowährung Bitcoin, die man z.B. bei BitQT handeln kann. Oder sie zahlten auf ein polnisches Konto des Angeklagten. Die bestellten Waren verschickte der Angeklagte von verschiedenen Postämtern im Raum Heidelberg.
Päckchen verriet den Händler
Aufgeflogen ist der 31-Jährige – Mitglied in zwei Schützenvereinen – weil der Zoll am Flughafen Köln/Bonn im November 2014 ein an ihn adressiertes Paket aus den USA kontrolliert hat. Einen harmlos aussehenden Fernseh-Receiver benutzen die Schmuggler als Versteck für drei Pistolenläufe und ein Verschlussstück (Teile einer Glock 17 Pistole). Für die Zollfahnder ein klarer Fall. Diese haben daraufhin die Ermittlungen aufgenommen und nachgeforscht.
Entdeckt wurde dann sein „Lager“ im Februar 2015. Bis zum Verkauf verwahrte er die Waffen in seiner Wohnung, im Haus der Oma sowie im Haus der Mutter auf. Bei zwei Razzien fand die Polizei über 10.000 Schuss Munition sowie zahlreiche Waffen, darunter auch eine österreichische Glock-Pistole sowie Teile davon. Später, am 26. Oktober 2015, nahm man ihn im Rahmen weiterer Durchsuchungsbeschlüsse fest. Im April 2016 hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen Waffenhändler erhoben.
Angeklagter bestreitet alle Vorwürfe
Bei Prozessbeginn vor dem Landgericht Heidelberg bestreitet der Angeklagte die Vorwürfe: Er sei gar nicht die gesuchte Person. Der Sportschütze gibt lediglich zu, Waffen von einem Verkäufer für seine eigene Sammlung im Darknet erworben zu haben. Von illegalem Waffenhandel ins In- und Ausland will er nichts wissen – schon gar nicht unter dem Decknamen „Dosensuppe“.
Im Rahmen sehr aufwändiger Ermittlungen fand die Polizei dann belastende Hinweise, seine Angaben konnten folglich nicht der Wahrheit entsprechen. So habe man DNA-Spuren des angeklagten Sportschützen an einem Paket gefunden, das ein Waffenkäufer aus Baden-Württemberg erhalten hatte. Sämtliche Pakete mit Waffen wurden zudem von Esslingen und Heidelberg aus versendet. In Esslingen arbeitet der gerlernte Optiker, in Heidelberg lebt er. Die Staatsanwaltschaft glaubt nicht an einen Zufall. Auch wurden Geldeingänge auf seinem polnischen Bankkonto nachgewiesen.
Fazit
Wegen illegaler Waffengeschäfte im Darknet hat das Landgericht Heidelberg den Sportschützen Christian L. am 28.07.2016 zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Vorsitzende Richter Edgar Gramlich sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass der 32-Jährige zwischen Januar 2014 und Oktober 2015 gefährliche Waffen an Abnehmer aus dem In- und Ausland verkaufte. Er handelte demnach mit Kriegswaffen sowie voll- und halbautomatischen Schusswaffen im Internet.
Staatsanwältin Anna Römhild hatte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für den Mann gefordert. Die Verteidigung plädierte dafür, dass der geständige Mann nicht länger als fünf Jahre hinter Gitter solle.
Zu Prozessbeginn hatte der Angeklagte noch behauptet, er sei als Sammler lediglich am Kauf von Waffen interessiert gewesen. Im Verlauf der Verhandlung räumte er jedoch ein, dass er auch selbst als Waffenverkäufer aufgetreten war. Dass er – wenn auch spät – diese Straftat teilweise eingestanden hatte und sich in seinem Schlusswort von seiner Tat distanzierte, war laut Gericht auch der Grund für das vergleichsweise milde Urteil.
Mit den Waffen hätte man eine kleine Armee ausrüsten können
Mit den verkauften Waffen hätte „eine kleine Armee ausgerüstet werden können“, sagte Richter Edgar Gramlich. Er erwähnte im Prozess auch die Risiken, die der illegale Waffenhandel im Darknet nach sich ziehe. Allein der Umstand, dass Waffenschieber meist keine Informationen über ihre Abnehmer hätten, bezeichnete der Richter als «hochgefährlich». Das sei bereits vor dem Amoklauf am Freitag in München bekannt gewesen – der Amokläufer hatte seine Waffe im Darknet gekauft. Mit dem Fall in München hatte der Heidelberger Prozess allerdings nichts zu tun. Der Prozess macht auf erschreckende Weise deutlich, wie leicht es ist, sich im Darknet Waffen zu beschaffen.
Tarnkappe.info