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Bildquelle: Jon Vio, Lizenz

uploaded.net offline: für Insider nur ein "Pyrrhussieg"

Der Erfolg der Rechteinhaber gegen uploaded.net sei teuer erkauft und somit fast nutzlos, erklärte uns ein Insider, der anonym bleiben will.

Wie zuvor per E-Mail angekündigt, hat die Betreibergesellschaft von uploaded.net, die Cyando AG, zum Monatswechsel die Stecker aller Webserver gezogen. Schon am heutigen Mittag ging beim Online-Speicherdienst nichts mehr. Bis auf die Fehlermeldung von Cloudflare kann man dort mit einem Browser rein gar nichts mehr sehen.

Teuer bezahlt – Abschaltung von uploaded.net!

Ein von uns überprüfter Branchenvertreter, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärte gegenüber Tarnkappe.info, er habe den Eindruck, dass es sich dabei um einen „Pyrrhussieg“ handeln würde. Soll heißen: Die klagenden Rechteinhaber hätten diesen Schritt wirklich sehr, sehr teuer erkauft. Was zunächst wie ein Sieg wirkt, ist in Wahrheit gar keiner.

uploaded.net

Entscheidend sind nicht nur die Kosten der zahlreichen Verfahren. Denn wie wir alle wissen, sind in den letzten Jahren mehrere neue Sharehoster entstanden, bei denen eine Rechtsdurchsetzung aufgrund der Briefkastenadresse weit abseits der EU/USA, schwer bis unmöglich ist.

uploaded.net war einst der Branchenprimus, bezogen auf die Szene-Hoster. Doch das ist lange vorbei. Bei Nutzern und Uploadern hatte es sich schon vor lange Zeit herumgesprochen, dass die besten Zeiten dieses Anbieters längst vorüber sind. Die Mehrzahl der Webwarez-Foren und andere illegale Seiten, die Download-Links zu urheberrechtlich geschützten Werken anbieten, benutzen uploaded.net folgerichtig schon lange nicht mehr als Speicherort.

Vertretung von uploaded.net beruft sich auf „umfassende Verschwiegenheitspflicht“

Wir konnten die Rechtsanwaltskanzlei ausfindig machen, die die Cyando AG von Deutschland aus juristisch vertritt. Allerdings teilte man uns nach mehrfacher Nachfrage mit, ihre anwaltliche „Verschwiegenheitspflicht“ sei „umfassend„. Man könne oder vielmehr dürfe uns grundsätzlich keine Auskünfte erteilen. Offenkundig haben die Mandanten den bzw. die Juristen nicht von ihrem Maulkorb befreit. Zeit genug für die Erteilung einer Erlaubnis war mehr als genügend vorhanden. Doch wenn der Mandant nicht will, dass sein Anwalt auf Presseanfragen reagiert, dann ist der Jurist zwingend an diese Vorgabe gebunden.

Der Ausfall ändert vorerst nichts an bereits laufenden Verfahren

uploaded.net
Das war einmal: Laden ohne Limit!

Ganz ähnlich klang am Telefon auch die Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, die in München im Auftrag mehrerer Verlage tätig ist. Die Rechtsanwältin betreut für Lausen Rechtsanwälte hochrangige Musterverfahren zur Haftung von Online-Plattformen. Also solche, wie uploaded.net & Co.

Ihre Kollegin der Kölner Niederlassung von Lausen arbeitet mit dem gleichen Fokus für Unternehmen der Musikindustrie.

Die Fachanwältin aus München stellte zu Beginn des Telefonats fest, dass die Website offline sei. Sie stellte aber gleichzeitig klar, dies würde vorerst „nichts an den bereits laufenden Verfahren ändern“.

Unklar war ihr hingegen, ob es einen möglichen Zusammenhang zwischen der Cyando AG und der Website uploaded.cc gebe. Bei uploaded.cc verweisen die Links allerdings aktuell auf ddownload.com. Dies ist einer der einschlägig bekannten Szene-Hoster, der in den letzten Jahren neben anderen Online-Plattformen die Rolle von uploaded.net eingenommen hat.

Die Juristin müsse natürlich vor jeder Stellungnahme ihre Mandanten um Erlaubnis bitten, teilte sie uns heute Nachmittag telefonisch mit.

Kein Kommentar ist auch einer

Natürlich wäre es interessant zu erfahren, ob die klagenden Parteien auf ihr Verfahren verzichten, wenn die Website nicht nur für heute, sondern dauerhaft offline bleibt. Wie die Verlage und Plattenfirmen handeln werden, bleibt abzuwarten. Spannend wäre auch, ob sie zu diesem Thema überhaupt einen Kommentar abgeben wollen. Ein Verfahren ging schließlich über den Bundesgerichtshof bis zum obersten rechtsprechenden Organ der Europäischen Union, zum EuGH.

Fakt ist: In den vergangenen 16 Jahren haben alle von mir kontaktierten Rechteinhaber im Fall einer Presseanfrage für gulli.com, Tarnkappe.info oder neutrale Auftraggeber jeden Kommentar rundweg abgelehnt. Dies traf auf laufende wie auf bereits abgeschlossene Verfahren zu.

Wir bleiben mit der Juristin von Lausen Rechtsanwälte in Kontakt, denn vielleicht erleben wir ja diesmal ein Wunder? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.