Sony fand ihre Urheberrechte mit dem Anbieten eines Musikalbums verletzt und klagte. Die Beklagte.erfüllte die sekundäre Darlegungslast.
Erneut kassierte die, auch als Abmahnkanzlei bekannte Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer, eine Schlappe vor Gericht. Das Amtsgericht Charlottenburg urteilte am 10.09.2019 in einer P2P-Klage mit dem Az. 224 c 312/18. Verhandelt wurde vor allem, ob eine Berliner Anschlussinhaberin ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt hatte.
Verhandlungsgegenstand war das Nutzen eines illegalen Tauschbörsenangebotes von urheberrechtlich geschützten Musikaufnahmen des Musikalbums „Lemonade“ von Beyoncé. Das Gericht befand, das die sekundäre Darlegungslast voll erbracht wurde, weil die Beklagte mit konkreten Hinweisen zu möglichen anderen Tätern beitrug. Für den entstandenen Schaden haftet jedoch niemand. Die Klage wurde abgewiesen.
Sony klagte auf Schadensersatz
Die Klägerin, die Sony Music Entertainment Germany GmbH, vertreten durch die Kanzlei Waldorf Frommer, nimmt die Beschuldigte auf Zahlung von Schadensersatz, von nicht weniger als 1.000,00 €, und Aufwandsersatz wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte in Anspruch. Die eingeleiteten Ermittlungen wegen des Herunterladens und der gleichzeitigen Bereitstellung des streitgegenständlichen Musikalbums in einer Tauschbörse führten zu ihrer IP-Adresse. Somit mahnte Sony Music die Beklagte ab. Diese beantragte, die Klage abzuweisen.
Beklagte plädierte auf nicht schuldig
Vor Gericht bekundet die Beklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli, ihre Unschuld. Da sie Abos bei Spotify, Apple Music und Amazon Prime habe, hatte sie eine illegale Beschaffung von Musiktiteln nicht nötig. Zudem hat sie besagtes, streitgegenständliches Album über iTunes käuflich erworben. Sie kann auch gar nicht mit P2P-Tauschbörsen-Software umgehen, erklärte sie.
In Wohngemeinschaft hatten alle Internetzugang
Zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung hat die Beklagte in einer studentischen Wohngemeinschaft gelebt. Die Anschlusskosten zum Internet hat man sich geteilt. Das Passwort habe auf der Rückseite des Routers gestanden. Ihre beiden Mitbewohnerinnen, zwei Schwestern, sowie der Freund von einer der beiden Schwestern, hätten gleichfalls die Möglichkeit gehabt, streitgegenständliches Album per P2P zu laden. Das Internet nutzte man in der WG zum Filme anschauen, Musik hören und für Social-Media-Plattformen. Zur Urheberrechtsverletzung befragt, stritten die Mitbewohner ab, für die Tat verantwortlich zu sein. Ob sie zum Tatzeitpunkt Besuch hatten, ließ sich nicht mehr nachvollziehen.
Beklagte erfüllte sekundäre Darlegungslast
Die Beklagte forderte ihre ehemaligen Mitbewohner auf, ihre Rechner auf Tauschbörsensoftware oder besagtes Musikalbum zu untersuchen. Diese sagten ihr gegenüber, das wäre nicht der Fall. Sowohl im Rechner, als auch auf dem iPhone der Beklagten befand sich „Lemonade“ von Beyoncé in der iTunes-Mediathek als gekaufter Artikel. Besagter Freund habe zur Zeit der Rechtsverletzung auch Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten gehabt. Er besaß zudem ein gesteigertes Musikinteresse. Ihm gehörte eine Festplatte mit große Mengen an Musikdateien.
Vor Gericht kamen diese Erkenntnisse nur stückenschenweise zum Vorschein, weshalb der Berliner Medienanwalt Ehssan Khazaeli noch im Termin weitere Beweisanträge in das Sitzungsprotokoll aufnehmen ließ. Er fuhr die Zeuginnen auch scharf an: Es könne nicht sein, dass derartige Details erst im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens ans Licht kommen. Der Rechtsanwalt wandte sich an das Gericht und legte dar, dass die beiden offenbar irgendwas verheimlichen würden und sich absichtlich dumm stellen. So fragte eine der Zeuginnen, ob „Tauschbörsen so etwas wie eBay-Kleinanzeigen“ seien. „Es ist durchaus üblich, dass mögliche Täter auf Nachfrage – oftmals zum Selbstschutz – eine Tatbegehung abstreiten, um nicht selbst in Anspruch genommen zu werden. Bei Geschwistern ist es naheliegend, dass sie sich gegenseitig decken“, sagte Khazaeli.
Der Freund der einen Mitbewohnerin käme „nach den bisherigen Erkenntnissen ebenfalls als Täter der Rechtsverletzung in Betracht“. Dies erklärte Khazaeli im Termin. Neben Freunden hätten auch AirBnB-Gäste WLAN-Zugang gehabt. Die Schwestern hätten Zimmer über AirBnB vermietet, wenn eine von ihnen nicht da gewesen sei. „Diese neuen Erkenntnisse haben wir mit Befremden zur Kenntnis genommen,“ sagte Khazaeli. Zu der Zeit, um die es gehe, seien sie wohl aber alle da gewesen.
Gericht entschied gegen Sony
Allgemeine Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast
Die Beklagte trifft in diesem Fall eine sekundäre Darlegungslast. Sie muss darlegen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen. Weiterhin hat sie nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne ihr Wissen und Zutun zu begehen.
Gleichfalls ist sie zu zumutbaren Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet. Sie muss vortragen, welche Erkenntnisse sie dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Sie hat die Umstände mitzuteilen, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann. Erfüllt der Anschlussinhaber die sekundären Darlegungslast, so ist wieder die Klägerin am Zug. Sie muss die Umstände darlegen und nachweisen, die für eine Haftung der Beklagten als Täter der begangenen Urheberrechtsverletzung sprechen.