Die ahnungslose Partnerin eines Lesers wurde von einer Bande von Cyberkriminellen per eBay kontaktiert. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.
Die ahnungslose Partnerin eines Lesers wurde von einer Bande von Cyberkriminellen per eBay kontaktiert, damit sie deren Geld wäscht. Das Ganze lief über Keys von Steam, uPlay und World of Warcraft ab. Die Verdienstaussichten waren gigantisch, ihr Risiko ebenfalls. Am Ende vernichtete der bzw. die Täter alle Indizien.
Viel Geld in kurzer Zeit bei ebay verdienen?
Ein Leser von Tarnkappe.info berichtete uns von einem Fall aus seinem privaten Umfeld. Seine Lebensgefährtin ist Anfang 20 und kümmert sich derzeit um zwei Kinder (vier Jahre und fünf Monate) aus der vorherigen Beziehung. Um ihr Gehalt von einem 450 Euro-Job aufzubessern, schaute sie sich bei eBay um. Unser Leser schrieb uns:
„Vor ein paar Tagen hat meine Freundin (im November 2017) in eBay-Kleinanzeigen ohne mein Wissen eine Anzeige gestellt, dass sie noch einen Nebenjob sucht. Daraufhin schrieb sie ein Herr Andreas Rickhoff an, dass er etwas hätte, womit sie einfach und legal Geld verdienen kann. Sie solle Keys wie z.B (Steam, uPlay etc. pp.) kaufen und an Kunden weiterschicken. Dafür bekäme sie eine Provision.“ In der eBay-Anzeige hieß es, die Arbeit finde größtenteils daheim zu attraktiven Konditionen statt. Auch eine Provision von mindestens 20 % wurde den Interessenten versprochen. Keine eigenen Ausgaben und keine Vorauszahlungen müssten geleistet werden, wurde in der Anzeige geworben. Klingt viel zu gut, um wahr zu sein.
Mehr Skepsis bei solchen Jobangeboten, bitte!
„Naiv wie sie ist und weil wir das Geld brauchen, hat sie geantwortet, dass sie es macht. Und prompt ging alles relativ schnell. Sein „Techniker“ erstellte eine einfache Gmail-Adresse. Direkt kamen die ersten Aufträge.
Gesendet wurde an Informationen immer:
– Name, Vorname und E-Mail-Adresse des Kunden
– wie viel Geld er überwiesen hat
– wie viel Provision man für sich behalten darf
– um welche Art Key es geht.“
Das heißt, die unwissende Geldwäscherin bekam das Geld per Überweisung auf ihr Girokonto in Deutschland zugeschickt, kaufte dafür die Keys und leitete sie abzüglich der Provision an die Kunden weiter.
Die Angelegenheit erschien der jungen Frau lukrativ. Beim ersten Auftrag tauschte sie Steam-Karten im Wert von 600 Euro und durfte eine „Provision“ von 130 Euro behalten. Danach begann der Auftraggeber, sie hinzuhalten. Wenige Aufträge später versprach er ihr, dass der Arbeitsvertrag angeblich zu ihr unterwegs sei. Es kam aber nichts an. Auf ihre Nachfrage wurde das extra für sie eingerichtete E-Mail-Konto bei Googlemail deaktiviert, sie konnte nicht mehr auf die E-Mails zugreifen.
Hintermann bleibt dauerhaft verborgen
Zweck der Aktion war es, dass sie dem Täter im Nachhinein nichts mehr beweisen konnte, weil sie leider keine E-Mails ausgedruckt hatte. Der Auftraggeber konnte anschließend erneut auf die Ahnungslosigkeit der Zwanzigjährigen zählen. Angeblich habe ein Virus die Daten bei Gmail geändert, wurde ihr erläutert. Ihr Partner war endlich skeptisch geworden, was es mit der Legalität der Aufträge auf sich hatte. Ihr wurde hingegen versprochen, der Techniker würde ihren Zugriff auf die E-Mails wieder herstellen, was nicht passiert ist.
Zwischenzeitlich nennt sich Herr Rickhoff bei eBay Familie Hattula bzw. Fritzo. Natürlich stimmt keiner der Namen mit der Wirklichkeit überein, das wäre viel zu gefährlich. Der Partner geht davon aus, dass der eBay-Account aus 2013 von einem Fremden gehackt wurde, der die Nachrichten jeweils im Nachhinein löscht, damit die Angelegenheit nicht weiter auffällt. Bei Googlemail tauchte eine IP-Adresse der Telekom aus Hamburg auf, weil sich der Täter ohne VPN bei Gmail eingeloggt hat. Nun kann man mit diesen Angaben sowieso nichts mehr anfangen, dafür ist es zu spät. Als Identität nahm der Kriminelle zur Tarnung den Namen des Hamburger SPD-Politikers Andreas Rieckhof an, der sich lediglich etwas anders schreibt. Das zumindest passt zu seinem Wohnort. Der SPD-Politiker hat mit dem Vorfall natürlich nichts zu tun.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht
Anschließend ging die Frau zu einem Fachanwalt, der ihr riet, erstmal abzuwarten, ob Ermittlungen gegen sie eingeleitet werden. Es gebe für sie kaum Möglichkeiten, straffrei aus der Sache rauszukommen, wurde ihr erklärt. Unwissenheit schütze vor Strafe nicht, im schlimmsten Fall müsse sie mit einer Vorstrafe rechnen. Außerdem würde der Anwalt den Fall nur annehmen, wenn man ihm mindestens 1.400 Euro für die Bearbeitung bezahlen würde. Da sich das Paar diese Summe bis auf weiteres nicht leisten kann, gingen sie wieder ohne den Anwalt zu beauftragen. Die ortsansässige Verbraucherzentrale konnte dem Paar auch nicht weiterhelfen. Sie stellten lediglich fest, dass die Angaben des Auftraggebers (wenig überraschend) unecht sind. Bisher ist noch nichts weiter passiert, wir halten Euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.
eBay überprüft Verkäufer nicht
Unsere Autorin Kati Müller kennt ähnliche Fälle. Bei denen kauft man Steam-Gutscheine bei bestimmten Firmen im Internet mittels einer geklauten Identität, die aber tatsächlich existiert. Über deren Paypal-Konto erfolgt dann die Abrechnung. Ihr ist eine Lücke bei Paypal bekannt, bei der keine weitere Überprüfung der gemachten Angaben stattfindet. Daneben gebe es eine weitere Lücke in einem bestimmten Webshop in Deutschland, die es dem Täter erlaubt, direkt nach der Anmeldung per Paypal zu kaufen und zu bezahlen, obwohl noch keine Anmeldebestätigung von PayPal eingegangen ist.
Der Dieb bleibt so völlig anonym und der Geschädigte merkt erst etwas, wenn Paypal den entsprechenden Betrag vom Konto abgebucht hat, den sich das Opfer nicht erklären kann. Ob es so oder anders ablief, bleibt fraglich. Auf jeden Fall handelt es sich bei dieser Tätigkeit um eine strafbare Handlung, weil aller Wahrscheinlichkeit nach Geld gewaschen und weitergeleitet wird. Anders ist auch die enorme Höhe der Provision nicht nachvollziehbar. Wenn schon der Kauf anonym geschah, muss der Täter einen Strohmann beim Eintauschen des Gutscheines einsetzen, um sich vollumfänglich bedeckt zu halten.
Macher ist auf der Suche nach neuen Opfern
Wahrscheinlich wird der Täter seinen Namen schon längst wieder geändert haben und sich nicht mehr Rickhoff nennen. Trotzdem wird er seiner lukrativen Tätigkeit nachgehen, so lange es genügend Unbedarfte gibt, die heiß auf das schnelle Geld sind und die tätig werden, bevor ein Vertrag bei ihnen eingetroffen ist.
Unser Leser möchte den Fall bekannt machen und hofft, dass dadurch künftig weniger Menschen auf die großspurigen Versprechungen des anonymen Auftraggebers hereinfallen werden. Unendlich ist aber nicht nur die Dummheit, sondern leider auch die Gier einiger Menschen.
Tarnkappe.info