Russland Putin
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mailbox.org: Russischer Inlandsgeheimdienstes will Mail-Anbieter sperren

Sperrung von mailbox.org: Russische Aufsichtsbehörde Roskomnadzor geht gegen Mail-Anbieter vor. Grund sind wieder angebliche Bombendrohungen.

Erst der Messenger Telegram, dann ProtonMail und jetzt mailbox.org und Scryptmail. Die russische Aufsichtsbehörde Roskomnadzor geht auf Weisung des russischen Geheimdienstes FSB weiter gegen Mail-Anbieter vor. Auch bei mailbox.org seien über den Service verschickte Bombendrohungen schuld.

Leider scheint es mit Netz- und Provider sperren, Messenger- und Mail-Anbieter Sperren zu keinem Ende zu kommen. Nach dem letztes Jahr der Messenger Dienst Telegram in Russland gesperrt wurde, musste im März dieses Jahres ProtonMail dran glauben. Auch schon bei Protonmail bestand der russische Geheimdienst darauf, dass Bombendrohungen der Grund für die Sperre gewesen wären.

Die Privatsphäre der Nutzer soll im Vordergrund stehen

Der in Berlin ansässige Mail-Anbieter mailbox.org legt vor allem Wert auf die Privatsphäre seiner Nutzer. Nicht viele Mail-Anbieter ermöglichen es ihren Kunden, sämtliche auf den Servern des Dienstes gespeicherte E-Mails mit einem eigenen PGP-Schlüssel abzusichern. Seit knapp drei Jahren bietet mailbox.org seinen Kunden sogar eine eigene Tor-Exit-Node an, um die Anonymität noch weiter zu erhöhen.

Zu viel Sicherheit für den User und zu wenige Möglichkeiten für den russischen Geheimdienst FSB Nachrichten mitzulesen, würden sich als Begründung viel plausibler anhören, als die dauernden angeblichen Bombendrohungen. Anschuldigungen von Roskomnadzor, mailbox.org hätte auf eine Auskunftsanfrage im 2. Quartal 2019 nicht reagiert und sei nicht im russischen Telekommunikationsverzeichnis „ARI“ gelistet, weist mailbox.org weit von sich.

mailbox.org weist alle Anschuldigungen zurück mailbox.org

Uns ist keine Anfrage von Roskomnadzor bekannt, die wir hätten beantworten sollen. Es liegt uns weder ein offizielles Schreiben der Behörde vor, noch hat uns eine entsprechende Anfrage über ein Rechtshilfeersuchen von deutschen Behörden erreicht. Anders als von Vertretern von Roskomnadzor dargestellt, ist mailbox.org auch keine russische Gerichtsentscheidung bekannt, nach der mailbox.org hätte Daten herausgeben müssen. Sollte es eine solche Entscheidung tatsächlich gegeben haben, dann wurde sie uns nie zugestellt. Insofern sind wir von dem Vorfall und den Vorwürfen von Roskomnadzor sehr überrascht.

Selbstverständlich würde mailbox.org rechtmäßig gestellte Auskunftsanfragen von Behörden beantworten. Diese müssen jedoch auf Basis der deutschen und europäischen Rechtslage auch zulässig sein“, sagt Peer Heinlein. Ausländische Behörden müssten dazu in der Regel den Weg eines Rechtshilfeersuchens wählen. „In keinem Fall wird mailbox.org jedoch Daten seiner Nutzer rechtswidrig herausgeben, weder an in noch an ausländische Behörden. Jede Auskunftsanfrage wird im Einzelfall stets von darauf spezialisierten Juristen auf Zulässigkeit geprüft.

Sollte ein Nutzer von mailbox.org E-Mails mit Androhung eines Bombenanschlages versenden, ist das aufs Schärfste zu verurteilen und nicht zu tolerieren“, schrieb Heinlein auf dem Blog des Unternehmens. Selbstverständlich distanziert sich mailbox.org von solchen Vorgängen ausdrücklich. Wenn man jedoch aufgrund einzelner Vorfälle einen freien Telekommunikationsanbieter sperrt und man all seine Nutzer unter Generalverdacht stellt, so ist dies maßlos überzogen und reine Willkür. Wenn dies dann noch ohne Einhaltung eines rechtsstaatlichen Verfahrens passiere, so sei das laut Heinlein für keinen demokratischen Staat tolerierbar.

Auf das Tor-Netzwerk wurde ein „Kopfgeld“ ausgesetzt

Kopfgeld für unsere Daten

Wir erinnern uns, dass bereits 2014 ein „Kopfgeld“ ausgesetzt wurde. Das Tor-Netzwerk sollte geknackt werden. Dafür hatte man umgerechnet über 110.000 Dollar als Preisgeld ausgesetzt. Die Summe sollte der Programmierer erhalten, der die Verschlüsselung des Tor Netzwerks aushebeln kann.

Private und abhörsichere Kommunikation so scheint es, ist neben freier Meinungsäußerung der russischen Regierung auch weiterhin ein Dorn im Auge. Zumindest reißen die negativen Schlagzeilen rund um die Bemühungen Russlands, dass Internet und seine User zu überwachen, zu zensieren und zu regulieren schon seit Jahren nicht mehr ab.

Freie und sichere Kommunikationsstrukturen in einem freien Land

Dass sich User offen untereinander austauschen können ohne stets einen „Lauschangriff“ von staatlicher Seite befürchten zu müssen, ist leider auch 2019 noch immer keine Selbstverständlichkeit. Wir sollten nicht vergessen, dass uns auch hier in Deutschland immer wieder Politiker und Behörden versuchen einzuschränken und verstärkt zu überwachen.

Immer wieder ertönt der Ruf nach noch mehr (Online) Überwachung oder einer weniger sichereren Verschlüsselung von Messengern. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte erst Anfang Mai, Messengerdienste wie WhatsApp und Telegram verpflichten, den Sicherheitsbehörden Zugang zu verschlüsselten Nachrichten zu verschaffen. Wer dem nicht nachkommt muss damit rechnen, dass die deutsche Bundesnetzagentur sie demnächst sperren wird.

Deutschland nicht viel besser?

Russland ist also gar nicht so weit weg, wie wir immer denken. Auch sind die „Ausreden“ hüben wie drüben dieselben. Ob Bombendrohungen oder Terrorabwehr, Kriminalität oder Kinderpornografie. Um uns noch effektiver überwachen zu können oder endlich einen Staatstrojaner offiziell nutzen zu dürfen, ist jede Ausrede recht. Wem fällt da schon auf, dass in den regelmäßig erscheinenden und meist stolz von Seehofer vorgelesenen Kriminalitätsstatistiken die Kriminalität landesweit immer weiter zurückzugehen scheint.

Beitragsbild Victoria_Borodinova, thx! (Pixabay Lizenz)

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Sunny

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Sunny schreibt seit 2019 für die Tarnkappe. Er verfasst die wöchentlichen Lesetipps und berichtet am liebsten über Themen wie Datenschutz, Hacking und Netzpolitik. Aber auch in unserer monatlichen Glosse, in Interviews und in „Unter dem Radar“ - dem Podcast von Tarnkappe.info - ist er regelmäßig zu hören.