Die USA forderten Norwegen 2013 auf, NSA-Whistleblower Edward Snowden umgehend festzunehmen und auszuliefern, sollte dieser einreisen.
Die USA forderten Norwegen im Jahr 2013 auf, NSA-Whistleblower Edward Snowden umgehend festzunehmen und auszuliefern, sobald dieser einen Fuß auf norwegischen Boden setzt. Diese Forderung ist, soweit bekannt, bis heute gültig.
Forderung nach Auslieferung durch US-Regierung und FBI
Am 27. Juni 2013 – kurz nachdem sich Edward Snowden öffentlich als Verantwortlicher für die spektakulären NSA-Leaks zu erkennen gab – schickte die US-Regierung eine offizielle diplomatische Notiz an die Regierung in Oslo. Das berichtet das norwegische Newsportal NRK unter Berufung auf geleakte offizielle Dokumente. Zusätzlich korrespondierte die US-Bundespolizeibehörde FBI mit dem norwegischen Justizministerium sowie der norwegischen Kriminalpolizei und übermittelte diesen ebenfalls entsprechende Forderungen. In den vom FBI geschickten Unterlagen wird Snowden als “flüchtiger Krimineller” bezeichnet. Zudem geht daraus hervor, dass Norwegen von den USA deswegen kontaktiert wurde, weil es dorthin Direktflüge von Moskau aus gibt.
Snowden saß zu diesem Zeitpunkt am Moskauer Flughafen Scheremetjewo fest und hatte Asyl-Anträge an eine ganze Reihe von Ländern, darunter Norwegen, gestellt. Ebensolche Schreiben hat man demnach auch an die anderen skandinavischen Länder verschickt. Die skandinavischen Länder wären für Snowden – abgesehen von ihrer Erreichbarkeit – wahrscheinlich auch aufgrund ihres Rufes, die Pressefreiheit besonders zu achten, attraktive Asyl-Länder gewesen. Norwegen stand 2013 auf Platz 3 der weltweiten Pressefreiheits-Rangliste der NGO „Reporter ohne Grenzen“.
Bekanntermaßtermaßen traten die USA mit ähnlichen Forderungen – und teilweise massivem Druck – auch an andere Länder, darunter Deutschland, heran. Die entsprechenden Dokumente sind nun aber zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gelangt.
Juristisch problematisch
Norwegen lehnte Snowdens Asyl-Antrag zügig ab. Und dies mit der rein formalen Begründung, entsprechende Anträge könne man nur bearbeiten, wenn sie auf norwegischem Boden stellt. Dennoch erhielten die USA den Druck auf Norwegen aufrecht und bekräftigten ihre Forderungen in den nächsten Wochen noch mehrfach.
Rechtsexperten halten das Verhalten der USA für äußerst problematisch. Die Forderung, Snowden sofort auszuliefern, sei nicht zulässig, da dem Betroffenen so nicht die Zeit bleibe, seine humanitären Rechte geltend zu machen, heißt es. Nach internationalem Recht dürfen Menschen Asyl beantragen, lange bevor ein Staat eine Auslieferung auch nur in Betracht zieht. Diese Option hätte Snowden, wäre den Forderungen der USA statt gegeben worden, nicht gehabt.
USA woll(t)en Edward Snowdens unbedingt habhaft werden
Das Verhalten der USA gegenüber Norwegen zeigt, welche Bedeutung die US-Regierung Edward Snowden beimisst. Offenbar wollten sie seiner unbedingt habhaft werden – und wollen das womöglich noch heute, denn der Auslieferungsantrag ist, soweit feststellbar, heute noch aktiv. Offenbar fühlt sich Washington durch den Whistleblower massiv bedroht.
Folgen für Snowden unklar
Was konkret mit Edward Snowden geschieht, wenn dieser nach Norwegen einreist, ist unklar. Laut Aussagen aus dem Außen- und Justizministerium wurde die diplomatische Notiz der USA bis heute nicht offiziell beantwortet. Norwegen verwies lediglich auf den offiziellen Dienstweg. Laut diesem entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob ein Auslieferungsantrag vor Gericht landet. Tut er dies, ist es an den Richtern, zu prüfen, ob die Vorraussetzungen für eine Auslieferung erfüllt sind.
Eine offizielle Entscheidung, wie man mit Edward Snowden verfahren will, hat Oslo noch nicht getroffen. Das Justizministerium gibt an, es wolle den Fall erneut prüfen, falls Snowden tatsächlich nach Norwegen einreisen sollte.
Dieser Fall könnte (theoretisch) schon in Kürze eintreten. Snowden wurde in Norwegen mit dem renommierten Bjørnson-Preis ausgezeichnet. Man hat ihn eingeladen, nächste Woche zur Preisverleihung zu erscheinen. Dass Snowden dieses Risiko jedoch tatsächlich eingehen wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Man darf eher annehmen, dass Snowden der Zeremonie, wie in der Vergangenheit bei ähnlichen Anlässen, per Videokonferenz beiwohnen wird.
Tarnkappe.info