China-Zensur
China-Zensur
Bildquelle: duiwoy, Lizenz

China: unveröffentlichter Roman Opfer von Netz-Zensur

Ein Textverarbeitungsanbieter sperrte eine Schriftstellerin in China aus ihrem online gespeicherten Dokument mit 1,3 Millionen Wörtern aus.

Eine chinesische Roman-Autorin, die unter dem Pseudonym Mitu publiziert, schrieb ihren Text in WPS. Das ist eine in China weitverbreitete und Cloud-basierte Office-Suite von Kingsoft Office Software. WPS Office hat sich in China als eine Alternative zur hiesigen Microsoft Office Suite etabliert.

Am 25. Juni prangerte die Autorin in dem chinesischen Literatur-Forum Lkong die Vorgehensweise von WPS an. Sie stellte den Vorwurf der Zensur in den Raum. Wegen illegaler Inhalte hätte WPS ihr den Zugang auf ihren bereits umfangreichen Entwurf mit 1,3 Millionen Wörtern verweigert. Auf Sina Weibo, der chinesischen Microblogging-Website, ging das Thema viral und sorgte für entsprechende Empörung. Darüber berichtete die South China Morning Post.

Schriftstellerin prangert Überwachungszwang in China an

Anfang letzten Monats äußerte eine chinesische Schriftstellerin Bedenken hinsichtlich einer Datenschutzverletzung in Bezug auf WPS Office, eine Textverarbeitungssoftware, die Dateien in der Cloud speichert. Die Autorin beschuldigte das in China ansässige Unternehmen, lokal gespeicherte Inhalte „auszuspionieren und zu sperren“.

Wie sie berichtete, hat man sie wegen angeblich illegaler Inhalte von einem Entwurf ihres Romans ausgeschlossen. Wie Mitu versichert, sei der Dokumente-Inhalt sauber. Man könne ihn sogar auf einer Website veröffentlichen. Nur beschloss WPS, dass er gesperrt werden sollte. Mitu kritisiert: „Wer hat der Firma das Recht gegeben, in die privaten Dokumente der Nutzer zu schauen und willkürlich zu entscheiden, was damit zu tun ist“.

Unternehmen Kingsoft beruft sich auf geltendes Gesetz in China

Nachdem Kingsoft die Anschuldigungen zunächst zurückgewiesen hatte, gab es später eine weitere Erklärung ab, in der es sich auf das Cybersicherheitsgesetz von China berief und die Entscheidung des Unternehmens verteidigte, Inhalte in dem Dokument zu zensieren. In seinen jüngsten Mitteilungen gab Kingsoft zu, dass es in der Lage ist, auf Dokumente zuzugreifen und sensible Inhalte zu sperren.

Das Unternehmen weigerte sich jedoch, genauere Einzelheiten zu deren Zensuraktivitäten preiszugeben. Noch am selben Tag kündigte Kingsoft an, Werbung bis Ende 2023 dauerhaft aus der kostenlosen Version seiner WPS-Suite zu entfernen. Mit diesem Schritt betreibt das Unternehmen Schadenbegrenzung und will so offensichtlich das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen.

Allerdings sind Eingriffe in die Privatsphäre von Usern unter in China tätigen Unternehmen bereits Alltag. Auch WeChat muss Inhalte auf ihren Social Media Plattformen überwachen, zensieren und gegebenenfalls löschen. Nichtbefolgung der staatlichen Vorgaben haben empfindliche Strafen und Sanktionen zur Folge. Zudem wies eine Studie von Citizen Lab darauf hin, dass die Microsoft-Suchmaschine Bing Begriffe, die in China als sensibel gelten, zensieren würde.

Dokumentensperrung als neue Überwachungsebene

Wie The Register resümiert, stelle das „Einsehen und Sperren von mit chinesischer Software erstellten und in der Cloud gespeicherten Dokumenten eine neue Ebene der Überwachung und Zensur dar“. Nachdem Mitu das Problem WPS geschildert hatte, konnte sie danach, am 28. Juni, wieder darauf zugreifen. Gemäß The Economic Observer, habe es zudem noch ähnliche Fälle wie diesen gegeben. Auch hier waren Dokumenten von Autoren aus Gründen der China-Zensur gesperrt.

Datenschutz und Zensurverpflichtung schließen sich aus

MIT Technology Review hob hervor, das Thema hätte „die Spannung zwischen dem zunehmenden Bewusstsein chinesischer Benutzer für den Datenschutz und der Verpflichtung von Technologieunternehmen offengelegt, im Namen der Regierung zu zensieren.“ Tom Nunlist, Analyst für Chinas Cyber- und Datenpolitik bei der in Peking ansässigen Forschungsgruppe Trivium China betonte:

„Dies ist ein Fall, in dem wir vielleicht sehen, dass diese beiden Dinge tatsächlich kollidieren könnten“.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.