Pekinger Regierung: Game Over
Pekinger Regierung: Game Over
Bildquelle: Sigmund, thx!

Pekinger Regierung setzt Zulassung neuer Games aus

Die Pekinger Behörden leiten weitere Schritte gegen die grassierende Online-Sucht ein. Vorerst werden keine neuen Games mehr zugelassen.

Der Bericht der South China Morning Post basiert auf Aussagen anonymer Insider aus dem Umfeld Pekinger Behörden. Die Zulassung neuer Videospiele setzt man für ganz China aus. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat die Regierung der Volksrepublik China noch rund 600 neue Videospiele zugelassen. Ähnlich wie im Jahr 2018 hat man das Vorgehen jetzt pausiert.

In der Folge verloren die Aktien der beiden Spielehersteller Tencent und Netease gehörig an Wert. Tencent gab bekannt, man schiebe den Veröffentlichungstermin der geplanten Smartphone-App „League of Legende: Wild Rift“ weiter nach hinten, um das Spiel im eigenen Haus ausführlich zu prüfen.

Pekinger Regierung kämpft gegen das „Opium für den Geist“

Laut der regierungsnahen Quellen soll die Verlangsamung der Genehmigungen für neue Videospiele im Einklang mit Pekings Initiative zur Reduzierung der Spielsucht bei Minderjährigen stehen, die letzte Woche bekannt wurde. Vorgestern fand deswegen ein Treffen von Mitarbeitern mehrerer Aufsichtsbehörden und der beiden großen Spielepublisher statt. Der Lizenzierungsprozess für neue Spiele hatte sich schon seit über einem Monat verlangsamt. Regulär erlauben die chinesischen Behörden jeden Monat bis zu 100 neue Spieletitel.

Die Verzögerungen im Lizenzierungsprozess seien notwendig, um eine reibungslose und erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen zur Reduzierung der Spielsucht bei Minderjährigen zu gewährleisten. Die nationale Aufsichtsbehörde für Presse und Veröffentlichungen (NPPA) verglich letzte Woche Online-Games mit „Opium für den Geist“. Um die Abhängigkeit von Minderjährigen einzudämmen, ordnete man vergangene Woche an, dass Minderjährige nur noch drei Stunden pro Woche zocken dürfen.

Gaming

Das Kontingent haben die meisten Betroffenen sicher schon an einem Abend aufgebraucht. Online kann man in China nur nach vorheriger Anmeldung gehen. Die Spielehersteller hat man auch angewiesen zu unterbinden, dass Jugendliche unerlaubt Nachts die Zugänge ihrer Eltern missbrauchen, um die Regulierung zu umgehen. Wahrscheinlich soll dies vor allem mittels Gesichtserkennung realisiert werden.

Hersteller sollen „unmännliche Inhalte“ entfernen

Darüber hinaus ordnete man die Hersteller nun an, ihre Videospiele regelrecht zu säubern. So sollen sie Szenen mit „schwuler Liebe“, der Anbetung des Geldes, „Verweiblichung“ nebst obszönen oder gewalttätigen Szenen aus ihren Games entfernen. Das Gleiche gilt übrigens ganz aktuell auch für Chinas Fernsehsender und Streamingdienste. Diese müssen ihre Inhalte nun ebenfalls in Hinblick auf die neuen Anordnungen untersuchen, um sich nicht strafbar zu machen.

Im Beitrag der South China Morning Post heißt es, den Pekinger Regulierungsbehörden gehe es darum, die Spielebranche regelrecht „zu zähmen“. Analysten zeigen sich überrascht, wie offensiv man den Suchtfaktor von Videospielen und die damit verbundene Monetarisierung ins Visier nimmt. Die Anordnungen stellen das Freemium-Modell vieler Games nebst der Zukunft der gesamten landeseigenen Branche infrage. An Freemium Spielen kann man kostenlos teilnehmen. Doch wer erfolgreich sein will, ist darauf angewiesen, zusätzliche Fähigkeiten oder Gegenstände mithilfe von kostenpflichtigen In-Game-Käufen zu erwerben bzw. diese aufzuwerten.

Gaming-Branche zähmen oder zerstören?

Die Auswirkungen auf die Branche werden wieder enorm sein, wenn man die Erlaubnis längerfristig aussetzt. Als die Pekinger Regierung das letzte Mal die Genehmigungen für Videospiele einfror, schlossen in den Jahren 2018 und 2019 mehr als 28.000 Spieleunternehmen ihre Pforten, so ein Bericht des staatlichen Fernsehsenders China Central Television. Nicht nur auf Netease und Tencent Games kommen somit harte Zeiten zu.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.