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Bildquelle: Pat Whelen

AlphaBay is back: Ex-Marktführer der Darknet-Marketplaces wagt Neustart

AlphaBay returns. Aufgrund der DDoS-Angriffe der Konkurrenz rät man den Interessenten, für einen Besuch auf das I2P-Netzwerk auszuweichen.

DeSnake gab vor einer Woche beim Forum dread bekannt, dass er den illegalen Darknet-Marketplace AlphaBay vier Jahre nach seiner Deaktivierung durch internationale Strafverfolgungsbehörden neu aus den Angeln hebt.

AlphaBay dreht die nächste Runde

alphabay @ dreadVier Jahre nach der Schließung durch das FBI im Rahmen der Operation Bayonet startet DeSnake, einer der ehemaligen Admins, den Darknet-Marketplace AlphaBay mit einer neuen Version. Beim Reddit des Tor-Netzwerks, Dread, kündigte DeSnake an, dass er einige Neuerungen für seinen Online-Shop plane. Er sei in keinster Weise kompromittiert worden. Er habe während seiner aktiven Zeit über 20 Jahre hinweg stets peinlichst genau auf seine Sicherheit geachtet.
Bei Ghostbin veröffentlichte er ein erstes Statement, um jede Menge Aufmerksamkeit zu generieren. Bei Dread gibt es mittlerweile unter der Adresse http://dreaddit7vkxgsrz.onion/d/AlphaBay einen eigenen Bereich für das neue AlphaBay.

Mitgründer DeSnake schreibt, dass er mit seinem neuen Projekt eine „sichere Umgebung für Käufer bieten“ will. Und dies „ohne Sicherheit oder Zugänglichkeit zu opfern oder sich nur auf wenige Möglichkeiten zu beschränken“.

Hintergrund von AlphaBay

Der Online-Marktplatz war von 2014 bis Juni 2017 aktiv, als er nach einer internationalen Strafverfolgungsoperation und der Verhaftung eines seiner Administratoren Alexandre Cazes, der unter dem Pseudonym „Alpha02/Admin“ operierte, geschlossen wurde. Mit seinen illegalen Aktivitäten war er über Jahre hinweg sehr gut im Geschäft. Dem FBI zufolge war AlphaBay zehnmal größer als die Plattform Silk Road. Über 40.000 Vendoren (Händler) versorgten darüber weltweit mehr als 200.000 Kunden mit ihren illegalen Waren und Dienstleistungen. Das waren harte Drogen, darunter Fentanyl und Heroin, Waffen, Juwelen, Falschgeld, gefälschte Ausweispapiere, ausgespähte Kreditkartendaten und Internet-Kundenkonten.

Oft erfolgte die Zustellung der illegal erworbenen Waren per Post. Insgesamt sollen die Händler-Portale Hunderttausende Dollar pro Tag umgesetzt haben. Alexandre Cazes stellte den Vendoren seinen Marketplace AlphaBay für ihre illegalen Transaktionen zur Verfügung. Im Gegenzug verdiente er durch die anfallende Provision in Höhe von zwei bis vier Prozent auf alle Verkäufe sehr viel Geld. Seit der Gründung von AlphaBay im Dezember 2013 sollen rund eine Milliarde Dollar darüber den Besitzer gewechselt haben.

Am 5. Juli 2017 verhaftete man Cazes in Thailand. Die kanadische Polizei beschlagnahmte die Server, die in Québec beheimatet waren. Eine Woche nach seiner Verhaftung fand man Cazes in einer thailändischen Gefängniszelle tot auf. Man nimmt an, dass er Selbstmord begangen haben soll.

alphabay market screenshot

Neue Version soll keine Kopie sein

Der Neustart ist laut einer Analyse des Sicherheitsforschers Tom Robinson keine exakte Nachbildung des alten Online-Shops. Vielmehr wird die aktuelle Version der Seite als Hommage an das Original und als Hommage an den inzwischen verstorbenen mutmaßlichen AlphaBay-Mitbetreiber Alexandre Cazes beschrieben. Als Zahlungsmittel soll ausschließlich der Monero eingesetzt werden.

Laut DeSnake, der früher ebenfalls AlphaBay administriert hat und dessen man nicht habhaft werden konnte, soll der Marketplace nun neue Maßstäbe für ein nachhaltiges Modell setzen. Die neuen Macher wollen einen „professionell geführten, anonymen, sicheren Marktplatz“ aufbauen. Das Netzwerk an Marktplätzen soll dem von Amazon ähneln. Jeder Marktplatz soll dabei autonom, komplett anonym und dezentral agieren. Käufer und Verkäufer sollen bei allen AlphaBay-Marktplätzen mit ein und demselben Konto bezahlen können. DeSnake hat einige Waren bzw. Dienstleistungen verboten:

  • verboten sind Marketplaces für Auftragsmorde, zumal die meisten sowieso nur der Abzocke dienen
  • kein Handel mit Waffen erlaubt, auch keine Diskussionen darüber
  • verboten sind jegliche Impfstoffe gegen Covid-19
  • kein Verkauf von Substanzen, die auf Fentanyl basieren
  • untersagt ist bei AlphaBay zudem das Aufdecken persönlicher Daten (Doxing)
  • nicht erlaubt sind ferner jegliche Aktivitäten von Personen aus Russland, Weißrussland, Kasachstan, Armenien und Kirgisistan.
  • lediglich den Handel mit Logins großer Erotik-Portale toleriert man, alles weitere ist verboten
  • verboten ist ferner alles, was mit Ransomware im Zusammenhang steht.
i2p

Zugang über Tor-Netzwerk deutlich erschwert

Auf der technischen Seite behauptet man, über eine von Grund auf neu gebaute, sichere und überprüfte Codebasis zu verfügen. Dazu kommen Bulletproof-Server und diverse Sicherheitsvorkehrungen, um Störungen jeglicher Art (Hardware, Razzien/Beschlagnahmungen usw.) zu bewältigen. So auch das selbst entwickelte AlphaGuard (AG)-System, das sicherstellt, dass Käufer bzw. Verkäufer jederzeit auf ihre Wallet-Gelder (einschließlich ihr Treuhandkonto) via I2P/Tor zugreifen können. Auch gebe es ein vollständig automatisiertes System für den Fall, dass es zu Streitigkeiten kommen soll. Paris, ein ehemaliger Mitstreiter, gab bei Dread an, den Mitgründer DeSnake überprüft und als solchen identifiziert zu haben.

Über das I2P-Netzwerk ist das Portal über die Adresse http://tnaefzkcnhryeusi7hdpqujqiqmnbtah3dmjcg3gvezohunjuxbq.b32.i2p erreichbar. Der Zugang über das Tor-Netzwerk ist aufgrund von umfangreichen und anhaltenden DDoS-Attacken erschwert. Durchschnittlich vier Versuche benötige man, um die Seite via Tor zu besuchen, schreibt man im hauseigenen Wiki (http://dreaddit7vkxgsrz.onion/d/AlphaBay/wiki?id=8e4bb791). Wer nicht reinkommt, soll sich neu mit dem Netzwerk verbinden, um einen anderen Zugang auszuprobieren. Freilich bleibt abzuwarten, ob die Sicherheitsvorkehrungen so umfangreich und innovativ sind, wie man sie derzeit ankündigt. Der Wettbewerb lässt momentan zumindest nichts aus, um den Neustart so holprig wie möglich zu gestalten.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.