Die Mehrheit der EU-Bürger spricht sich laut einer Umfrage gegen die von der EU geplanten Nachrichten- und Chatkontrolle aus.
Dreiviertel der EU-Bürger lehnen die EU-Pläne einer flächendeckenden Nachrichten- und Chat-Kontrolle ab. Das geht aus einer repräsentativen YouGov-Umfrage hervor, die der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer in Auftrag gegeben hatte. Dabei wurden rund 10.000 Bürger aus zehn EU-Ländern befragt.
EU will E-Mails und Chats durchsuchen
Zur Bekämpfung von Kinderpornografie plant die EU-Kommission, die gesamte private digitale Kommunikation automatisiert zu durchforsten, um dadurch im Verdachtsfall Strafanzeige erstatten zu können. Eine derzeit zwischen Parlament, Rat und Kommission verhandelte Übergangsverordnung soll zunächst Anbietern von E-Mail-, Chat- und Messenger-Diensten die entsprechende Erlaubnis erteilen. Ein für Sommer angekündigter zweiter Gesetzesentwurf der Kommission soll daraufhin alle Dienste zur Chat-Kontrolle verpflichten. Im Raum stehen des Weiteren auch offenbar Hintertüren für verschlüsselte Kommunikation.
Gegenüber Tarnkappe.info erklärte die EU im August letzten Jahres noch, man strebe die Beibehaltung von E2E-Encryption bei gleichzeitiger Verbrechensbekämpfung durch Hintertüren an. Antworten zu dieser sonderbaren Aussage und ihrer technischen Umsetzung blieb die EU-Kommission aber bereits damals schuldig. Die Piratenpartei, der auch Dr. Patrick Breyer angehörig ist, sieht demgegenüber die Gefahr für „Massenüberwachung durch vollautomatisierte Echtzeit-Chatkontrolle und damit die Abschaffung des digitalen Briefgeheimnisses“.
72 Prozent der Europäer lehnen Gesetzesentwurf ab
Gegenwind bringen nun Erkenntnisse aus der Meinungsforschung. Denn wie aus der jüngsten YouGov-Umfrage eindeutig hervorgeht, lehnen EU-Bürger das Vorhaben entschieden ab. Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut befragte Bürgerinnen und Bürger aus den Niederlanden, Polen, Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, Tschechien, Spanien, Schweden und Irland. YouGov wollte von den Teilnehmern wissen, wie diese zur automatischen Durchsuchung aller persönlichen elektronischen Mails und Nachrichten stehen, um nach mutmaßlich verdächtigen Inhalten zu suchen. Gesamteuropäisch hat sich demzufolge eine große Mehrheit von 72 Prozent der Befragten dagegen ausgesprochen. Nur 18 Prozent hingegen unterstützen die Pläne der Europäischen Union. In Deutschland missbilligen überdies 69 Prozent der Befragten den EU-Vorstoß.
EU-Abgeordneter kritisiert Instrumentalisierung junger Menschen
Dr. Breyer sieht indes in dem Umfrageergebnis einen „Aufschrei gegen die geplante totale Durchleuchtung privater Nachrichten mit fehleranfälliger Strafanzeigeautomatik“. „Selbsternannte Kinderschützer“ hätten zudem kein Recht, „sich zum Sprachrohr junger Menschen aufzuschwingen, ohne sie jemals gefragt zu haben“. Abschließend sagt Dr. Breyer, dass die ehemalige Richterin des Europäischen Gerichtshofes, Prof. Dr. Ninon Colneric, die Pläne bereits begutachtet und festgestellt habe, dass die EU-Gesetzesvorhaben nicht im Einklang mit der Rechtsprechung stehen.
Tarnkappe.info