Internet Archive, E-Book
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Bildquelle: geralt

Internet Archive: EFF und Durie Tangri übernehmen Verteidigung

Die EFF arbeitet mit der Anwaltskanzlei Durie Tangri zusammen, um das Internet Archive gegen eine Verlagsklage zu verteidigen

Gemeinsam mit der kalifornischen Anwaltskanzlei Durie Tangri übernimmt die Electronic Frontier Foundation (EFF) die Verteidigung von Internet Archive. Diese sieht sich gegenwärtig mit der Klage einiger Verlage konfrontiert.

Vier Verlage verklagen Internet Archive wegen Urheberrechtsverletzung

internet archiveWährend der Corona-Krise richtete Internet Archive ab dem 24. März 2020 eine National Emergency Library ein. Mit der Initiative wollten sie Schüler, Lehrer und Leser bei ihren Fernlernbemühungen unterstützen, indem sie freien Zugang auf über 1,4 Millionen E-Books gewährten. Allerdings verklagten die US-Verlage Hachette Book Group, HarperCollins, John Wiley & Sons und Penguin Random House das Internet Archive.

Sie konfrontierten die Organisation mit dem Vorwurf, über eine Million Werke kostenlos online gestellt zu haben. Mit den kostenlosen E-Book-Kopien hätte man „die Autoren und Verleger in einem Moment der Einnahmen beraubt, in dem diese dringend benötigt wurden“. Sie reichten am 01. Juni 2020 beim US-Bundesbezirksgericht in Manhattan Klage wegen „vorsätzlicher massenhafter Verletzung des Urheberrechts“ ein. Die Verlage verlangen sowohl eine Schließung der Online-Bibliothek, als auch einen gesetzlichen Schadenersatz in Millionenhöhe.

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Internet Archive fungiert als Bibliothek

Brewster Kahle, Gründer und Bibliothekar von Internet Archive, verteidigte seine Organisation. Er sagte, dass sie während der Coronavirus-Pandemie, als physische Bibliotheken geschlossen waren, nun aber als Bibliothek fungierten:

„Als Bibliothek erwirbt das Internet Archive Bücher und leiht diese aus, wie es Bibliotheken immer getan haben. Dies fördert die Bekanntwerden der Bücher und damit Autoren, aber auch Leser. Verlage, die Bibliotheken wegen Leihgabe von Büchern verklagen, in diesem Fall geschützte digitalisierte Versionen, während Schulen und Bibliotheken geschlossen haben, sind nicht im Interesse von irgendjemandem.“

e-bookDie Klage spricht sich nicht nur gegen das Format der National Emergency Library aus, in dem E-Books uneingeschränkt ausgeliehen werden können. Man beanstandet außerdem, dass der langjährige Ansatz von Internet Archive bei der Ausleihe von Büchern

„darauf abzielt, das sorgfältig kalibrierte Ökosystem zu zerstören, das Bücher ermöglicht. Bücher sind seit langem ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Fiktion und Sachliteratur versetzen uns in neue Welten. Sie erweitern unseren Horizont, geben uns eine Perspektive, spiegeln das ständig wachsende Wissen der Menschheit in allen Bereichen wider. Sie regen unsere Fantasie an und vertiefen unser Verständnis der Welt. Bücher erzeugen sich jedoch nicht von selbst. Sie sind das Produkt von Training und Studium, Talent und Tatkraft, Ausdauer und Kreativität, Investition und Risiko sowie unzähligen Arbeitsstunden.“

Beim Internet Archive läuft es jedoch anders als in öffentlichen Bibliotheken mit E-Book-Leihprogrammen. Herkömmliche Bibliotheken zahlen Lizenzgebühren an Verlage. Das Internet Archive hingegen erwirbt Kopien über gespendete oder gekaufte Bücher, die dann gescannt und online gestellt werden. Die digitale Kopien von Büchern unterliegen strengen Regeln hinsichtlich dem Verleih. Dementsprechend werden die E-Books auf die gleiche Weise mittels einer Warteliste begrenzt, wie es die Anzahl der verfügbaren physischen Kopien in einer normalen Bibliothek auch sind.

EFF und Durie Tangri sehen Gefahr für das CDL-Programm

Electronic Frontier Foundation (EFF)Die Electronic Frontier Foundation (EFF) und die Anwaltskanzlei Durie Tangri sehen durch die Klage das CDL-Programm (Controlled Digital Lending) bedroht. Unter Nutzung des Programms ist es Menschen weltweit möglich, digitale Kopien von Büchern aus dem Besitz des Archivs und seiner Partnerbibliotheken auszuleihen. In ihrer Klage behaupten Hachette, HarperCollins, Wiley und Penguin Random House, das CDL habe ihren Unternehmen Millionen von Dollar gekostet und sei eine Gefahr für sie.

Corynne McSherry, Rechtsdirektorin von EFF, begrüßt die Entscheidung:

„EFF ist stolz darauf, mit dem Archiv zusammenzuarbeiten und diesen wichtigen öffentlichen Dienst zu schützen. Kontrollierte digitale Kreditvergabe hilft dabei, Bücher an Lehrer, Kinder und die breite Öffentlichkeit zu bringen, wenn dies notwendiger und schwieriger als je zuvor ist. Es ist keine Bedrohung für das Endergebnis eines Verlags.“

Joseph Gratz, Anwalt und Durie Tangri-Partner, sieht durch Internet Archive keine Verlagsrechte verletzt:

„Internet Archive leiht Bibliotheksbücher jeweils an einen Benutzer aus. Das ist es, was Bibliotheken seit Jahrhunderten tun und wir sind stolz darauf, Internet Archive zu vertreten, indem wir uns für die Rechte von Bibliotheken im digitalen Zeitalter einsetzen.“

Wie TorrentFreak treffend kommentiert, sei es für beide Parteien noch nicht zu spät für eine Einigung. Jedoch, „angesichts der Rechtskräfte, die sich jetzt auf beiden Seiten versammeln, wird dies zu einer weiter entfernten Perspektive. Außerdem steht für alle Beteiligten viel auf dem Spiel. Beide Seiten haben das Potenzial, Einfluss darauf zu haben, wie die Öffentlichkeit in Zukunft gescannte und ausgeliehene Inhalte konsumieren kann.“

Tarnkappe.info

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.