Saurons Auge
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Bildquelle: Saurons Auge von TheDigitalArtist

Canna Power richtet canna.tf nach DNS-Sperre ein

Schon Ina Deter wusste: Nicht neue Männer, sondern neue Domains braucht das Land. Aus canna.to machte man canna.tf. Doch für wie lange?

Canna.to. Der Betreiber hat bereits unter canna.tf eine weitere Domain eingerichet, um sein rechteverletzendes Musik-Portal weiterhin zugänglich zu machen. Gleiches gilt für das Forum unter board.canna.tf. Gestern gaben wir in einem Beitrag bekannt, dass Canna.to als nächstes dran ist. Wir erläutern jetzt, wie das im Detail vor sich geht.

Canna Power: Alle Schritte der DNS-Sperren von A bis Z

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a) Der Antragsteller ist stets ein Rechteinhaber. Es muss sich dabei aber nicht zwingend um ein Mitglied der Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII) handeln. In diesem Fall wurde wahrscheinlich eines der drei Major Labels aktiv, weil Canna Power unter canna.to beinahe unendlich viele Links zu offensichtlich rechtswidrigen Musik-Downloads beinhaltet.

b) Die Rechteinhaber müssen ihren Antrag immer schriftlich einreichen. Das Unternehmen muss glaubhaft machen, dass sie wirklich alle zivilrechtlichen Schritte unternommen haben, um gegen das Portal vorzugehen. So beispielsweise Anfragen beim Webhoster, Domain-Registrar, Anbieter des SSL-Zertifikats, CDN-Provider wie Cloudflare etc. pp.

c) Die CUII prüft dann, ob der Rechteinhaber wirklich alles Erforderliche unternommen hat, um gegen die Betreiber vorzugehen und um die Rechteverletzung zu beseitigen. Mitglieder des Gremiums sind alles ehemalige Richter aus dem Bereich Urheberrecht. Die Prüfung gilt als sehr aufwändig, die Richter in Ruhestand nehmen den Vorgang gründlich unter die Lupe, also ähnlich wie bei einem Gerichtsverfahren.

d) Das Gremium der CUII spricht jeden Monat eine oder mehrere Empfehlungen aus, welche Domains auf Antrag eines Rechteinhabers gesperrt werden sollen.

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e) Diese Empfehlungen gehen dann an die Bundesnetzagentur. Sobald die Bundesnetzagentur bestätigt hat, dass die DNS-Sperre unbedenklich ist, leitet sie diese an die teilnehmenden Internetzugangsanbieter weiter.

f) Im letzten Schritt setzen die Internet-Provider die Sperren nach eigenem Ermessen um. Es kann also schnell gehen, oder mal etwas länger dauern.

z) Auf unsere Anfrage hin teilte uns die Pressestelle der CUII mit; „(…) diese Umsetzung stelle aber kein Schuldeingeständnis der Internetzugangsanbieter dar“.

Ausweichdomains können sehr viel schneller gesperrt werden

Wird ein Antrag einmal genehmigt, erfolgt ohne dieses aufwändige Verfahren zeitnah die Sperre der Ausweichdomains. Von daher ist nicht klar, wie lange sich canna.tf halten wird. Wir erinnern uns an den zeitlichen Ablauf bei serien.sx und serienstream.sx. Dort verbarrikadierte man die neu eingerichteten Domains vergleichsweise schnell.

Im Vorfeld veranlasste die CUII übrigens eine kartellrechtliche Prüfung vom Bundeskartellamt.

s.to bei Similarweb
s.to goes down the drain, canna power is next?

Zugriffszahlen von s.to gehen schon den Bach runter

Wer glaubt, das alles habe keinen großen Einfluss, sollte sich mal die Kurve bei Similarweb anschauen. Die Zugriffszahlen sind dort seit der Sperre recht stark rückläufig. Eigentlich müsste die Kurve im März noch steiler nach unten gehen, weil die ersten Sperren erst ab dem 11.3. durchgeführt wurden. D.h. mindestens 10 Tage hatte die DNS-Sperre keinerlei Einfluss auf die Besucherströme. Ein ähnliches Bild dürfte Canna Power in vier Wochen abgeben.

ISPs handeln, weil nach dem Subsidaritätsprinzip niemand greifbar ist

Netzsperren, T-Mobile Austria, Boerse.to, WSC-Scriptz Community

Ein Brancheninsider berichtet, dass man im Zuge der Seitensperren bei Canna Power & Co. eigentlich an der am weitest entfernten Stelle ansetzt, nämlich bei den Zugangsprovidern. Diese haben mit der Bereitstellung der Warez eigentlich nichts zu tun. Dennoch mussten sie in der Vergangenheit langwierige und kostspielige Verfahren über sich ergehen lassen.

Nun greift also das Subsidiaritätsprinzip und man geht in der Kette so lange nach oben, bis man jemanden erreicht, in diesem Fall die Zugangsanbieter. Alles, was nach dem Anbieter kommt, sonnt sich im Schutze von Anonymität, die wiederum von Dritten zur Verfügung gestellt wurde.

Es wird also etwas „geheilt“, was an ganz anderer Stelle verursacht wird.

Canna Power muss sich etwas einfallen lassen

Für die Internet-Anbieter bedeutet das Verfahren allerdings, dass es eine Art Gleichbehandlung passiert. Zwar nehmen noch nicht alle Anbieter daran teil. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis weitere Provider dazu kommen. Je mehr es sind, desto schwieriger wird ein Wechsel – jedenfalls für diejenigen, die nicht in der Lage sind, sich technisch selber zu behelfen. Das Vorgehen hat auch den Inhalt, dass niemand mit einem Wettbewerbsnachteil rechnen muss, weil ja demnächst wahrscheinlich so gut wie alle Internet-Anbieter sperren werden. Den ISP wegen der Sperre zu wechseln, wäre für die Kunden sinnlos.

Weitere Internet-Provider werden sich anschließen

Wenn man schon ins Fleisch schneidet, müsse das auch an Ort und Stelle geschehen, so unser Insider. Also bei den Domain-Registraren und allen sonstigen Dienstleistern, die die Anonymität der Seitenbetreiber gewährleisten, damit diese ihr Geschäftsmodell weiter in Ruhe vorantreiben können.

Gegen die ganzen abgesicherten Anonymisierung-Dienste könne man halt derzeit noch nicht effektiv vorgehen. Die Problematik bleibt nach Aussagen des Insiders ein Geburtsfehler des Internets. Und genau deswegen existiere die CUII.

Netzsperren

Wie gesagt, die VPN-Anbieter freuen sich schon königlich. Der Rubel rollt jetzt schon. Und er könnte noch sehr viel mehr rollen. Davon ist zumindest auszugehen. Denn die DNS-Sperren von Canna Power stellen nur den Anfang dar. Das sollte man sich besser vor Augen halten.

Dazu kommt: Wer für Inhalte nichts bezahlen will, der bucht aber nicht unbedingt einen VPN-Dienst, sondern landet dann bei Spotify Free & Co.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.