glosse, facepalm
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Bildquelle: Piqsels

Glosse im Juni mit AnonLeaks, Copyright-Ogern & geldgeilen Politikern

Lasset uns den Vorhang für die Glosse heben. Was ist Erwähnenswertes im Juni 2021 passiert? Unser satirischer Monatsrückblick mit Schmackes.

Das hättet ihr jetzt auch ohne Glosse gewusst. Doch ganz ehrlich, das haben wir schon häufiger erlebt. EM-Zeiten sind für unsere Bürgerrechte stets gefährliche Zeiten. Die Herren Politiker kommen dann zu gerne auf dumme Ideen und erlassen klammheimlich Gesetze, die unser aller Freiheit beschneiden. Das Volk konzentriert sich auf 22 Männer mit rollendem Ball. Besser wäre es ohne Unterbrechung den Berliner Laiendarstellern vom Reichstags-Theater auf die Finger zu schauen. Doch machen wir uns nichts vor. Eine effektive Kontrolle ist eh nicht möglich. Aber wenn Olympia, eine EM oder WM läuft, besteht stets höchste Alarmstufe …

Glosse im Juni – so heiß wie das Wetter?

Im Kampf gegen Schwarzkopien lassen sich die Winkeladvokaten der Filmindustrie so richtig was einfallen. In der ersten Juniwoche berichteten wir, dass Kanzleien in mehreren Verfahren zunehmend gegen einzelne VPN-Anbieter vorgehen. Man wirft ihnen vor, dass sie keine Protokolle eingerichtet hätten, um potenzielle RaubMordKopierer zu identifizieren. Auch LeaseWeb und anderen Webhostern, die ihre Racks für VPN-Server geöffnet haben, will man nun an der weiterhin bestehenden Urheberrechtsproblematik eine Teilschuld geben. Man habe es versäumt, die Accounts der VPN-Firmen zu kündigen, nachdem bei Leaseweb ein Bombardement an Beschwerden einging.

Angeschossen haben die Juristen auch Peter Sundes Domain-Bude Njalla. Der als bullet proof Registrar bekannte Anbieter musste dem rechtlichen Druck nachgeben, um einzelne Piraten-Domains zu sperren. Dumm gelaufen, würde ich sagen.

Rechteinhaber wollen am liebsten alles und jeden zur Verantwortung ziehen

Dazu passt leider zu gut die News vom 20. Juni, in der bekannt wurde, dass sich proMedia/Rasch den denkbar kleinsten und nicht kommerziellen Gegner des Webs herausgepickt hat. Das wirklich Schlimme daran ist aber, dass das Ziel, also die Stiftung Quad9, gar nichts mit der ganzen Sache zu tun hat. Quad9 tut nichts anderes, als den Surfern kostenlos eine DNS-Auflösung zur Verfügung zu stellen. Wenn das Vorgehen von Rasch Rechtsanwälte klappt, könnte man versuchen zu argumentieren, dass auch die Mozilla Foundation haftbar gemacht werden kann. Wenn das mal nichts für unseren Monatsrückblick ist !??

Schließlich braucht man einen Browser, um eine Webseite betreten zu können. Oder den Hersteller der Maus oder einer Tastatur, weil ohne Eingabegerät kann man keine Rechtsverletzungen durchführen. Wie wäre es, alle Hersteller von HDMI-Kabeln und PC-Monitoren wegen des Transports und der Ausgabe der Schwarzkopien zu verklagen? Sollten die Richter die Klage abnicken, was theoretisch möglich ist, zumindest bei dem Landgericht, dann wäre fast alles möglich. Das ist absurd, meint ihr? Ja, stimmt schon. Aber die einstweilige Verfügung gegen Quad9 ist nicht minder absurd.

Unser Monatsrückblick: Störerhaftung einmal ganz anders!

Ich möchte den Begriff Störerhaftung doch einmal ganz anders interpretiert wissen. Weil mich deren Vorgehen stört, müsste Mr. proMedia jetzt ganz „Rasch“ für dieses Ärgernis haften. Wie wäre es mit Schmerzensgeld, wenn ich so einen Shize lesen muss?! Oder habe ich den Vorfall etwa, wie er, komplett zu meinem Vorteil ausgelegt?

Die Richter am Landgericht Hamburg würden wahrscheinlich sogar eine Urheberrechts-Abgabe auf Atemluft durchwinken, wenn man die Anklageschrift nur technisch genug formuliert. Weil davon haben die Damen und Herren offenkundig keinen Schimmer. Oh nein, lassen wir das, selbst wenn es für eine Glosse taugt. Sonst rege ich mir nur wieder auf. Mein Blutdruck …

glosse, sarcastic comment loading
Bitte warten: Die sarkastischen Kommentare laden noch immer. Die nächste Glosse kommt bald ™.

AnonLeaks mega fleißig

Okay, die Deutschen sind in der EM im hohen Bogen rausgeflogen. Doch auch in den Wochen davor waren die Haecksen und Hacker von AnonLeaks wirklich sehr aktiv. Nein, ich meine nicht diese lächerlichen Ankündigungs-Videos, die von Anonymous immer mal wieder in die Welt gesetzt werden. Keine Computerstimme mit wirren Drohungen ist gemeint, sondern echt krasse Aktionen. So hat man kenfm.de gehackt und für reichlich Spaß im Netz gesorgt. In der eigenen Fachsprache nennt sich das: They did it for the lulz.

Unbezahlbar auch so manche Kommentare bei uns im Forum, wo sich Fans der Verschwurbelungs-Fraktion episch aufgeregt haben. Sie wollen die „versiffte“ Seite nie wieder betreten. Oh weia, ganz ehrlich: Wir von Tarnkappe.info erstarren geradezu in Angst vor den zwei Seitenzugriffen weniger im Monat. Und wenn schon, dann sind wir bitte eine linksversiffte Seite. Glosse Go, VT-Mist raus – bitte keine halben Sachen mehr!

operation tinfoil

kenfm.de, ignorance.eu, Roger Bittel, who’s next?

Ach ja, ignorance.eu und Roger Bittel haben sie auch gehackt. Dabei haben wir nicht mal annähernd alle Aktionen von AnonLeaks beleuchtet. Wer sich die boshaften und höchst nerdigen Blogeinträge durchlesen möchte, sollte sich einmal in Ruhe AnonLeaks.net zu Gemüte führen. Da steht alles drin über die offensichtlich rechtswidrigen Aktivitäten, die die Hacker im Rahmen ihrer #operation tinfoil durchgeführt haben. Über die Maßnahmen kann man freilich diskutieren, zumal alles illegal ist. Doch das angestrebte Ziel klingt echt nicht verkehrt. Man kämpft gemeinsam gegen die Verschwörungs-Erzähler, „damit nicht am Ende aus einem Verschwörungsmythos eine Verschwörung gegen den Staat und die freiheitlich demokratische Grundordnung entwächst.“

Die Glosse als Song

Kommen wir zurück zum anfangs erwähnten Song. Der ist ausgerechnet von Helge Schneider. Also einem Mann, den man nur selten mit ernsthaften oder gar sozialkritischen Texten in Verbindung bringen würde. Ich kannte den nur wegen seinem Katzenklo. Ach ja, und das Herz, was er bei eBay reingesetzt hat. Ich gebe es ja zu. Über die Komposition von „Die Herren Politiker“ kann man streiten, die muss man nicht mögen. Doch man muss bedenken, dass das Lied bereits im Jahr 1991 veröffentlicht wurde. Also zu einer Zeit, wo vielleicht so manche Leserin und so mancher Leser der Tarnkappe noch gar nicht geboren war. Und ja, ich weiß, ich wiederhole mich. Aber in dem Fall tue ich das gerne. Schieben wir das doch einfach auf mein Alter und sagen, es war #blitzAlzheimer.

„Die Herren Politiker“

Die Musik spielt hierbei wirklich nur eine untergeordnete Rolle, es geht um die Lyrics! Weil die passen damals wie heute wie die Faust auf’s Auge. Ich zitiere jetzt mal vollständig, selbst wenn das eine Urheberrechtsverletzung darstellen sollte. Scheiß drauf:

Gallia est divisa in partes tres, alea jacta sunt

Und die Herren Politiker, die sind, die sind, die sind, die sind alle doof!
Und die Herren Politiker, die sollen doch, die sollen doch, die sollen doch
Die sollen doch, sollen doch nach Hause gehen! Ja, die sollen nach Hause gehen
Bevor die wat entscheiden, erstma waschen. Hahahahahaha!
Die sind alle doof! Die wollen nur unser Geld!
Alle, alle, wie se da sitzen

Und die Herren Politiker, die sollen doch, die sollen doch, die sollen doch
Erstma, erstma erstma, erstma einen durchziehen
Bevor die wat entscheiden. Die Doofen!
Die sind doch alle doof!
Die wollen nur unser Geld, alle, alle wie se da sitzen!

Eines Tages wird die Welt untergehen
Und Schuld daran sind die Amerikaner und die Russen
Und auch wir, wo wir es zulassen, das es Atomkraft gibt
Dann sieht es ganz schlecht aus, für alle
Dies hier ist ein kleiner Vorgeschmack!

Ende gut, alles gut?

Vielleicht kann mir mal jemand Schlaues in den Kommentaren erklären, was die erste Zeile in Latein bedeuten soll. Das wäre fein.

In diesem Sinne. Bleibt sauber, schaltet das Hirn trotz Fußball bitte nicht aus. Wir lesen uns spätestens in einem Monat bei der nächsten Glosse. Dann ist die Ente (Sunny) oder Tristan wieder an der Reihe.

Mit freundlichen Grüßen aus der Provinz!

Euer Lars „Ghandy“ Sobiraj.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.