Je suis Charlie - Solidaritätsbekundung für "Charlie Hebdo"
Je suis Charlie - Solidaritätsbekundung für "Charlie Hebdo"

Vorratsdatenspeicherung bleibt gefährlich und nutzlos – ein Kommentar

Im Umfeld der Anschläge auf "Charlie Hebdo" werden erneut Rufe nach der Vorratsdatenspeicherung laut. Diese bleibt jedoch gefährlich und nutzlos.

Der Anschlag auf das Pariser Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ am vergangenen Mittwoch, bei dem zwölf Menschen (Mitarbeiter des Magazins sowie zwei Polizisten) starben, ruft nicht nur Betroffenheit und Solidarität hervor. Von verschiedenen Seiten gibt es wenig überraschend auch Versuche der politischen Instrumentalisierung. Es geht, wie könnte es anders sein, um die VDS.

Trotz der Anschläge bleibt eine Vorratsdatenspeicherung sinnlos

Die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür? Unter anderem kommt ein solcher Versuch auch von den deutschen sogenannten Volksparteien: diese versuchen offenbar, die seit fast fünf Jahren ausgesetzte und nach einem vernichtenden Gutachten auf EU-Ebene in Misskredit geratene Vorratsdatenspeicherung vor dem Hintergrund des Pariser Anschlags wieder auf den Verhandlungstisch zu bringen.

Als erste meldete sich bereits am gestrigen Donnerstag die CSU mit einer derartigen Forderung. Am heutigen Freitag schloss sich auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) an und sagte, die Vorratsdatenspeicherung und andere Maßnahmen seien aber sicherheitspolitisch notwendig – und das schon lange. Durch die Geschehnisse in Paris werde dies noch einmal betont. Auch aus der SPD kamen entsprechende Stimmen. So bezeichnete etwa Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger – schon lange ein Befürworter der umstrittenen Überwachungsmaßnahme – eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung in einem Interview als „grundsätzlich hilfreich“.

Leider kann man dies von den genannten politischen Forderungen nicht sagen – diese sind das Gegenteil von hilfreich. Nicht nur kündet es von mangelndem Takt- und Stilgefühl, ein derartiges Ereignis sofort zur Umsetzung der eigenen politischen Ziele auszunutzen (nicht, dass Politiker für diese Qualitäten bekannt wären). Die gemachten Vorschläge sind auch ebenso problematisch wie nutzlos.

Politiker schüren Angst für neue Sicherheitsgesetze

Immerhin hat der EU-Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung nicht umsonst in zahlreichen Punkten kritisiert. Die Maßnahme ist unverhältnismäßig und fehler- sowie missbrauchsanfällig. Außerdem sorgt sie bei den Menschen für Angst und Selbstzensur – die derzeit so hoch gehaltene Meinungsfreiheit, für die die getöteten Satiriker standen und zu der sich gerade alle gern bekennen, wird durch eine Vorratsdatenspeicherung merklich eingeschränkt. All dies ist bekannt. Dennoch sorgen Machtgier und Kontrollwahn – oder schlicht merkwürdige politische Konzepte – bei den sogenannten Volksparteien dafür, dass die in Deutschland bereits 2010 ausgesetzte Maßnahme wie ein untoter Zombie immer wieder auf’s Neue hervorgeholt wird.

vorratsdatenspeicherung

Noch dazu gilt in Frankreich – wie in den meisten EU-Ländern – die Vorratsdatenspeicherung schon seit Jahren. Sie wurde dort bereits im Januar 2006 eingeführt. Den Anschlag verhindern konnte dies indes nicht. Sinnvolle Polizeiarbeit ist wirksamer als Massenüberwachung. Letztere hilft zwar womöglich gegen allzu kritische Bürger. Aber wenig bis gar nicht gegen Terrorismus und andere Formen schwerer Kriminalität. Schon alleine, weil es für entschlossene Verbrecher ein leichtes ist, sich der Überwachung durch entsprechendes Kommunikationsverhalten zu entziehen.

Es steht zu befürchten, dass uns in absehbarer Zeit, trotz der genannten Kritikpunkte, eine erneute Debatte um die Vorratsdatenspeicherung ins Haus steht. Die gute Nachricht ist, dass die Gegner die besseren Argumente haben. Die schlechte Nachricht ist, dass dies vor lauter Angst – von einigen Politikern gerne gezielt geschürt – leicht untergehen kann. Genau das gilt es nun zu verhindern.

Tarnkappe.info