Bundesarbeitsgericht: Keylogger sind nur dann legal, wenn Verdacht auf eine Straftat oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bestehe.
Das Bundesarbeitsgericht Erfurt hat der Überwachung von Mitarbeitern am Arbeitsplatz in einem aktuellen Urteil Grenzen gesetzt. Es wurde entschieden, dass der Einsatz von „Keyloggern“ unzulässig ist (2 AZR 681/16). Das gelte nur dann nicht, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bestehe.
Keylogger sind meistens illegal
Im verhandelten Fall hatte ein Arbeitgeber aus Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit einer Freigabe eines Netzwerkes im eigenen Haus im April 2015 mitgeteilt, dass der gesamte Internetverkehr und die Benutzung ihrer Systeme mitgeloggt würden: „Hiermit informiere ich Euch offiziell, dass sämtlicher Internet Traffic und die Benutzung der Systeme der Company mitgelogged und dauerhaft gespeichert wird. Solltet Ihr damit nicht einverstanden sein, bitte ich Euch, mir dieses innerhalb dieser Woche mitzuteilen.“
Da kein Widerspruch gegen die angekündigten Maßnahmen erfolgte, ging die Firma davon aus, dass der Einsatz von Keylogger-Software akzeptiert wäre. Daraufhin hat man auf den Dienstcomputern der Mitarbeiter eine Software installiert, die nicht nur den Internetverkehr protokollierte, sondern darüber hinaus jede Tatatureingabe erfasste und speicherte. Zudem fertigte sie regelmäßig Screenshots an.
Die Kündigung war der Auslöser
Anfang Mai, wenige Tage nach der Instllation des Programms (Keylogger), erhielt der 32-Jährige Kläger, ein seit 2011 bei der Firma beschäftigter Webentwickler, die Kündigung. Der Vorwurf lautete, er begehe Arbeitszeitbetrug. Daraufhin räumte der Mitarbeiter ein, den Dienstcomputer während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben, allerdings nur in geringem Umfang und in der Regel in den Pausen ein Computerspiel programmiert zu haben. Auch habe er täglich etwa zehn Minuten dazu verwandt, um den E-Mailverkehr für die Firma seines Vaters zu erledigen. Eine Pflichtverletzung wies er dennoch zurück. Die Datenerhebung mit dem Tastaturspion sei unzulässig gewesen. Der Angestellte klagte gegen die Kündigung.
Das Bundesarbeitsgericht hält die Beweise für das Fehlverhalten des Mannes nicht für verwertbar. Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Arbeitnehmers dürften im Gerichtsaal nicht verwendet werden. Gemäß § 32 Abs. 1 BDSG wäre eine solche verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers unzulässig. Ebenso haben schon die Vorinstanzen, das Arbeitsgericht Herne und das Landesarbeitsgericht Hamm, entschieden. Die Richter verweisen darauf, dass auch Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung haben. Eine derart engmaschige Überwachung verstoße gegen dieses Recht. „Jeder soll selbst über die Preisgabe persönlicher Daten entscheiden können. Dieses Recht gilt natürlich auch im Betrieb.“, sagte der Richter.
„Mit der Digitalisierung nehmen die Überwachungsmöglichkeiten zu“
Die Beklagte hatte beim Einsatz der Software (des Keyloggers) gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung. Die von der Firma „ins Blaue“ hinein veranlasste Überwachung sei unverhältnismäßig gewesen. Das Urteil gilt als Grundsatzurteil.
Zwar sei der Einsatz von Spähsoftware am Arbeitsplatz noch kein Massenphänomen, aber Gerichtspräsidentin Ingrid Schmidt meint, die Zahl ähnlich gelagerter Fälle am Bundesarbeitsgericht stiege an, denn: „Mit der Digitalisierung nehmen die Überwachungsmöglichkeiten zu“. Folglich wäre noch in diesem Jahr mit mehreren solcher Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu rechnen.
Tarnkappe.info