Paragraf, Urteil
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LG Hamburg: Urteil zu Links auf urheberrechtsverletzende Inhalte

Urteil des LG Hamburg: Linksetzende können sich bei Verlinkungen auf Urheberrechtsverletzungen auf die Unzumutbarkeit von Nachforschungsmaßnahmen berufen.

Über die Frage, wann eine Webseite für Links auf urheberrechtsverletzende Inhalte haftet, hat das Landgericht (LG) Hamburg in einem nun veröffentlichten Urteil (Urt. v. 13.06.2017, Az. 310 O 117/17) entschieden. So müsse es nach neuer Rechtssprechung auch einer Webseite, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und im Rahmen dieses Geschäftsmodells auf Inhalte verlinkt, möglich sein, das auch ohne besondere Nachforschung zu tun.

Im September 2016 hat der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit dem Urteil vom 08.09.2016 (Az. C-160/15 – GS Media) zu diesem Tatbestand entschieden, dass bereits das Setzen eines Links eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann. Aber nur, wenn auf der verlinkten Webseite ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne die Einwilligung des Urhebers veröffentlicht ist. Das Urteil des EuGH trifft dann zu, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Nämlich, wenn der entsprechende Link mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurde. Und zudem der Linksetzende vorher keine Nachprüfung vorgenommen hat, ob das betroffene Werk auf der Webseite, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde.

Ein Beschluss des Landgerichtes Hamburg vom 18.11.2016 stützte sich damals auf dieses Urteil und bestätigte damit als erstes deutsches Gericht, dass auch das bloße Verlinken einer Webseite, die eine Urheberrechtsverletzung enthält, eine eigene Rechtsverletzung darstellen kann. Es wären dabei auch nicht nur User betroffen, die einen Webshop betreiben. Sondern jeder, der Werbung, Werbebanner, AdSense auf seiner Seite hat oder seine Dienstleistung oder Waren bewirbt. Daraus abgeleitet wäre folglich jedes Unternehmen und jeder Freiberufler verpflichtet, sämtliche Inhalte der verlinkten fremden Webseite, völlig gleichgültig ob Fotos, Texte oder Videos, daraufhin zu prüfen, ob sie die Grenzen des Urheberrechts einhalten.

LG Hamburg bestätigte Urteil

Nach etwas mehr als einem halben Jahr revidierte jedoch die gleiche Kammer (10. Zivilkammer) des LG Hamburg ausdrücklich ihre Auffassung in Bezug auf die Gewinnerzielungsabsicht, indem sie die damalige Entscheidung explizit entschärft hat. Das geht aus dem Urteil vom Juni dieses Jahres hervor. Demnach müsse es auch einer Webseite, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und im Rahmen dieses Geschäftsmodells auf Inhalte verlinkt, möglich sein, dies auch ohne besondere Nachforschung zu tun. Denn im Einzelfall können Nachforschungen, die zur Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit der verlinkten Inhalte geführt hätten, nicht zumutbar sein. So lautet die nunmehr aktuelle Rechtssprechung.

In dem hier vorliegenden Fall hatte ein Webseitenbetreiber im Rahmen des Partnerprogramms von Amazon rund 15.000 Affiliate-Links zu Angeboten der Handelsplattform unterhalten. Deren Einblendung erfolgte automatisiert und basierte auf einem Algorithmus. Seine monatlichen Einnahmen beliefen sich auf ca. 35 Euro pro Monat. Allerdings verlinkte er dabei auch auf ein Hundebild, das wiederum von einem Dritten zu Unrecht als Motiv für eine auf Amazon vertriebene iPhone-Schutzhülle verwendet wurde. Die Rechteinhaberin ging nun gegen den Webseitenbetreiber zunächst per Abmahnung und später im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor. Jedoch ohne Erfolg. Dann erfolgte das Urteil.

Das Gericht kam im Urteil zu dem Ergebnis, dass es nicht mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 20 der Grundrechtecharta zu vereinbaren sei, „für alle gewerblichen Linksetzungen“ allein aufgrund des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ der Gewinnerzielungsabsicht einen durchgehend einheitlichen Prüfungspflichten und Sorgfaltsmaßstab anzunehmen.“

Der Linksetzende soll sich darauf berufen können, „dass die Linksetzung im Rahmen eines Geschäftsmodells erfolge, in welchem ihm Nachforschungen, die zur Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit der verlinkten Inhalte geführt hätten, nicht zumutbar waren.“ Entsprechende Recherchen zur Ermittlung der Rechte wären mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden gewesen. Diese hätte im Zweifel noch nicht einmal zur Klärung der Lizenzfragen geführt. So seien dem Beklagten auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten flächendeckende Vorabrecherchen zur Rechtmäßigkeit der verlinkten Inhalte nicht zumutbar gewesen.

EuGH muss noch präzisieren

Die Hamburger Richter führten weiter aus, dass der EuGH bisher nicht abschließend präzisiert habe, welches die Gründe sind, unter denen ein solcher Vorwurf des „hätte wissen müssen“ erhoben werden könne. Die Gewinnerzielungsabsicht sei dabei zwar „nicht unerheblich“ für die Beurteilung, ob der Verlinkende nachforschen muss oder nicht. Doch es sei nicht das alleinige Kriterium in einer Prüfung, die man letztlich nur im Einzelfall entscheiden kann.

Grafik geralt, thx! (CC0 Public Domain)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.