Operation Gotha
Operation Gotha
Bildquelle: Polizia Postale e delle Comunicazioni

Operation Gotha: größtes Piraten-IPTV-Netzwerk zerschlagen

Die Polizei in Italien gab gestern an, im Rahmen der Maxi-Operation Gotha gegen illegales Streaming in ganz Italien vorgegangen zu sein.

Aktuell lief in Italien die umfangreiche Operation Gotha gegen illegales Streaming. Die Behörden führten demgemäß „im gesamten Staatsgebiet Durchsuchungen und Beschlagnahmen“ gegen eine kriminelle Vereinigung durch. Im Ergebnisse dieses Einsatzes zerschlug die Polizia di Stato das „größte illegale Streaming-Netzwerk Italiens“.

Die Organisation war auf die Verbreitung von Live-Programmen und On-Demand-Inhalten, die durch Fernsehrechte geschützt sind und die den bekanntesten Fernsehplattformen gehören, über das illegale IPTV-System an eine große Anzahl nationaler und internationaler Nutzer spezialisiert. Eine Benennung konkreter Zahlen gaben indessen zum einen Aufschluss über den, allein in den Ermittlungsmoaten, erzielten Gewinn über zehn Millionen Euro. Zum anderen konnten 70 Beteiligte ausgemacht werden und über 900.000 User, die illegal Sportveranstaltungen, Filme und Fernsehserien schauten. Das verkündet die Landespolizei gestern in der Schlussphase des Maxi-Einsatzes.

Operation Gotha: riesige IPTV-Antipiraterie-Razzia trifft Netzwerk mit 900.000 Benutzern

Den Anstoß zu den Razzien gab eine Anordnung der Staatsanwaltschaft Catania. Danach gingen die Ermittler des Cyber Security Operations Centres der Polizia di Stato in ganz Italien mit Durchsuchungen und Beschlagnahmungen gegen eine „transnationale kriminelle Vereinigung“ vor. In der Pressemitteilung heißt es weiter, dass man durch die Maßnahmen „70 Prozent des illegalen nationalen Streamings aufdeckte„, das mehr als 900.000 Nutzer mit monatlichen Gewinnen in Millionenhöhe umfasste. Die von den Durchsuchungen betroffenen Städte waren: Ancona, Avellino, Bari, Benevento, Bologna, Brescia, Catania, Cosenza, Fermo, Messina, Neapel, Novara, Palermo, Perugia, Pescara, Reggio Calabria, Rom, Salerno, Siracusa, Trapani, L’Aquila und Taranto.

Auf einer Pressekonferenz in Catania folgten weitere Informationen über die Operation Gotha. Die Behörden bezeichneten die Maßnahmen zur Bekämpfung der audiovisuellen Piraterie mit der Durchführung zahlreicher Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in 23 italienischen Provinzen als abgeschlossen. Infolge der Maßnahme wird derzeit gegen 70 Personen wegen „grenzüberschreitender krimineller Verschwörung mit dem Ziel der Ausstrahlung von Fernsehprogrammen mit Zugangskontrolle“ ermittelt. Die Verdächtigen müssen sich zudem wegen weiterer Straftaten wie Geldwäsche, betrügerische Vermögensübertragung, Identitätsdiebstahl, Besitz und Herstellung falscher Ausweispapiere sowie Missbrauch und Fälschung bargeldloser Zahlungsmittel verantworten.

Illgeales IPTV: Organisationsstrukturen zogen sich von Catania über England nach Tunesien

Gemäß den Angaben war die kriminelle Vereinigung hierarchisch organisiert. Deren Mitglieder hatten klar definierte, präzise Rollen. Die Manager waren in ganz Italien (Catania, Rom, Neapel, Salerno und Trapani) sowie in England, Deutschland und Tunesien verteilt. Ziel war es, durch Fernsehrechte geschützte Live-Programme und On-Demand-Inhalte national und international über das illegale IPTV-System zu verbreiten. Allein die in den Ermittlungsmonaten festgestellten Gewinne beliefen sich auf rund 10 Millionen Euro. Der Schaden für die audiovisuelle Industrie könnte sich jedoch auf mehr als 30 Millionen Euro pro Monat belaufen. Insbesondere wenn man die 900.000 Nutzer der illegalen Plattformen berücksichtigt, so die Einschätzung.

Operation Gotha: Großeinsatz gegen illegales Streaming führte zum Erfolg

Die Ermittlungen ermöglichten es infolge, die Funktionsweise der kriminellen Vereinigung zu verstehen. Diese erstreckten sich von Telegram und verschiedenen sozialen Netzwerken über mehrere Bot-Websites, Kanäle, Gruppen, Konten, Foren, Blogs und Profilen, die auf dem nationalen Territorium für den Verkauf von Zugängen für das illegale Streaming von Inhalten warben. Die Angebote haben die Betreiber rechtwidrig für 900.000 User gegen eine Gebühr über illegale Plattformen bereitgestellt. Die Leiter der Vereinigung hatten nicht nur die Aufgabe, die betrügerischen Aktivitäten zu fördern und zu lenken, sondern auch über die Kosten der Abonnements, die Einstellung des Dienstes und die Modalitäten der Verteilung der Geräte zu entscheiden, indem sie die einzelnen Betreiber auf dem nationalen Gebiet koordinierten.

Um sich den Ermittlungen zu entziehen, nutzten die Verdächtigen demgemäß verschlüsselte Messaging-Anwendungen. Zudem gebrauchten sie fiktive Identitäten und falsche Dokumente. Letztere wurden auch für die Registrierung von Telefonnummern, Kreditkarten, TV-Abonnements und Servermieten verwendet. Bei den Durchsuchungen hat man zahlreiche Computerausrüstungen und illegale Geräte für Verbindungen und Streaming-Aktivitäten beschlagnahmt. In dieser Phase betraf die Untersuchung nur die leitenden Mitarbeiter des Unternehmens sowie die Wiederverkäufer der Fernsehpakete (Reseller). Später ermittelt die italienische Polizei noch die Nutzer der illegalen Dienste.

Sky-CEO beglückwünscht Polizei

Andrea Duilio, Geschäftsführer von Sky Italia, spricht Glückwünsche an die Polizia di Stato aus:

„Ich möchte der Polizia di Stato zu den wichtigen Ergebnissen gratulieren, die mit der Operation Gotha erzielt wurden und die einmal mehr zeigt, dass Piraterie ein Phänomen ist, das von der organisierten Kriminalität gesteuert wird. Sky ist und wird immer an der Seite der Polizei in diesem Kampf stehen, um die audiovisuelle Industrie zu verteidigen und all diejenigen zu schützen, die legal abonnieren“.

Dazn kommentierte: „So schadet man dem Sport“:

„Neunhunderttausend Nutzer für einen monatlichen Gewinn von Millionen Euro. Eine beeindruckende Zahl, die uns dazu veranlassen sollte, ernsthaft über den enormen Schaden nachzudenken, den die Piraterie dem audiovisuellen Sektor und in unserem Fall dem Sport zufügt.

Die von den spezialisierten Abteilungen der Polizia di Stato und der Guardia di Finanza durchgeführten Arbeiten machen deutlich, dass es illegale Akteure auf dem Markt gibt, die die Möglichkeit beeinträchtigen, weiterhin in die Branche des Live-Streamings von Sportveranstaltungen zu investieren.

Die Weitergabe personenbezogener Daten durch Abonnements bei illegalen Diensten gefährden auch die Sicherheit der ‚Kunden‘ dieser illegalen Dienste, die sich darüber im Klaren sein sollten, dass sie ihre sensiblen Informationen mit hochentwickelten und gefährlichen kriminellen Organisationen teilen.“

Ivano Gabrielli, Direktor der Polizia di Stato, zog auf der Pressekonferenz Bilanz:

„Es gab ein kriminelles Wirtschaftssystem, das dem legalen System enorme Ressourcen entzieht und hinter dem organisierte Strukturen stehen, die inzwischen geschichtet und gut vernetzt sind und in dem Gebiet wie ein echtes Unternehmen auftreten. Die Ermittlungen haben Verbindungen zu einer echten kriminellen Vereinigung auf verschiedenen Ebenen, mit unterschiedlichen Rollen, bis hin zur Spitze, die sich „Gotha“ nannte, ergeben.

Zusätzlich zu den 70 Verdächtigen werden wir die Ermittlungen und die Positionen derjenigen, die diese illegale Form der Produktion vertreiben und kaufen, weiter vertiefen. Wir sollten nicht vergessen, dass es sich um einen illegalen Markt handelt, der andere kriminelle Märkte nährt. Diejenigen, die das illegale Abonnement abschließen, denken vielleicht, dass sie nur eine Kleinigkeit tun, aber in Wirklichkeit finanzieren sie einen kriminellen Markt mit enormen Einnahmen. Wir sprechen hier von 70 Prozent des illegalen Marktes, den wir durch Eingriffe in die technische kriminelle Infrastruktur zerschlagen haben. Die „Gotha“ ist italienisch, aber die IT-Infrastruktur ist ausländisch.“

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.