Whistleblower
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Bildquelle: epictop10.com (CC BY 2.0)

Whistleblower: Meldestelle für berufliche Verstöße zaghaft genutzt

Die externe Meldestelle für berufliche Missstände wird von Whistleblowern seit dessen Eröffnung am 02. Juli 2023 nur recht wenig genutzt.

Das Bundesamt für Justiz hat nach Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes im Juli ein Portal für externe Whistleblower errichtet. Die Website soll Menschen helfen, Missstände etwa in Unternehmen zu melden und sie gleichzeitig vor Repressalien zu schützen. Seit der Öffnung erhielt die externe Meldestelle des Bundes insgesamt nur 113 Hinweise.

Die EU-Kommission hatte schon das juristische Verfahren eingeleitet, um die Bundesrepublik Deutschland zu verklagen, weil man national zu wenig für den Schutz von Hinweisgebern getan hat.

Hin und Her bis zur Verabschiedung des Gesetzes

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Markus Schweiss – (CC BY-SA 3.0)

Das Gesetz für einen besseren gesetzlichen Whistleblower-Schutz hatte der Bundestag zwar im vergangenen Dezember verabschiedet. Im Februar kassierte der Bundesrat den Entwurf aber wieder ein. Die Ampelkoalition teilte daraufhin die Gesetzesänderungen in zwei Entwürfe auf, die jeweils beim Bundesrat nicht mehr zustimmungspflichtig waren.

Der neue Kompromiss sieht leider vor, dass die geplanten Meldestellen für Hinweisgeber nicht dazu verpflichtet sind, anonyme Meldungen zwingend zu ermöglichen. Bei den Bußgeldern hat man nach Bedenken der CDU/CSU die Obergrenze für Bußgelder für Unternehmen von 100.000 Euro auf 50.000 Euro heruntergesetzt. Drastisch hohe Bußgelder würden die Existenz kleiner und mittelständischer Firmen gefährden, hieß es als Begründung der Union.

Whistleblower unzureichend geschützt: keine Seiten im Tor-Netzwerk

Bei der Meldestelle vom Bundesamt für Justiz (BfJ) sind aber anonyme Meldungen für Whistleblower möglich. Wer will, kann Kontaktmöglichkeiten angeben, das muss man aber nicht. Somit entfällt auch die Eingangsbestätigung. Zur eigenen Sicherheit sollte man die Meldung von einem Internetcafé aus einreichen oder einen Proxy oder VPN* benutzen, um die eigene IP-Adresse zu verschleiern.

Die Webseiten des Bundesjustizministeriums sind zwar auch mit dem Tor-Browser erreichbar. Die Anmeldung mit aktiviertem Plug-in NoScript, was die eigene Identität schützt, war dort hingegen nicht möglich. Der Browser sei zur Speicherung des Session Cookie nicht fähig, weswegen man es nochmals probieren sollte. Den Hinweis einreichen kann man folglich nur, wenn man exakt die Browser-Erweiterung deaktiviert, die einen vor einer Aufdeckung schützen soll. Außerdem leitet man einen auf die Seite weiter, von wo man sich nicht neu registrieren sondern nur bestehende Login-Daten eingeben kann.

Hinweise auf eigene Onion-Seiten des BfJ im Tor-Netzwerk haben wir auch nicht finden können. Bei den genannten Punkten sollte unbedingt noch zur Wahrung der Sicherheit der Whistleblower nachgebessert werden.

Nur durchschnittlich rund 50 Meldungen pro Monat

Auf jeden Fall besteht auch die Möglichkeit, dem BfJ Dokumente hochzuladen, um die eigenen Vorwürfe zu beweisen. Seit dem 02. Juli diesen Jahres ist das Gesetz in Kraft. Pro Monat haben diese neue Option aber nur etwa 50 Whistleblower in Anspruch genommen. Manche nehmen hingegen die Beratungsstelle in Anspruch, hieß es auf Anfrage der Kollegen der Tagesschau. Außerdem müssen Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern auch interne Meldestellen einrichten, wie das Gesetz vorschreibt. Verweigern Unternehmen dauerhaft die Einrichtung der internen Meldestelle, drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Doch die Firmen haben dafür noch bis zum 17. Dezember Zeit.

Die externe Meldestelle des Bundesjustizministeriums ist im WWW hier erreichbar. Die Seite ist kein Spielplatz! Vorsätzlich unwahre Meldungen können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.