Zwei mutmaßliche Bitcoin-Betrüger müssen sich vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten. Der verursachte Schaden soll 2,7 Mio € betragen
Am Donnerstag war der Prozessauftakt für zwei Österreicher im Alter von 28 und 41 Jahren in Wien vor dem Landesgericht für Strafsachen. Rechtfertigen muss sich das Duo wegen schwerem, gewerbsmäßigem Betrug. Konkret wirft man ihnen vor, 79 Bitcoin-Investoren um 2,7 Millionen Euro betrogen zu haben. Im Falle einer Verurteilung drohen den beiden bis zu zehn Jahren Haft. Darüber berichtet Kurier.at.
Exklusiver Bitcoin-Investmentclub entpuppte sich als Anlage-Falle
Unter dem Deckmantel eines Vereins mit dem verheißungsvollen Namen „Da Vinci Fintech Executives Switzerland“ köderte das Duo ihre Opfer mit hohen Gewinnversprechen. Für eine Einlage mit einer Laufzeit von drei Monaten, stellten sie Renditen 2,5 Prozent pro Woche in Aussicht. Es hieß, das investierte Kapital gelange bereits nach drei Monaten zur Auszahlung. Die Bitcoins waren zum Tatzeitpunkt 2019 ca. 2,7 Millionen Euro wert. Vermittlungen in den Jahren 2018 und 2019 sowohl über das Internet, als auch durch persönliche Kontakte führten zur Anwerbung von ca. 300 Investoren.
Bitcoin-Investitionen flossen vorwiegend in Taschen der Verdächtigen
Zunächst zahlte man immer mal wieder kleinere Beträge aus. Investoren nahmen das zum Anlass, höhere Beträge nachzuschießen. Das Steigen des Bitcoin ließ die Anleger geduldig warten. 2021 flossen dann jedoch gar keine Auszahlungen mehr. Obwohl die Opfer teilweise ihr Geld in bis zu 27 Bitcoins anlegten, hätten die Verdächtigen sie schließlich um ihre Investitionen betrogen. Wie ein Ermittler dem Standard berichtete, soll das Duo sich mit den Investoren-Geldern einen „aufwändigen Lebensstil“ finanziert haben. Zudem hätten sie einen Teil der Bitcoins beim Glücksspiel verzockt.
Auf die mutmaßlichen Täter haben die Beamten bereits 2018 erste Hinweise zur Sachlage erhalten. Die Spur führte sie zu zwei Personen im Alter von 25 und 37 Jahren. Diese hatten in der Schweiz den sogenannten „Da Vinci Investment Club“ oder auch „Da Vinci Fintech Executives Switzerland“ gegründet. Ein dritter Mann im Bunde war „ein Mitläufer, der erst später dazugekommen ist“. Während einer des Duos mit Bitcoins gehandelt habe, hätte der ältere der beiden, ein ehemaliger Wirtschaftsstudent, für Kundenakquise gesorgt.
Anzeigen von sich um Geld betrogenen Anlegern führten schließlich zur Verhaftung
Im Juli 2021 klickten für die Männer die Handschellen. Sieben Hausdurchsuchungen in Wien und Niederösterreich schlossen sich an. Ermittler stellten dabei Handys, Computer und Bargeld sowie zwei Waffen sicher. Darüber informierte Matthias Hawlena vom Ermittlungsdienst des Landeskriminalamtes.
Die Waffen hätte sich der Haupttäter für seinen Selbstschutz beschafft. Er gab an, ein Unbekannter bedrohe ihn. Die Verdächtigen führten 30 Kontoöffnungen durch, auch Zugangsdaten zu Bitcoin-Wallets konnten die Beamten sicherstellen. Bitcoins selbst konnten man hingegen nicht beschlagnahmen.
Verdächtige gaben am Geschäftseinbruch Hackerangriff auf die Krypto-Börse Binance die Schuld
Der Hauptverdächtige befindet sich seit dem Tag seiner Verhaftung weiterhin in U-Haft. Sein Mitstreiter hingegen kam nach mehreren Monaten U-Haft bereits wieder auf freien Fuß. Vor Gericht bekannten sich die beiden Angeklagten teilweise für schuldig. Den Verein „Da Vinci Fintech Executives Switzerland“ hätten sie allerdings keineswegs in betrügerischer Absicht gegeündet. Sie gaben an, dass ein Hackerangriff auf die Krypto-Börse Binance zu einem Einbruch führte, der sich negativ auf ihr Geschäft auswirkte. Alle Ein- und Auszahlungen mussten infolge gestoppt werden.
Der 28-jährige Erstangeklagte führte vor Gericht aus, er sei zur Kryptowährung gekommen, da er seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2016 als Zimmerer zunächst keine Arbeit fand. Er investierte dann nicht nur seine Ersparnisse, sondern auch von Freunden geliehene Beträge in Kryptowährung.
Dem Schöffensenatsvorsitzenden Michael Tolstiuk schilderte er: „In einem Monat hatte ich fast eine Verdoppelung. Das ging damals gut“. Den Zweitangeklagten lernte er Ende 2017 kennen. Gemeinsam beschloss man, auf diesem Weg „legal real Leuten Geld zu vermitteln“. Zwei weitere Bekannte schossen sich den Überlegungen an, wie man für die Investitionen mit Kryptowährung Anleger werben könnte.
„Da Vinci Fintech Executives Switzerland“-Gründung sollte durch Bitcoin-Anlagen Gewinne einfahren
Infolge gründete das Duo in der Schweiz den Verein namens „Da Vinci Fintech Executives Switzerland“. Im Internet stellten sie sich als exklusiver und privater Investmentclub dar. Die Staatsanwältin betonte die Tatsache, man hätte sogar Informationsfolder gedruckt. Gemäß der Angabe des Erstangeklagten seien die Auszahlungen der hohen, zugesagten Renditen auch immerhin über elf Monate lang möglich gewesen.
Des Weiteren rechtfertigte sich der Beschuldigte durch den im Mai 2019 erfolgten Hackerangriff auf die Krypto-Börse Binance. Dieser hätte zum Crash geführt. Er führte aus: „Die Bitcoins haben die Hälfte ihres Wertes verloren. Wir konnten die Kunden nicht mehr ausbezahlen.“ Über WhatsApp hätten sie das weitere Vorgehen beschlossen. Sie kamen dann überein, ihre Kunden nicht zu informieren. Immer in der Hoffnung auf eine Markterholung, wollte man einfach so weitermachen wie bisher.
War Geschäftsidee Ponzi-Schema?
Die Staatsanwältin sah in dem Vorgehen einen Betrug nach dem „Ponzi-System“. Auch das Dashboard habe nur virtuell existiert. Sie bemängelte zudem, dass man reale Investitionsverläufe hier gar nicht hätte eingesehen können und führte aus:
„Es werden Versprechungen von utopisch hohen Renditen gemacht und die ersten Kunden erhalten nur deshalb einen Gewinn, wenn neue Kunden investieren. Wenn es keine neuen Kunden gibt, kollabiert das System“.
Die Verteidigung sah dies jedoch anders. Mitnichten habe es sich um ein Ponzi-System gehandelt, führte der Verteidiger des Erstangeklagten, Dominik Wild (Kanzlei Kollmann Wolm) aus. Man habe das Projekt aufgebaut, um Geld zu verdienen, nicht um zu betrügen. Mit dem Crash im Mai 2019 sei der Verein in die Ecke gedrängt worden. Der Kryptowährungsmarkt sei sehr volatil, eine Entwicklung schlecht abzuschätzen.
Zweite Anklage: Anstiftung zum Amtsmissbrauch
Der 28-jährige Beschuldigte erhielt zudem noch eine weitere Anklage wegen versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Er fühlte sich von einem Auto verfolgt. Da zwei Polizisten bei ihm auch Geld investiert hatten, bat er diese, dem von ihm notierten Kennzeichen nachzugehen. Was er zu dem Zeitpunkt allerdings nicht wusste ist, dass die Polizei ihn gerade mit exakt diesem Auto schon observierte.
Die Verhandlung wird fortgeführt. Zwei weitere Prozesstage sind dafür noch vorgesehen.
Tarnkappe.info