Fake-Bewertungen erkennen - wie geht das?
Unser Tutorial zum Thema: Wie man Fakes auf Bewertungsportalen erkennt.
Bildquelle: Wie kann ich im Internet Fakes auf Bewertungsportalen erkennen?

Fake-Bewertungen erkennen – wie geht das?

Der Kauf einer Dienstleistung oder Ware steht an? Wie man online Fake-Bewertungen auf einem Bewertungsportal erkennt. Worauf muss man achten?

Im Internet Fake-Bewertungen erkennen. Klingt simpel, ist es aber nicht. Das WWW ist voller Bewertungsportale, von dem offenkundig kein einziges gegen Manipulationen immun ist. Wir präsentieren ein praktisches Beispiel und zeigen anhand dessen, worauf man achten muss, um zumindest relativ sicher zu sein. Fazit: Wenn es um viel Geld geht, nehmen Sie sich besser viel Zeit. Die Erkennung von Fakes dauert lange, ist aber nicht unmöglich.

Fake-Bewertungen erkennen auf Amazon, Google Maps, Trustpilot & Co.

Folgende Ausgangssituation. Ich war kürzlich für tarnkappe.info auf der Suche nach einem neuen Techniker. Der Anlass dafür ist wirklich bedauerlich. Clemens Knost, unser langjähriger Begleiter durch alle Höhen und Tiefen und bei allen technischen Fragen, hat uns nach acht Jahren verlassen. Nachvollziehbar war sein Weggang schon alleine deshalb, weil es auf Dauer schlichtweg zu viel war, sowohl für uns als auch für seinen regulären Arbeitgeber tätig zu sein. Und wie das immer ist: Erst wenn es zu spät und jemand weg ist, weiß man, wie viel man eingebüßt hat.

Fake Bewertungen erkennen, weil sie zu positiv sind!
Vorsicht: Wenn Bewertungen übertrieben positiv klingen, könnte es ein Fake sein!

Ich habe in der Folge am späten Abend in einer Facebook-Gruppe zum Thema WordPress einen Beitrag eingestellt, der aber noch von den Gruppen-Admins freigegeben werden musste. Am nächsten Morgen war der Beitrag noch nicht sichtbar. Trotzdem schrieb mich einer der Administratoren an, weil er mir seine Dienste anbieten wollte. Das hat natürlich mein Misstrauen geweckt. Wieso kriege ich eine Kontaktanfrage, wenn da noch gar kein Text steht, fragte ich mich.

Die Antwort war simpel: Der Freiberufler missbrauchte offenkundig die Facebook-Gruppe. Er wollte den Deal mit mir abschließen, bevor seine Wettbewerber auf meine Anfrage reagieren konnten. Das alleine ist in meinen Augen schon wettbewerbswidrig und moralisch gesehen, das Allerletzte! Sorry, aber anders kann ich das nicht beurteilen.

Fake-Bewertungen erkennen, Presseanfrage bei ProvenExpert.com
Woran kann ich Fake-Bewertungen erkennen?
Presseanfrage (Ausschnitt) bei provenexpert.com über mehrere Kanäle.

Der Gruppen-Admin schickte mir als Nachweis Rezensionen im Bewertungsportal provenexpert.com, eine Bewertungsplattform, von der ich vorher nie etwas gehört habe. Sofort fiel mir auf, dass keine der Nachnamen ausgeschrieben war. Eine „Catalin C.“ und ein Mann (?) namens „klammerauf G.“ gaben ihm fünf von fünf möglichen Sternen bei provenexpert.com. Das kam bei mir sehr schräg rüber.

Augen auf bei extrem vielen Rechtschreibfehlern in Bewertungsportalen!

Für mich war ferner auffällig, dass die Kommentare nur so vor Rechtschreibfehlern strotzen. Komisch, da möchte jemand dem angeblichen WordPress- und Plug-in-Entwickler etwas Gutes tun und gibt sich dann keine Mühe bei der Grammatik, Groß- und Kleinschreibung oder Kommasetzung!? Noch merkwürdiger kam mir das alles vor, weil pro Tag sieben bis acht Bewertungen abgegeben wurden. Das ist zwar theoretisch möglich, aber unrealistisch. Es ist viel wahrscheinlicher, dass mit einigen Tagen Abstand Bewertungen von Kunden und Ex-Kunden eingetragen werden, aber nicht so viele an einem Tag!

Rezensionen manipulieren: mit Aufwand verbunden aber nicht unmöglich!

Ich habe den Link dann an unseren Autor general17 geschickt. Er fand heraus, dass es die Webseiten der Kunden des Webdesigners zwar gibt, die Anschriften im Impressum der jeweiligen Blogs aber nicht mit den online einsehbaren Einträgen des jeweiligen Handelsregisters übereinstimmen. Das ist ja mal interessant! Außerdem hatte der angebliche Profi stets das gleiche Baukasten-CMS benutzt. Alles sah wie aus einem Guss aus, egal aus welchem Gewerbe die Unternehmen angeblich stammen sollen. Ehrlich gesagt, ich hatte so tief gar nicht recherchiert. Unser General ist halt Spezialist für Online-Betrug und insbesondere für Fake-Shops. Er hat ein geschultes Auge dafür. Doch wer schaut bei möglichen Fake-Bewertungen schon so genau hin?

Fake Bewertungen erkennen: hier am gleichen Datum
Fake-Bewertungen erkennen – Unrealistisch aber möglich: mehrere derart positive Bewertungen an einem Tag!

Schutzfunktionen gegen Betrug aktiv? Keine Antwort der Bewertungsplattform auf unsere Presseanfrage

Ich habe dann am Mittwoch, den 19. März eine Presseanfrage an provenexpert.com geschickt. Der Support meldete sich zeitnah zurück. Man schaue sich „das Profil zeitnah an„, hieß es. Trotz weiterer Rückfragen habe ich nie wieder eine Antwort erhalten. Ich wollte wissen, wie es möglich sein kann, dass an einem einzigen Tag derart viele Einträge veröffentlicht wurden? Hat der Betreiber zum Schutz ein Maximum an neuen Einträgen pro Tag eingerichtet? Gibt es darüber hinaus eine anders geartete Schutzfunktion, um Missbrauch zu unterbinden? Aber wie schon ausgeführt: keine Antwort war die Antwort!

Kleinere Bewertungsportale übernehmen einfach massenhaft die Einträge der Konkurrenz

Bei uns im Forum wies mich ein Nutzer darauf hin, bei ProvenExpert als auch bei anderen Portalen könne es vorkommen, dass Online-Bewertungen „aggregiert werden, was bedeutet, dass sie aus verschiedenen Quellen stammen, aber das erklärt nicht immer die Echtheit der Einträge.“ Das würde bei den Rezensionen des Technikers zumindest die stark abgekürzten Nachnamen erklären. Und auch die Tatsache, dass an manchen Tagen gleich mehrere Bewertungen erschienen sind.

Amazon-Kundenrezension
Entwarnung: Amazon-Kundenrezension (verifizierter Kauf).

Das Problem ist nur: Eine manuelle Überprüfung durch eine Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter würde die Plattformbetreiber unglaublich viel Geld kosten. Aber nur so könnten die Bewertungsportale einigermaßen sicher stellen, dass alles echt ist. Wenn man dann auch noch die Bewertungen aus anderen Quellen kopiert, wird es IMHO grob fahrlässig. Wenn ich schon meine eigenen Bewertungen nicht im Griff habe, wieso kopiere ich Daten von Dritten, über deren Entstehung ich nichts weiß?

Das ist zwar für die Bewertungsportale preisgünstig und soll nach viel mehr Content aussehen, aber einen tieferen Sinn kann man zum Wohl der Kunden keinen erkennen. Böse Zungen würden wohl behaupten: Mit der Copy & Paste-Mentalität mancher Portale lautet das Motto: Rezensionen manipulieren leicht gemacht!

Wie versuchen sich die Anbieter vor nachgemachten Bewertungen zu schützen?

Die meisten Unternehmen lassen eine Künstliche Intelligenz (KI) darüber laufen, die Unregelmäßigkeiten erkennen soll. Aber wie zuverlässig ist so etwas? Cyberkriminelle haben viel Zeit, worüber wir schon häufiger berichtet haben. Die Hacker melden einfach mehrere neue Accounts mit unterschiedlichen IP-Adressen an und probieren die Schwachstellen der Fake-Erkennung in Ruhe aus! Sie experimentieren schlichtweg so lange herum, bis sie genügend Schwächen gefunden haben, um ihren Fake-Shops oder anderen betrügerischen Angeboten automatisch positive Bewertungen zu verleihen.

Rezensionen manipulieren bei Trustpilot
26.514 Bewertungen kann man nur schwerlich faken.

Unser Foren-Admin VIP merkte zudem an, „mit einem rotierenden Proxy (für unterschiedliche IP-Adressen) und einem Adressen-Dump (Erklärung: Datenbank mit gehackten Kundennamen, Anschriften etc.), kann derjenige sich an einem verregneten Wochenende ganz schnell ein 1A-Bewertungsschema erstellen„. Nicht nur, dass Hacker die Einträge mit entsprechendem Aufwand fälschen können. Nach Ansicht unseres Admins sollen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Bewertungsportals die Rechte der Nutzer auch nicht ausreichend schützen. Da „steht eigentlich nur, dass man das Portal nicht zum Betrügen nutzen darf (…)“. Na toll, das soll beim Kampf gegen Manipulationen hilfreich sein, ernsthaft ?!?

Woran erkenne ich Fake-Bewertungen im Internet?

  • zu positiv klingende Aussagen ohne jede Kritik
  • viele positive Bewertungen an einem Tag
  • zu viele Tipp-, Grammatik- oder sonstige Rechtschreibfehler
  • komisch klingende Formulierungen, die ein Algorithmus oder jemand ohne deutsche Sprachkenntnisse verfasst haben muss
  • eigentlich schon zu auffällig: mehrere Bewertungen mit dem gleichen oder sehr ähnlichen Wortlaut. Wer als Online-Betrüger etwas auf seinen Ruf hält, würde auf derart billige Mittel niemals zurückgreifen. Das schmälert außerdem die Erfolgschancen des Kriminellen, weil es zu offensichtlich ein Fake ist!
  • super umfangreiche Rezensionen in einem Bewertungsportal, obwohl die Dienstleistung oder das Produkt erst wenige Tage vorher verfügbar war. Wer sollte es schaffen, das Gekaufte in derart kurzer Zeit so ausgiebig zu testen?
  • Häufung von abgekürzten Namen als angebliche Bewerter
  • Prüfen Sie den Namen aus der Bewertung, gibt es die Person überhaupt?
  • Gleichen Sie den Namen des Dienstleisters mit dem Business-Netzwerk LinkedIn ab. Leider ist dort nicht jeder verzeichnet – von daher ist das kein Allheilmittel!
  • auffällig ist auch eine gehäufte Nutzung von Pseudonymen statt echter Namen
  • gehen die Kunden in der Bewertung auch auf die Dienstleistungen bzw. Produkte der Konkurrenz ein? Wer Einträge nachahmt, würde das nicht unbedingt tun.
  • antwortet die bewertete Firma auf irgendwelche Rezensionen?
  • gibt es womöglich identische Inhalte auf anderen Bewertungs-Plattformen, die ein Bot oder eine Agentur platziert hat?
  • Bei Amazon-Kundenrezensionen Augen auf bei ausländischen Namen und Rezensionen in anderer Sprache, sofern es sich um keinen verifizierten Kauf handelt.
  • Achten Sie bei Trustpilot & Co. auf die Menge der veröffentlichten Kundenbewertungen. Mehr als 10.0000 Rezensionen kann selbst der cleverste Kriminelle nicht mal eben fälschen. Schauen Sie sich an, wie hoch der Anteil der positiven im Vergleich zu den negativen Bewertungen ist, um einen besseren Überblick zu erhalten.
Fakeshop Finder
Der FakeShop-Finder der Verbraucherzentrale ist wirklich hilfreich, aber auch keine Garantie!

Wie kann ich sicherstellen, dass ich nicht auf manipulierte Bewertungen hereinfalle?

Wer als Cyberkrimineller genug Aufwand treibt, wird die Einträge in den Bewertungsportalen überall faken können. Das gilt egal ob bei Amazon, Trustpilot, den Google-Rezensionen bei Google Maps etc. Es gibt zwar auch Tools zur Erkennung manipulierter Bewertungen, doch auch die kann man austricksen. Von daher gilt: Wenn es um viel Geld geht, tun sie das, was ich auch gemacht habe.

Suchen Sie sich die Kontaktdaten früherer Kunden heraus und rufen Sie dort einfach ohne Vorankündigung an. Lassen Sie sich mit der Person verbinden, die die Rezension geschrieben hat. Stellen Sie damit sicher, dass es tatsächlich einen Auftrag gab. Seriöse Dienstleister haben wirklich nichts dagegen, wenn man sich bei früheren Auftragnehmern bezüglich der Qualität ihrer Dienstleistung erkundigt!

Fake-Erkennung: Lieber zu paranoid sein, als viel Geld zu verlieren!

Ansonsten kann man sich gleich die Kontaktdaten mehrerer Kunden nennen lassen, wo man anrufen kann. Noch merkt man, ob man am Telefon mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) spricht. In ein bis zwei Jahren wird man den Unterschied wahrscheinlich nur noch schwerlich feststellen können. Die meisten Cyberkriminellen scheuen den direkten Kontakt. Sie wollen in den wenigsten Fällen, dass man ihre Stimme hört und erkennen könnte.

Grundsätzlich kann ich nur dazu raten, in einem Bewertungsportal lieber zu paranoid als zu unvorsichtig zu sein. Bei mir ging die Skepsis so weit, dass ich auf ein persönliches Treffen im Haus einer der beiden neuen Techniker bestanden habe. Das war mir das Geld wert, welches ich für den zeitlichen Aufwand der beiden Freiberufler investieren muss! Lieber ein bisschen zu paranoid sein, als viel Geld zu verlieren! Fake-Bewertungen können teuer werden. Ich wäre ansonsten sicher nicht der erste oder letzte Webseitenbetreiber, den man nach einer Übernahme der Webserver, Backups nebst aller Domains zu erpressen versucht.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.